In Serbien gefasst
Kriegsverbrecher Hadzic flog wegen Geldmangels auf
Hadzic sei laut den Ermittlern zum Verhängnis geworden, dass er ein Ölbild des italienischen Malers Amedeo Modigliani verkaufen wollte, dessen Wert auf bis zu 15 Millionen Euro geschätzt werde. Dieses Gemälde habe der 52-Jährige 1991 in Frankreich mit Geld gekauft, das er durch den groß angelegten Schmuggel von Treibstoff und Heizöl erworben habe. Die Fahnder waren dem Gesuchten über eine Fotografie des Gemäldes, die im Dezember im Haus eines seiner engen Freunde sichergestellt wurde, auf die Spur gekommen.
Hadzics Anwalt Toma Fila bestätigte am Donnerstag, dass seinem Mandanten am Ende seiner siebenjährigen Flucht das Geld ausgegangen sei. Die meiste Zeit seiner Flucht habe der frühere Führer der serbischen Minderheit während des Bürgerkrieges in Kroatien (1991 bis 1995) in Russland verbracht, berichteten Medien. Dort habe Hadzic vom Erdölschmuggel gelebt, weil er "gute Kontakte in Russland" gehabt habe und auch mit montenegrinischen Erdölschmugglern vernetzt gewesen sei. Weil die Geschäfte jüngst nicht mehr so gut gegangen seien, sei ihm das Geld ausgegangen.
Bei seiner nunmehrigen Festnahme hatte Hadzic laut Staatsanwaltschaft sein Äußeres so verändert, dass er fast nicht mehr wiederzuerkennen war. Seinen dichten dunklen Vollbart, sein jahrelanges Markenzeichen, hatte er abgenommen. Er sei mit einer Pistole bewaffnet gewesen, die er jedoch nicht einsetzte.
Geheimdienstler und Priester als Helfer
Nach Recherchen serbischer Medien hatte sich Hadzic auf frühere Geheimdienstmitarbeiter im Raum Ex-Jugoslawiens als Helfershelfer gestützt. Hadzic sei ein Mitarbeiter des serbischen Ex-Geheimdienstes SDB und des früheren jugoslawischen Militärnachrichtendienstes KOS gewesen.
Es gebe aber auch Indizien, dass er in den frühen 1990er-Jahren auch mit den kroatischen Geheimdiensten kooperiert habe, berichtete die Belgrader Wochenzeitschrift "Novi magazin". Dies sei aus einer Aussage des ehemaligen kroatischen Innenministers Josip Boljkovac, der Hadzic bereits vor einiger Zeit als "kroatischen Mann an der serbischen Seite" bezeichnet hatte, hervorgegangen. Boljkovac war bis Sommer 1991 Innenminister Kroatiens.
Zudem sollen dem 52-Jährigen Geistliche der Serbisch-Orthodoxen Kirche geholfen haben. Derzeit werden von der Sonderstaatsanwaltschaft die eventuellen Kontakte Hadzics zu den Priestern in der Region untersucht. In den vergangenen Jahren war immer wieder spekuliert worden, dass sich Hadzic in einem der serbisch-orthodoxen Klöster des Gebietes versteckte. Direkt in Krusedol, wo Hadzic verhaftet wurde, liegt ein historisches Kloster, das in den letzten Jahren aufwendig restauriert worden war. Die Kirche weist alle Vorwürfe zurück.
Anwalt: Auslieferung bereits am Freitag
Hadzic ist vom UN-Kriegsverbrechertribunal schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Am Donnerstag hat er auf den Einspruch gegen die Gerichtsentscheidung über seine Auslieferung nach den Haag verzichtet.
Nach Aussagen seines Anwalts Toma Fila wird Hadzic am Freitag nach Den Haag überstellt. Die Auslieferung werde nach einem Treffen mit der Familie durchgeführt. Laut der staatlichen Presseagentur Tanjug ist der Besuch der Familienangehörigen beim Haager Angeklagten für 8 Uhr geplant. Die Gerichtsunterlagen im Fall Hadzic wurden am Donnerstag Justizministerin Snezana Malovic zugestellt. Diese muss die Auslieferung nur noch mit ihrer Unterschrift genehmigen.
Fila bezeichnete den Gesundheitszustand von Hadzic als gut. Dies hätten Ärzte, die ihn untersucht hätten, festgestellt, erklärte der Anwalt nach einem Besuch bei seinem Mandanten im Gefängnis des Belgrader Sondergerichts für Kriegsverbrechen. Der Angeklagte kenne die Anklage und die Beweise gegen ihn. Bei seinem ersten Erscheinen vor dem UNO-Tribunal wird Hadzic vom Belgrader Anwalt Vladimir Petrovic aus der Anwaltskanzlei von Fila vertreten werden.
Kroatien fordert Überstellung nach Zagreb
Keine große Freude mit der Überstellung von Hadzic nach Den Haag hat man unterdessen in Kroatien. Ministerpräsidentin Jadranka Kosor sagte in Zagreb, dass der Angeklagte an Kroatien ausgeliefert werden sollte. Dies sei nur "logisch", da es in Kroatien schon zwei rechtskräftige Urteile gegen Hadzic gebe und ein drittes Verfahren laufe. Allerdings sei es eine "Tatsache, dass er nach Den Haag ausgeliefert werden soll", schränkte Kosor ein. Sie will nun in "Konsultationen mit dem Haager Tribunal" erreichen, dass die kroatischen Urteile gegen Hadzic zumindest berücksichtigt werden.
Hadzic war in der Adriastadt Sibenik im Jahr 1995 wegen des Beschusses von Sibenik und Vodice 1992 und 1993 in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Auch von einem Gericht in der ostkroatischen Stadt Osijek 1999 war Hadzic wegen Mordes, der Zerstörung der katholischen Kirche und von nicht-serbischen Häusern in der Ortschaft Tenja 1991 und 1992 in Abwesenheit zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft in der ostkroatischen Stadt Vukovar wiederum erhob gegen ihn und 17 weitere Personen wegen der Ermordung von 1.292 Personen in Osijek, Vukovar, Vinkovci, Bjelovar und Zupanja in den Jahren 1991 und 1992 Anklage.
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