Zollstreit eskaliert

Serben fackeln Grenzübergang ab, Schüsse auf KFOR

Ausland
28.07.2011 09:32
Ein Mob ethnischer Serben hat am Mittwoch den Grenzstreit zwischen dem Kosovo und Serbien erneut eskalieren lassen. Eine Gruppe vermummter Männer setzte den Grenzübergang Jarinje in Brand, danach wurde das Feuer auf Kosovo-Polizisten und auch KFOR-Einheiten in der Gegend eröffnet. Ob es bei den Vorfällen Verletzte gab oder ob die Soldaten den Beschuss erwiderten, wurde zunächst nicht bekannt. Die KFOR übernahm den Grenzübergang jedenfalls vorerst. Die Regierungen auf beiden Seiten des Zollstreits zeigen sich weiterhin unnachgiebig.

Die Situation an dem Posten habe sich verschlimmert, hieß es in einer Mitteilung der NATO-Kosovo-Truppe KFOR am Mittwochabend. Es sei weitere Verstärkung an die Grenze geschickt worden, die den Grenübergang dann in der Nacht auf Donnerstag übernahm. In den frühen Morgenstunden gab es keine Präsenz von kosovarischen Polizisten mehr, berichtete der serbische Sender B-92.

Am Grenzübergang Brnjak, westlich der kosovarischen Stadt Mitrovica, der ebenfalls in der Nacht auf Dienstag von der kosovarischen Sonderpolizei-Einheit Rosu übernommen worden war, arbeiten unterdessen kosovarische Grenzpolizisten und Zöllner weiter. In der Umgebung des Grenzüberganges sei aber eine starke Präsenz der KFOR sichtbar, berichteten lokale Medien.

Thaci: "Bestellte Gewalt"
Kosovos Regierungschef Hashim Thaci beschuldigte die serbische Regierung in Belgrad, hinter den gewaltsamen Ausschreitungen am Grenzübergang Jarinje zu stehen. "Die Gewalttaten sind bestellt, geplant und geleitet von den höchsten Ebenen der serbischen Regierung", sagte Thaci am Mittwochabend vor Reportern in Pristina. Trotzdem werde es "keine Kompromisse geben".

Serbien habe Waren aus dem Kosovo mit einem Importverbot belegt, sagte der Regierungschef weiter. Der Kosovo habe mit einem Einfuhrstopp serbischer Güter geantwortet. Die Einnahme der beiden Grenzübergänge Jarinje und Brnjak durch Einheiten der Kosovo-Spezialpolizei diene dazu, dieses Importverbot durchzusetzen, wiederholte Thaci seinen bekannten Standpunkt. Bisher standen die beiden Grenzpunkte unter serbischer Kontrolle. Waren aus Serbien konnten ohne Probleme in den Kosovo eingeführt werden.

Polizisten flüchteten in KFOR-Stützpunkt
Aufgebrachte Angehörige der serbischen Minderheit steckten am Mittwochabend den umkämpften Grenzübergang Jarinje zu Serbien in Brand. Etwa 50 maskierte Angreifer verwüsteten den Grenzpunkt, der seit zwei Tagen von der Kosovo-Regierung kontrolliert wurde.

Ein serbischer Augenzeuge vor Ort sagte, Dutzende Maskierte hätten bewaffnet unter anderem mit Brechstangen, Äxten und Molotowcocktails den Grenzübergang vollkommen zerstört. Zoll- und Polizeibeamte waren danach verfolgt von bewaffneten Serben zu einem KFOR-Stützpunkt in der Nähe geflohen.

Zollstreit kommt vor den UN-Sicherheitsrat
Jarinje war bereits vor drei Jahren von aufgebrachten Serben niedergebrannt worden. Im Kern der Auseinandersetzung geht es um die Kontrolle des Nordkosovos mit seiner kompakten serbischen Minderheit. Die Kosovo-Regierung hatte am Montag die beiden bisher serbisch kontrollierten Grenzübergänge von Polizei-Sondereinheiten besetzen lassen, um dort "Recht und Ordnung" durchzusetzen. Darauf hatten die Serben mit Straßenblockaden geantwortet.

Der UN-Sicherheitsrat wird sich am Donnerstag auf Antrag Serbiens mit der Lage im Kosovo beschäftigen. Belgrad will dabei erreichen, dass die gewaltsame Übernahme der beiden Grenzübergänge durch die Kosovo-Regierung verurteilt wird. Diese hatte am Vorabend argumentiert, mit der Polizeiaktion die volle Souveränität des seit drei Jahren unabhängigen Staates wiederhergestellt zu haben. Im serbisch dominierten Norden Kosovos hatte die Zentralregierung in Pristina bisher keinen Einfluss.

Serbisches Parlament verurteilt Brandanschlag
Serbische Parlamentsparteien haben am Donnerstag ausnahmslos das Niederbrennen des Grenzüberganges Jarinje verurteilt. Regierungssprecher Miki Mihajlovic erklärte gegenüber dem staatlichen Fernsehsender RTS, der Angriff auf Jarinje sei ein "fataler Fehler" gewesen. Bei den Angreifern würde es sich seiner Ansicht nach um Anhänger jener Gruppen handeln, die nach der Verkündung der Unabhängigkeit des Kosovo im Februar 2008 in Belgrad die US-Botschaft in Brand gesteckt hatten und andere westliche Botschaften angriffen. Der höchste serbisch-orthodoxe Würdenträger im Kosovo, der Bischof von Prizren und Raska, appellierte, die Probleme am Verhandlungstisch zu lösen.

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