Krise in Italien
Sogar Opposition stimmt Berlusconis Sparpaket zu
Die italienische Opposition erklärte sich am Dienstag überraschend dazu bereit, Berlusconis Pläne nicht aus parteipolitischen Erwägungen zu torpedieren. Angesichts der internationalen Sorgen um die finanzielle Solidität des Landes wolle Italiens stärkste Oppositionskraft, die Demokratische Partei (PD), auf Störfeuer gegen die Mitte-Rechts-Regierung im Parlament verzichten, so die PD-Fraktionschefin im Senat, Anna Finocchiaro. Lediglich einige wenige Abänderungsanträge werde sie vorlegen.
Wirtschaftsminister Giulio Tremonti persönlich traf am Dienstag mit den Vorsitzenden der Oppositionsparteien zusammen und erhielt ihre Zustimmung für die Verabschiedung des Sparpakets schon am Donnerstag im Senat. Bis Samstag soll das Sparpaket mit schuldeneindämmenden Maßnahmen im Wert von 47 Milliarden Euro auch von der Abgeordnetenkammer verabschiedet werden.
Tremonti verlässt vorzeitig EU-Treffen und eilt nach Rom
Tremonti hatte am Dienstag vorzeitig das Treffen mit seinen Eurozonen-Kollegen in Brüssel verlassen, um die Arbeiten am Sparpaket abzuschließen. Angesichts der Attacken aus dem Ausland dürfe Italien keine Zeit verlieren und müsse die strenge Umsetzung des Sparhaushalts beschleunigen, mahnte Tremonti. Nachdem am Dienstag der Zinsunterschied (Spread) zu den besonders soliden deutschen Anleihen auf ein Rekordhoch von 347 Basispunkten geklettert war, versicherte der Minister, dass das Sparpaket rigoros sei und den EU-Richtlinien entspreche. Italien werde nicht das nächste Opfer der Schuldenkrisen-Ansteckung sein.
Premier Berlusconi zeigte sich überzeugt, dass seinem Land nicht eine Krise wie in Griechenland drohe. "Unsere Banken sind solide und haben auf die Appelle zur Stärkung ihrer Kapitaldecke reagiert. Unser Wirtschaftssystem ist vital und kann mit den innovativen Fähigkeiten unserer Unternehmer, dem Fleiß unserer Arbeitnehmer und mit dem Verantwortungsbewusstsein der Sozialpartner rechnen", hieß es von Berlusconi.
Leichtsinnige Berlusconi-Äußerungen lösten Talfahrt erst aus
Am Freitag hatte das alles noch ganz anders geklungen. In einem Interview hatte Berlusconi sich zu leichtsinnigen Äußerungen hinreißen lassen, die nach Auffassung der Experten die derzeitige Talfahrt Italiens erst in Gang gesetzt hatten. In Erwiderung auf die von Wirtschaftsminister Tremonti präsentierten Sparpläne hatte der Premier süffisant bemerkt: "Ich halte Tremonti aus, weil ich ihn schon seit langer Zeit kenne. Er denkt, er ist ein Genie und dass alle anderen Trottel sind. Seine Vorschläge werden im Parlament sicherlich noch so weich gespült, dass sie den Wählern gefallen."
Internationale Analysten hatten diese laxe Ansage als Zeichen dafür gewertet, dass Berlusconi es mit dem Sparkurs nicht allzu ernst nimmt und die Verschuldung von 120 Prozent des BIP bagatellisiert. Sogleich schossen die Kurse für italienische Staatsanleihen in die Höhe, was für das Land vor allem deshalb schmerzhaft ist, weil nach dem Auslaufen alter Kontrakte bald neue Kredite aufgenommen werden müssen.
Nulldefizit bis zum Jahr 2014?
Wenig überraschend hatte Berlusconi am Dienstag dann reichlich Kreide gefressen: "Italien erlebt zwar eine nicht einfache Phase, doch die öffentlichen Bilanzen sind unter Kontrolle. Wir könnten allerdings gezwungen werden, die im Sparpaket enthaltenen Sparmaßnahmen noch mehr zu verschärfen", versuchte der Premier sich plötzlich als Hardliner zu präsentieren. Ziel sei, bis 2014 das Defizit auf Null zu drücken. Insider fragen sich jedoch, ob Berlusconi an dieses Ziel wirklich glaubt.
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