"Politik der Mitte"

LH Sausgruber sieht ÖVP-Chancen bei NR-Wahl ’13 intakt

Vorarlberg
18.07.2011 08:36
Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber sieht die Chancen der Volkspartei auf ein erfolgreiches Abschneiden bei der Nationalratswahl 2013 intakt. Wenn man die Positionierung in der Mitte konsequent verfolge, dann sei eine Erholung insoweit möglich, "dass man bei der Frage 'Wer wird Erster?' mit dabei ist", sagte Sausgruber. Für Familie, Eigentum, Leistung und Solidarität gebe es in Österreich "breiten Platz", befand der Landeshauptmann, der am 24. Juli seinen 65 Geburtstag feiert.

Genau eine solche "Politik der Mitte" verfolge die Vorarlberger ÖVP, die seit 2009 mit absoluter Mehrheit alleine regiert. "Wir wollten keine Kursänderung", begründete Sausgruber die Haltung der Landes-ÖVP, nach der Landtagswahl keinen Partner mehr in die Regierung zu nehmen. So sei es richtig gewesen, nach dem "Exil-Juden"-Sager von Dieter Egger der FPÖ die Zusammenarbeit aufzukündigen ("würde ich wieder tun"), andererseits habe man aber auch keinen Linksschwenk vollziehen wollen. Auf die Frage, unter welchen Bedingungen die ÖVP die FPÖ wieder als Partner ins Boot holen könnte, wollte der Landeshauptmann nicht eingehen.

2013 wieder Budget ohne Neuverschuldung
In Sachen Budget sah Sausgruber weiterhin "große Disziplin" und daraus resultierende "schmalste Steigerungen" als Schlüssel zu einem ausgeglichenen Finanzhaushalt. In Vorarlberg soll 2013 wieder ein Budget ohne Netto-Neuverschuldung erreicht werden. Dabei setzt er auch stark auf die Selbstorganisation der Gesellschaft durch Familie und Ehrenamt, etwa beim Thema Pflege. "Eine Philosophie, die nur der Großstruktur und der Einheitsregelung das Wort redet, ist überhaupt nicht finanzierbar", so der Landeshauptmann. Was an Mitteln frei verfügbar sei, werde in die Ausbildung gesteckt.

Einer Steuerhoheit der Länder steht Sausgruber weiter skeptisch gegenüber. Zwar sei noch ein Gutachten abzuwarten, das genauere Aufschlüsse zu der Frage liefern soll, Vorarlbergs Regierungschef verwies aber nicht zuletzt auf die "österreichische Mentalität, die sehr ausgleichsfreundlich ist". Er glaube nicht, dass man zwischen den einzelnen Bundesländern nennenswerte Unterschiede erzielen könne, und dann mache das Ganze keinen Sinn. Sausgrubers Ansicht nach sollte vielmehr der Finanzausgleich für einen längeren Zeitraum abgeschlossen werden.

"Starker Tobak inmitten einer Nichtraucherzone"
Beim Thema Schule habe man in den vergangenen Monaten viel zu sehr über Nebenfragen und viel zu wenig über anderes wie Frühpädagogik, Lehrerausbildung, Lehrerdienstrecht und ganztägige Formen gesprochen. Er glaube, dass in vielen Bereichen ein Konsens möglich sei, "man soll schauen, dass man weiterkommt, da engagieren wir uns auch", sprach Sausgruber die Neue Mittelschule an. Dass sich die ÖVP gegen eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen sträube, habe damit zu tun, dass in den Augen vieler Eltern die Gymnasium-Unterstufe "positiv besetzt" sei. Diese Möglichkeit wegzunehmen sei eine Hürde, "die nicht so klein ist, wie manche meinen". Auch gebe es Zweifel daran, ob die Gesamtschule zu der notwendigen Differenzierung in der Lage sei. Sausgruber räumte aber ein, dass es auch Argumente für eine gemeinsame Schule gebe und nannte dabei etwa die frühe Selektion.

Scharfe Kritik übte Sausgruber an der Haltung von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), der für einen Pilotversuch zur Finanzierung des Spitals- und des niedergelassenen Sektors aus einer Hand nicht zu einer Gesetzesänderung bereit sei. "Das ist starker Tobak inmitten einer Nichtraucherzone", ärgerte sich der Landeshauptmann. Während Stöger den Standpunkt vertritt, dass ein solcher Versuch auch unter den gegebenen Regelungen machbar ist, widerspricht Sausgruber energisch. Das Land tue, was es könne, ein Versuch in größerem Rahmen sei derzeit aber unmöglich, weil man bei aller Konsenssuche unter den Partnern "zu sehr kleinen Schritten" verurteilt sei.

EU muss eingreifen und korrigieren können
In der EU wünscht sich Vorarlbergs Landeshauptmann "weitere Formen des Direktdurchgriffs" unter bestimmten Bedingungen. "Man wusste, dass es auf Dauer nicht genügen kann, zur Steuerung eine Zentralbank und eine Maastricht-Formel zu haben", sagte der Landeshauptmann. Kommission oder Rat müssten als übergeordnete Struktur in bestimmten Situationen eingreifen und korrigieren können. "Man braucht mehr Europa", betonte Sausgruber, der hoffte, "dass man aus der kritischen Situation lernt". Ein Auseinanderbrechen des Binnenmarktes wäre in Sausgrubers Augen fatal.

Zu seiner eigenen Zukunft erklärte Sausgruber, dass es "bei dem Gesagten bleibt". Er stehe grundsätzlich die gesamte Legislaturperiode (bis 2014, Anm.) zur Verfügung, sofern die Gesundheit mitspiele. In Bezug auf seinen Nachfolger werde er zu gegebener Zeit einen Vorschlag machen. Einen Namen wollte Sausgruber nicht nennen, er stand aber weiter dazu, dass er bei der Bestellung von Markus Wallner zu seinem Stellvertreter in der Landesregierung von einem "Signal für einen längerfristigen Zeitraum" gesprochen hatte.

Sausgruber ist Umfragen zufolge der mit Abstand bekannteste und beliebteste Politiker im Ländle - was alles andere als Zufall ist. Werte, Denkweise und Auftreten des Landeshauptmanns scheinen zum westlichsten Bundesland zu passen: Vorarlbergs Regierungschef zeigt sich stets offen und freundlich, legt seine Zurückhaltung aber so gut wie nie ab. In der Sache ist Sausgruber keiner, der seine Position leicht aufgibt. Seine Vision ist ein wirtschaftlich starkes Vorarlberg mit menschlichem Antlitz. Seine Kritiker im Ländle sprechen ihm freilich jegliche Fähigkeit zur Vision ab. Für sie ist Sausgruber Verwalter, nicht Gestalter.

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