45-Minuten-Gespräch

Obama empfing den Dalai Lama – China ist empört

Ausland
17.07.2011 08:04
Trotz chinesischer Kritik hat US-Präsident Barack Obama am Samstag den Dalai Lama im Weißen Haus empfangen. Peking hatte Obama zuvor aufgefordert, die Begegnung mit dem religiösen Oberhaupt der Tibeter abzusagen. Die USA sollten ihre Beziehungen zu China nicht unnötig belasten, warnte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Hong Lei. Nach dem Gespräch richtete das Ministerium einem Vertreter der US-Botschaft aus, das Treffen in Washington habe die Beziehungen zwischen den USA und China stark beschädigt.

Peking wirft dem Dalai Lama Unterstützung der tibetischen Unabhängigkeitsbestrebungen vor. Der Friedensnobelpreisträger seinerseits beharrt darauf, dass er einen friedlichen Übergang zur Autonomie in seinem Land will. Tibet war 1950 vom chinesischen Militär besetzt worden, der Dalai Lama floh 1959 nach Indien und lebt seitdem im Exil.

45-Minuten-Gespräch im "Map Room"
Obama empfing das geistliche Oberhaupt der Tibeter im Map Room (Kartenraum) in der Residenz des Weißen Hauses und nicht im Oval Office, wo die US-Präsidenten Staatsgäste empfangen. Nach Angaben eines Beamten des Weißen Hauses dauerte das Treffen eine knappe Dreiviertelstunde. Journalisten waren zu der Begegnung nicht zugelassen. Das Weiße Haus veröffentlichte anschließend eine Erklärung und fügte ein Foto (siehe oben) bei, auf dem Obama ohne Krawatte neben dem Friedensnobelpreisträger zu sehen ist.

Bei der Begegnung habe der Präsident seine "starke Unterstützung für die Bewahrung der einzigartigen religiösen, kulturellen und sprachlichen Traditionen der Tibeter" betont, teilte das Weiße Haus mit. Obama habe außerdem die "Wichtigkeit des Schutzes der Menschenrechte der Tibeter in China unterstrichen". Wie es weiter hieß, würdigte der Präsident den Einsatz des Dalai Lama für einen gewaltlosen Dialog mit China und für einen politischen "Mittelweg". Zugleich sandte er ein Signal an die Führung in Peking: Die USA unterstützten nicht eine Unabhängigkeit der Region am Himalaya, und er habe mit dem Dalai Lama auch über die Bedeutung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen gesprochen, teilte Obama mit.

China größter Kreditgeber der USA
Die Volksrepublik ist wie die USA ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats und damit ein wichtiger Partner bei der Lösung der weltweiten Konflikte. Zudem ist China der größte Kreditgeber Amerikas. Die Begegnung im Weißen Haus fand inmitten des politischen Tauziehens in Washington um eine Erhöhung der US-Schuldenobergrenze von derzeit 14,3 Billionen Dollar statt, ohne die das Land am 2. August zahlungsfähig werden könnte. Die USA stehen in China mit gut einer Billion Dollar in der Schuld. Die kommunistische Regierung ermahnte die USA vor wenigen Tagen, den Streit um eine Erhöhung der Schuldenobergrenze zügig beizulegen und damit ihre Investitionen in US-Staatsanleihen zu schützen.

Laut der Nachrichtenagentur Xinhua erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking, Ma Zhaoxu, am Sonntag, das Treffen bedeute "eine grobe Einmischung in innerchinesische Angelegenheiten, verletzte die Gefühle des chinesischen Volkes und beschädigte die chinesisch-amerikanischen Beziehungen". Wie Xinhua weiter berichtete, bestellte das chinesische Außenministerium den Geschäftsträger der US-Botschaft in Peking ein.

Dalai Lama zehn Tage in Washington
Der Dalai Lama hält sich für rund zehn Tage in Washington auf. Vor Obama war er bereits mit dem republikanischen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, John Boehner, und der demokratischen Fraktionschefin Nancy Pelosi zusammengetroffen. Auch das hatte schon in Peking Kritik ausgelöst.

Zuletzt hatte Obama das religiöse Oberhaupt der Tibeter im Februar 2010 in der Washingtoner Regierungszentrale begrüßt und damit die chinesische Führung erzürnt. 2007 hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Dalai Lama im Berliner Kanzleramt getroffen und damit vorübergehend eine politische Eiszeit zwischen China und Deutschland ausgelöst. In Wien war der Dalai Lama von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer empfangen worden. Sämtliche Zusammenkünfte des mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten tibetischen Exil-Oberhauptes mit ausländischen Spitzenpolitikern - so 1998 mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton - werden von Peking als "Einmischung in innerchinesische Angelegenheiten" betrachtet.

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