Psychogramm
"Was du nicht siehst", bleibt nicht lange verborgen
Mit "Was du nicht siehst" legt der 1970 in Amstetten geborene Regisseur Wolfgang Fischer sein Spielfilmdebüt vor, an seiner Seite mit Martin Gschlacht einer der renommiertesten Kameramänner Österreichs.
An der bretonischen Küste werden die Reisenden von wildromantischer Landschaft empfangen, die sie aus einem Mies-van-der-Rohe-Pavillon heraus betrachten. Gschlacht inszeniert einen lichtdurchfluteten, stilisierten Wald und raue Strandszenerien, die im seltsam unverorteten Ferienhaus ihr Pendant finden. Der damit eröffnete Kontrast wird prolongiert in der Gegenüberstellung jung-rebellischer Energie mit der ruhigeren, leicht sterileren Welt der Erwachsenen.
Die eigentlichen Konflikte zwischen den Protagonisten und jene, welche die Personen jeweils mit sich selbst ausfechten müssen, bleiben allerdings unausgesprochen. Die bewegliche Kamera bleibt an den Figuren, zeigt diese in ruhiger Muse, verwehrt jedoch vermeintlich den Blick auf das Wesentliche, auf das was man nicht sieht. "Was du nicht siehst" bleibt aber nicht lange verborgen.
So trifft Anton schließlich das Paar David (Frederick Lau) und Katja (Alice Dwyer), das sich im Nachbarbungalow eingenistet hat. Wild, brutal, unberechenbar, mutig - David ist all das, was Anton nicht ist und vermisst, während Katja dies potenziert und mit erotischer Nähe auflädt, zumal dann, als sich herauskristallisiert, dass beide Geschwister sind. Die Gewalt lässt allerdings nicht lange auf sich warten. Somit setzt Fischer in mehrfacher Hinsicht das altbekannte Motiv des bösen Zwillings in die lakonisch gestaltete Landschaft.
Das sagt "Krone"-Kinoexpertin Christina Krisch zum Film:
Ein enigmatisches Jugenddrama, das von der Konfusion eines jungen seelisch-labilen Mannes erzählt - in einer beklemmenden Intensität, die bisweilen an den lakonischen Regiestil eines Michael Haneke gemahnt. Filmemacher Wolfgang Fischer offeriert uns, untermalt von elegischen Chorälen, ein trügerisches Szenenkonstrukt, das den Blick zu täuschen vermag, lässt er seine Protagonisten doch zwischen diffusem Horror und einer möglichen trauerbedingten Flucht in eine Scheinwelt balancieren. Ein manipulativer Drahtseilakt der Wahrnehmung.
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