Attentat in Norwegen

Teenager auf Insel Utöya schwammen um ihr Leben

Ausland
23.07.2011 08:38
Die norwegische Insel Utöya ist klein, gerade einmal 500 Meter lang, von Kiefern bewachsen. Als der Attentäter am Freitag zu schießen begann, blieben den Teenagern im Sommerlager der sozialdemokratischen Regierungspartei nicht viele Chancen zur Flucht. Viele von ihnen stürzten sich ins Wasser und versuchten, dem Angriff auf diesem Weg zu entkommen. Die 4,5 Millionen Norweger hörten und sahen im Fernsehen herzzerreißende Berichte von Überlebenden.

Lisa Irene Johansen Aasbö etwa, von ihrer Mutter im Arm gehalten, erzählte, wie sie vor dem wild schießenden Attentäter in Polizeiuniform und schusssicherer Weste am Ende ins Wasser geflüchtet war, um schwimmend zu entkommen. "Ich habe überlebt, weil Menschen kamen und mich in ihr Boot gezogen haben." Lisa erzählte, wie der am Ende festgenommene 32-Jährige mitten in eine Versammlung der Jugendlichen in dem Ferienlager geschossen hatte. "Wir waren ja zusammengerufen worden, um über die Bombenexplosion in Oslo informiert zu werden."

"Sie waren so jung"
"Ich sah, wie sie ins Wasser sprangen, rund 50 Leute schwammen in Richtung Land", sagte die 42-jährige Anita Lien, die am Tyrifjord-See lebt, wenige hundert Meter von Utöya entfernt. "Die Leute weinten, zitterten, waren völlig verängstigt. Und sie waren so jung, zwischen 14 und 19 Jahre alt." Über 80 Menschen entkamen nicht und fielen den Schüssen zum Opfer.

Ein Teenager verfolgte die Ereignisse vom Festland aus: "Wir hörten die Leute schreien, es war furchtbar", erzählte er dem britischen TV-Sender Sky. "Viele winkten zu uns herüber." Anrainer des Sees rückten mit ihren Booten aus, um Teenager aus dem Wasser zu retten. "Ich habe mit meinem Boot viele Leute von der Insel herübergeholt", sagte ein Mann, der in einem weißen Haus am Ufer lebt. "Ich habe viele Verletzte gesehen."

Die Norwegerin Torill Hansen schilderte im NRK-Rundfunk, was für sie das Schlimmste war: Sie hatte mit ihrem Motorboot im Tyrifjord schwimmend flüchtende Jugendliche aus dem Wasser geholt. "Als ich zehn aufgenommen hatte, war das Boot voll. Es war so schrecklich, als ich die elften und zwölften abweisen musste."

"Das machte alles einen normalen Eindruck"
Auch Polizeisprecher Oystein Mæland rang am Samstagmorgen mit sich, als er im TV-Sender NRK das Ausmaß des Massakers bekanntgeben musste: "Man kann das nur schwer fassen." Ein Wachmann schilderte, wie es dem Attentäter gelungen ist, auf die Insel zu gelangen. Der Mann habe sich als Polizist ausgegeben und sei in einem silbergrauen Auto vorgefahren.

"Er steigt aus dem Auto aus und zeigt seinen Ausweis", schilderte Simen Braenden Mortensen die Szene der Tageszeitung "Verdens Gang". "Er sagt, er sei geschickt worden, um die Sicherheit zu überprüfen. Dass das eine reine Routine sei nach dem Terroranschlag in Oslo." Im Zentrum der Hauptstadt war wenige Stunden zuvor vor einem Regierungsgebäude mit einem Büro von Ministerpräsident Jens Stoltenberg eine Bombe explodiert und hatte mindestens sieben Menschen getötet. "Das machte alles einen normalen Eindruck", sagte Mortensen weiter. "Es wird ein Boot gerufen und das bringt ihn hinüber nach Utöya. Wenige Minuten vergehen, dann hörten wir die Schüsse."

Das Feriencamp der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF war "multikulturell orientiert", erzählten Teilnehmer. Als Gegner eines multikulturellen Norwegen hatte sich der mutmaßliche Attentäter im Internet präsentiert. Mit diesen Informationen waren die anfänglichen Vermutungen schnell zu den Akten gelegt, dass in Oslo und auf der kleinen Ferieninsel radikalislamistische Terroristen zugeschlagen haben könnten.

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