10-Jahres-Interview

Bush zu 9/11: “Ich wollte die Kids nicht ängstigen”

Ausland
29.07.2011 10:40
Knapp zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hat der ehemalige US-Präsident George W. Bush dem US-Fernsehsender National Geographic ein ausführliches Interview gegeben, in dem er die Ereignisse von damals rekapituliert. Auszüge des Gesprächs wurden bereits vorab bekannt. Unter anderem erklärt Bush den Moment, in dem er während eines Besuches einer Grundschule vom zweiten Attentat in New York erfährt.

Der Moment, in dem Bushs Stabschef dem Präsidenten die Nachricht vom zweiten Flugzeugeinschlag in das World Trade Center in New York City ins Ohr flüstert, gehört mit den kollabierenden Twin Towers zu den meistgezeigten TV-Aufnahmen des 11. September 2001.

Der versteinerte, ja fast ängstlich wirkende Gesichtsausdruck Bushs verfolgte ihn bis ans Ende seiner Amtszeit - aber nicht deswegen, weil der Präsident Schwäche zeigte. Nachdem ihm Stabschef Andrew Card erklärt hatte, dass gerade ein zweites Passagierflugzeug ins World Trade Center gekracht war, setzte Bush seine Stunde mit den Schülern fort, so als ob nichts passiert wäre. 20 Minuten lang las ein äußerlich gut gelaunter Mr President den Schülern der Booker Elementary School in Sarasota, Florida, aus einem Buch vor.

Über Bushs 9/11-Vormittag wird immer noch spekuliert
Was genau an diesem Vormittag vorging, ist nach wie vor Gegenstand wilder Spekulationen. Einige behaupten, Bush habe schon vor Beginn des Termins in der Schule gewusst, dass die USA von Terroristen angegriffen würden. Er habe aber wie in einer Art Trance die Nerven weggeschmissen und den belanglosen PR-Termin durchgezogen. Andere Versionen legen nahe, dass Bush und seine Mitarbeiter zwar kurz vor Beginn der Schulstunde vom ersten Flugzeugcrash erfuhren, aber von einem Unfall ausgingen und auch über die Tragweite des ersten Ereignisses nicht Bescheid wussten.

In einem Fall wird der Altpräsident sogar der Lüge bezichtigt. Er soll ein paar Tage nach den Anschlägen gesagt haben, dass er vor dem Beginn der Schulstunde noch die Bilder des ersten Crashs im Fernsehen gesehen habe. Amateuraufnahmen des ersten Flugzeugeinschlags waren aber erst am 12. September 2001 erstmals im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt worden.

"Ich wollte Ruhe ausstrahlen"
Laut den vorab veröffentlichten Auszügen des National-Geographic-Interviews wird Bush auch darin keine Chronologie der Ereignisse abgeben. Er erklärt allerdings, warum er nach dem zweiten Flugzeugeinschlag, mit dem definitiv klar war, dass es sich um terroristische Angriffe handelt, weiterhin aus einem Kinderbuch las und dabei auch noch witzelte. "Meine erste Reaktion war Wut. Wer zur Hölle tut so was Amerika an? Dann konzentrierte ich mich aber sofort wieder auf die Kinder. Dieser Kontrast zwischen dieser Attacke und den unschuldigen Kindern vor mir...", sagt Bush in dem von National Geographic vor US-Reportern gezeigten Ausschnitt.

Während er den Schulkindern weiter aus dem Buch vorlas, habe er im hinteren Teil des Klassenzimmers die mitgereisten Reporter und Kamerateams beobachtet, wie sie auf ihren Handys die Ereignisse in New York mitverfolgen. "Es war wie ein Stummfilm, der sich vor mir abspielte", sagt Bush. Dann sei ihm aber klar geworden, dass hier nicht nur die Leute im Klassenzimmer seine Reaktion auf die Geschehnisse sehen würden. Die Aufnahmen würden zweifelsohne im Fernsehen landen. "Also entschied ich mich dafür, nicht sofort aufzuspringen und aus dem Klassenzimmer zu stürmen. Ich wollte die Kids nicht ängstigen, ich wollte Ruhe ausstrahlen", erklärt der 65-Jährige. Er habe bis dahin schon genug Krisen durchgemacht, um zu wissen, dass es in so einer Situation gelte, Ruhe auszustrahlen.

"Geschichte eines Mannes, der auch unser Präsident war"
National Geographic strahlt das Interview mit dem 65-jährigen Altpräsidenten im Pay-TV (u.a. auch in Österreich) am 11. September 2011 aus. Nach Angaben des Senders handelt es sich dabei um das einzige Interview Bushs zum 10. Jahrestag. Der Ex-Präsident erläutere den Zuschauern "detailliert seine ganz persönliche Sicht auf diesen Tag", heißt es von National Geographic. Es sei "die Geschichte eines Mannes, der auch unser Präsident war".

Bush bekenne sich dabei "offen zu seinen innersten Gefühlen von Ohnmacht und Hilflosigkeit" und äußere auch seine Gedanken zum Tod von Al-Kaida-Führer Osama bin Laden, der heuer Anfang Mai von einem US-Spezialkommando in Pakistan getötet wurde.

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