Proteste in Tunesien
14-Jähriger von Querschläger tödlich getroffen
Der 14-Jährige soll mit rund 400 anderen jungen Tunesiern gegen die derzeitigen Machthaber in Tunis demonstriert haben. Als die Menge unweit einer Gruppe von Soldaten Reifen in Brand steckte, feuerten diese Warnschüsse in die Luft und in den Boden ab. Neben dem Todesopfer gab es nach Angaben von Augenzeugen auch mehrere Verletzte.
Am 17. Dezember vergangenen Jahres zündete sich in dem rund 250 Kilometer südlich von Tunis gelegenen Sidi Bouzid ein junger Straßenhändler an, weil er angeblich die Behördenwillkür und die Perspektivlosigkeit in seiner Heimat nicht mehr ertragen konnte. Die Tat, über deren genauen Hergang verschiedene Versionen kursieren (siehe Infobox), rüttelte Hunderttausende Tunesier auf und führte wenige Wochen später zum Sturz von Machthaber Zine El Abidine Ben Ali, der nach Saudi-Arabien flüchtete. Mit der Übergangsregierung sind viele Tunesier jedoch ebenfalls nicht zufrieden, zahlreichen Menschen geht es seit der Revolution wirtschaftlich eher schlechter als besser. In mehreren Landesteilen haben sich die Spannungen daher verschärft.
Gewalttaten durch Islamisten und Ben-Ali-Gefolgsleute
Sorgen bereiten der Übergangsführung auch Gewalttaten, die religiösen Extremisten zugeschrieben werden. Doch richtet sich der Verdacht auch auf Kräfte des Ben-Ali-Regimes. Erst am Wochenende wurden Verwaltungsgebäude sowie Polizeistationen in fünf Städten angegriffen und verwüstet. Ziel sei es offensichtlich, die Vorbereitungen für die Wahlen am 23. Oktober zu stören, kommentierte das Innenministerium die Vandalenakte. Sechs Polizisten seien zum Teil schwer verletzt worden. Im Vorort Intilaka der Hauptstadt Tunis versuchten 300 bis 400 Angreifer in das Polizeihauptquartier einzudringen, wurden aber mit Tränengas zurückgedrängt.
Derzeit liegt in sämtlichen Meinungsumfragen die Islamisten-Partei Ennahda (Wiedererweckung) von Rached Ghannouchi in Führung. Etwa 100 Parteien haben sich mittlerweile behördlich registrieren lassen. Ennahda hat sich aus der nationalen Reformkommission zurückgezogen, die den Übergang des nordafrikanischen Landes zu demokratischen Strukturen steuern soll. Bei der Registrierung der Stimmbürger für die allgemeinen Wahlen zur Konstituierenden Nationalversammlung ist es bereits zu einer Reihe von "technischen Pannen" gekommen. Der "Sabotage" verdächtigt werden Ex-Funktionäre der früheren Staatspartei RCD, die nach der überstürzten Flucht Ben Alis zu Jahresbeginn aufgelöst und verboten worden war.
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