Prozessauftakt

20-Jähriger beim “ersten Mal” mit HI-Virus infiziert?

Österreich
22.07.2011 14:37
Am Freitag ist im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen einen 35-jährigen ÖBB-Bediensteten eröffnet worden, der zwei junge Männer wissentlich mit dem HI-Virus infiziert haben soll. Das jüngere Opfer, ein zum Zeitpunkt der Ansteckung 20-jähriger Bursche, wurde seiner Aussage zufolge bei seinem "ersten Mal" von dem Mann angesteckt.

Der ÖBB-Bedienstete ist seit einigen Jahren HIV-positiv - seine Krankheit soll er allerdings verschwiegen und mit den erheblich jüngeren Männern ungeschützten Geschlechtsverkehr praktiziert haben.

Die Anklage lautet auf absichtliche schwere Körperverletzung mit Dauerfolgen und vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Bei einer Verurteilung drohen dem Verdächtigen bis zu zehn Jahre Haft. Der 35-Jährige befindet sich seit Anfang Juni in U-Haft.

"Möglichst viele anstecken"
Das Wiener Oberlandesgericht, das vor Kurzem eine Haftbeschwerde abgewiesen hatte, bescheinigte im entsprechenden Beschluss dem Angeklagten ein "wiederholt rücksichtloses und verantwortungsloses Verhalten". Einerseits sei nicht garantiert, dass dieser seine Medikamente verlässlich einnimmt, andererseits befürchtet die Justiz offensichtlich, dass weitere Opfer infiziert werden könnten – der 35-Jährige soll sich in der Vergangenheit laut Zeugenaussagen in der Szene damit gebrüstet haben, er wolle "möglichst viele anstecken".

Der ÖBB-Bedienstete wies diese Behauptung und die Anklagevorwürfe zurück. Im ersten Fall habe er ein Kondom verwendet, der zweite Mann sei zum Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs bereits selbst HIV-positiv gewesen, weshalb man einvernehmlich auf Schutzmaßnahmen verzichtet habe.

"Es kann nur von ihm sein"
Die Aussage des Burschen, den der Mann im November 2009 mit dem HI-Virus infiziert haben soll, erschütterte dann allerdings die Darstellung des Angeklagten schwer: Der junge Mann, der nicht zuletzt infolge seiner Homosexualität im Sommer 2009 als knapp 20-Jähriger aus der Provinz in die Bundeshauptstadt gezogen war, schilderte, wie er in einem einschlägigen Lokal den 35-Jährigen kennenlernte, diesem vertraute, bei ihm übernachtete und dann ausgerechnet bei seinem "ersten Mal" angesteckt worden sei.

"Es kann nur von ihm sein. Ich hatte vorher ja nichts, keinen richtigen Sex. Ich hab' mir nicht gedacht, dass das jemand mit Absicht verbreiten kann", erklärte der Bursch in einem emotionalen Zeugenauftritt.

Aids-Test brachte Klarheit: "Womit hab' ich das verdient?"
Rund einen Monat danach traten beim damals 20-Jährigen Symptome auf, die auf eine HIV-Erkrankung hinwiesen, denen er allerdings noch keine Bedeutung beimaß. Erst ein paar Monate später brachte ein Aids-Test Klarheit. "Es war ein Schock. Vor allem auch für meine Mutter und meine 17-jährige Schwester. Womit hab' ich das verdient? Ich hab' nie wem was gemacht, war immer nett und freundlich", gab der Zeuge zu Protokoll.

Anzeige gegen den 35-Jährigen erstattete dann ein Arzt, bei dem sich der 20-Jährige in Behandlung begeben hatte. Von dem Mediziner, einem ausgewiesenen HIV-Experten, hatte sich auch schon der 35-Jährige betreuen lassen. "Es gibt weniger unangenehme Dinge, als einen eigenen Patienten anzeigen zu müssen. Aber die Beschuldigungen waren so schwerwiegend und glaubwürdig, dass wir die Anzeige machen mussten", erklärte der Arzt im Zeugenstand.

Der 20-Jährige sei für den Arzt "von Anfang an authentisch" gewesen: "An seiner Glaubwürdigkeit habe ich keinen Zweifel gehabt. Es haben die Puzzle-Steine zusammengepasst, dass es zu einer absichtlichen Infektion gekommen ist."

Die Verhandlung wurde zur Einvernahme des zweiten Mannes, der wissentlich infiziert worden sein soll, und weiterer Zeugen auf den 26. August vertagt.

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