109 Milliarden Euro

Krisengipfel beschließt neues Griechen-Paket

Ausland
22.07.2011 07:05
Nach langem Hin und Her haben sich die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend beim Euro-Sondergipfel in Brüssel auf ein neues Griechenland-Hilfspaket geeinigt. Es umfasst 109 Milliarden Euro. Wie krone.at bereits am Vormittag berichtete, wird dem maroden Land unter anderem durch eine Verlängerung der Kredit-Laufzeiten und eine Senkung der Zinsen geholfen. Zusätzlich werden sich private Gläubiger mit bis zu 50 Milliarden Euro beteiligen.

Die Griechen erhalten für ihren Kampf gegen die Pleite neben Geld vor allem mehr Zeit: Die Laufzeiten der Kredite werden von derzeit 7,5 auf 15 bis 30 Jahre gestreckt. Allein dadurch soll die Schuldenlast von 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes um etwa zwölf Punkte fallen, wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte. Der Grenzwert in der EU liegt eigentlich bei 60 Prozent. Das geliehene Geld wird aber auch billiger: Die Zinssätze werden statt 4,5 nur noch rund 3,5 Prozent betragen.

Mit einem "europäischen Marshall-Plan" sollen außerdem Wachstum und Investitionen in Griechenland gestärkt werden. Dabei geht es vor allem um Mittel aus der Regional- und Strukturförderung der EU.

Auch private Gläubiger an Bord
Das Paket bezieht erstmals auch private Gläubiger, also Banken und Versicherungen, mit ein. Sie sollen - auf freiwilliger Basis, wie betont wird - bis zu 50 Milliarden Euro zur Rettung Griechenlands beitragen, etwa durch den Tausch ihrer Griechenland-Anleihen gegen neue mit längerer Laufzeit. Aus einer anderen Übersicht ging allerdings hervor, dass der Netto-Beitrag der privaten Gläubiger nur 19 Milliarden Euro beträgt. Sarkozy wiederum sprach nach dem Gipfel sogar von bis zu 135 Milliarden Euro privater Beteiligung in den kommenden 30 Jahren.

Rettungsschirm erhält mehr Möglichkeiten
Weiters wurde beschlossen, dass der provisorische Euro-Krisenfonds EFSF und sein Nachfolger ab 2013 - der ESM - mit mehr Vollmachten ausgestattet wird. Er wird künftig unter bestimmten Konditionen auch Euro-Ländern, die bisher kein Rettungsprogramm erhalten haben, präventiv Gelder zur Verfügung stellen können. Sarkozy wertete dies als einen Schritt in Richtung "Europäischen Währungsfonds".

Außerdem wird der Euro-Rettungsschirm ermächtigt werden, Schuldtitel von klammen Euro-Ländern auf den Sekundärmärkten zurückzukaufen, wenn die Europäische Zentralbank "außergewöhnliche Umstände" sieht und die Euro-Länder dies einstimmig beschließen. Von dieser Option würden neben Griechenland auch Irland und Portugal profitieren.

Auch die EZB könnte in Zukunft weiter griechische Staatsanleihen akzeptieren, selbst wenn diese von Ratingagenturen mit einem teilweisen Zahlungsausfall bewertet werden - was angesichts der privaten Beteiligung am neuen Rettungspaket wahrscheinlich ist. Möglich wird dies, indem der EFSF für die Zeit eines befristeten Zahlungsausfalls Garantien gegenüber der EZB für die entsprechenden Staatspapiere abgibt.

Merkel und Papandreou loben Einigung
Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach dem Krisengipfel am späten Donnerstagabend in Brüssel, bei der Stabilisierung Griechenlands sei eine wichtige Etappe erreicht worden. Mitten in diesen "schwierigen Zeiten" habe die Eurozone gezeigt, dass sie handlungsfähig sei: "Wir sind diesen Herausforderungen gewachsen." Doch sei dies "kein Befreiungsschlag", weil Griechenland noch einen langen Prozess vor sich habe.

Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou zeigte sich erleichtert. Griechenland rechne mit einer Reduzierung seiner Schulden um 26 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahres 2014. "Das verschafft Griechenland und der Eurozone eine Atempause", sagte Papandreou zum Abschluss des Euro-Gipfels. Nun könne Griechenland früher als erwartet an die Finanzmärkte zurückkehren, um selbst Kredite aufzunehmen.

Juncker: "Das ist das letzte Paket"
Der Sondergipfel war kurzfristig einberufen worden, weil die Schuldenkrise von den kleinen Ländern Griechenland, Portugal und Irland auf die wirtschaftlichen Schwergewichte Italien und Spanien überzugreifen drohte. Die Euro-Chefs hoffen, dass sie nach einem Dutzend Treffen mit dem Hauptthema Schuldenkrise binnen eineinhalb Jahren endlich das Ruder herumreißen können. Denn trotz der Kreditprogramme für Griechenland, Irland und Portugal lässt der Druck auf die Euro-Zone nicht nach. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker erklärte, die Zeit des Schnürens kleiner Päckchen alle paar Monate sei vorbei. "Das ist das letzte Paket."

Investoren reagierten erleichtert auf die Einigung. Griechenland soll der einzige Fall mit Gläubigerbeteiligung bleiben. Der Euro stieg auf über 1,44 Dollar und damit den höchsten Stand seit zwei Wochen. Nachdem sich bereits im Tagesverlauf ein Durchbruch abgezeichnet hatte, profitierten auch Bankaktien. Der Bankenindex Griechenlands stieg um fast acht Prozent, der Stoxx-Index aller europäischen Bankwerte legte um vier Prozent zu. In Deutschland gewannen die Papiere der Commerzbank fast zehn Prozent an Wert. Die Aktie des Branchenprimus Deutsche Bank legte um gut drei Prozent zu.

Deutsche-Bank-Chef: "Das trifft uns hart"
Allerdings sehen Banken und Versicherungen ihren freiwilligen Beitrag am neuen Hilfspaket als Opfer. "Ja, das trifft uns hart", sagte Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann am Donnerstagabend am Rande des Euro-Krisengipfels. Ackermann hatte als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands IIF an dem Treffen teilgenommen. Die Abschreibungen, die die Banken auf griechische Positionen vornehmen, belaufen sich nach seinen Worten auf 21 Prozent. Der Bankchef sprach aber von einem "guten Kompromiss" zwischen den Interessen Griechenlands, des Steuerzahlers und der Investoren. Dies reduziere die Gefahr einer Ausbreitung der Schuldenkrise auf weitere Länder.

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte, es sei nicht absehbar, ob die Maßnahmen dazu führten, dass Griechenland als zahlungsunfähig eingestuft werde. Doch müssten die Regierungen der Zentralbank gegebenenfalls Garantien über 35 Milliarden Euro liefern, damit sie Griechen-Bonds noch als Sicherheiten für Kredite an Banken anerkennt. Die EZB hatte sich monatelang aus Sorge über eine gefährliche Kettenreaktion gegen die Beteiligung der Gläubiger über Umschuldungen gewehrt.

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