Bluttat in Kandahar

Tödlicher Anschlag bei Gottesdienst für Karzai-Bruder

Ausland
14.07.2011 13:32
Bei einem Selbstmordanschlag auf den Trauergottesdienst für den Halbbruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai sind am Donnerstag in Kandahar vier Menschen getötet worden. Der Staatschef selbst nahm nicht an der Messe für Ahmed Wali Karzai teil, der am Dienstag von einem seiner Leibwächter, einem eingeschlichenen Taliban-Anhänger, erschossen worden war.

Nach Angaben des Innenministeriums in Kabul besuchten zahlreiche Minister aus Kabul und Angehörige Karzais den Gottesdienst. "Nach unseren bisherigen Informationen wurde niemand aus der Kabuler Delegation verletzt", sagte Präsidialamtssprecher Waheed Omer. Der Attentäter habe den Sprengstoff anscheinend in seinem Turban versteckt gehabt. Unter den Toten sind ein hoher Geistlicher und ein Kind. Der Geistliche war Chef eines Rates einflussreicher Kleriker, der wichtige religiöse Regeln für die südafghanische Stadt Kandahar festlegt. Laut den Behörden seien bei dem Anschlag zudem mindestens 15 Menschen verletzt worden.

Der 49-jährige Ahmed Wali Karzai, der am Dienstag in seinem Haus in Kandahar von einem Taliban-Anhänger erschossen wurde, war einer der einflussreichsten Politiker im Süden Afghanistans. Ihm waren wiederholt Korruption sowie Waffen- und Drogenschmuggel vorgeworfen worden. Im Kampf gegen die Taliban war Wali Karzai aber ein wichtiger Verbündeter der NATO. Um das Entstehen eines Machtvakuums zu verhindern, ernannte Präsident Karzai kurz nach der Beisetzung am Mittwoch einen anderen Bruder zum Nachfolger des Ermordeten als Stammesführer. Der Staatschef hatte zusammen mit Tausenden Menschen an der Beerdigung teilgenommen.

Dramatischer Anstieg der zivilen Kriegsopfer
Unterdessen legten die Vereinten Nationen ihren neuesten Bericht über zivile Kriegsopfer in Afghanistan vor. Demnach wurden in den ersten sechs Monaten 2011 so viele Zivilisten getötet wie noch nie seit Beginn des Krieges im Jahr 2001. Zwischen Jänner und Juni kamen 1.462 Zivilisten kriegsbedingt ums Leben. Vier Fünftel der Todesfälle gingen laut dem UNO-Bericht auf das Konto Aufständischer, der NATO und der afghanischen Armee werden 14 Prozent der Opfer zugeschrieben werden. Die übrigen sechs Prozent konnten nicht zugeordnet werden.

Vor allem bei den Selbstmordattentaten, deren Zahl nahezu unverändert geblieben sei, gab es nach Angaben der UNO einen Anstieg der Todesopfer um 52 Prozent. Etwa die Hälfte aller zivilen Todesfälle wurde durch Bombenanschläge verursacht. "Die Zunahme der Gewalt und des Blutvergießens im ersten Halbjahr 2011 bescherte den afghanischen Zivilisten Verletzungen und Tod in einem Ausmaß, das in diesem bewaffneten Konflikt ohne Beispiel ist", heißt es. Bei den umstrittenen nächtlichen Luftangriffen der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF kamen laut Bericht bisher fast 80 Zivilisten zu Tode, was einem Plus von 14 Prozent entspricht.

ISAF weist Kritik an Militäraktion zurück
Bei der jüngsten Militäraktion der ISAF am Donnerstag kamen mindestens sechs Zivilisten ums Leben. NATO-Soldaten hätten drei Häuser in der Provinz Khost angegriffen und insgesamt sechs Bewohner getötet, darunter einen 13-jährigen Jugendlichen und zwei Frauen, teilte die Provinzregierung am Donnerstag mit. Die ISAF wies die Vorwürfe zurück. Wie Sprecher Tim James sagte, wurden bei dem Einsatz am Mittwochabend sechs Angehörige des radikal-islamischen Hakkani-Netzwerks getötet, darunter auch eine bewaffnete Frau.

Indes wurden bei einem Selbstmordanschlag in der nordöstlich von Kabul gelegenen Provinz Kapisa fünf französische Soldaten getötet. Zwei afghanische Zivilisten und ein Polizist wurden nach örtlichen Angaben verletzt.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele