14 Monate danach

Entführungsopfer Maria Bögerl: Gatte erhängte sich

Ausland
11.07.2011 20:59
14 Monate nach der Entführung und Ermordung der Heidenheimer Bankiersgattin Maria Bögerl ist ihr Ehemann in seinem Haus tot aufgefunden worden. Die Polizei teilte am Montag mit, Thomas Bögerl sei "augenscheinlich erhängt" entdeckt worden. Maria Bögerl war im Mai 2010 in die Hände von Entführern geraten und nach einer gescheiterten Geldübergabe ermordet worden.

Laut Informationen der "Bild"-Zeitung fand die Putzfrau den Toten am Montag um 11.30 Uhr im Fitnessraum des Hauses. Entgegen erster Angaben war Bögerl bei seinem Selbstmord aber offenbar nicht alkoholisiert.

Der 56-Jährige hinterließ nach Angaben der Ermittler einen Abschiedsbrief. "Es ist aber eher eine Abschiedsnotiz", sagte ein Polizeisprecher. Angeblich ist das Schreiben an die beiden hinterbliebenen Kinder Christoph (25) und Carina (28) gerichtet.

Gerüchte über zerrüttete Ehe der Bögerls
Die Ermittler verwiesen am Dienstag selbst auf die Gerüchte über das Privatleben der Familie und eine angebliche Beteiligung Thomas Bögerls an der Entführung und Ermordung seiner Ehefrau. Nichts davon habe sich aber erhärten lassen. Angeblich soll die Ehe des Paares schon lange zerrüttet gewesen sein. Lokalzeitungen hatten obendrein berichtet, dass Bögerl erst vor kurzem mit einer anderen Frau Zwillinge bekommen habe.

Sicher ist, dass Bögerl seit der Entführung mehrfach für längere Zeit krankgeschrieben war. Nach weiteren Informationen der "Bild" stand der 56-Jährige sogar kurz vor dem Ende seiner Bankiers-Karriere. Der Niederlassungsleiter habe nach der Tat nicht mehr die Kraft gehabt, um seinen Beruf ausüben zu können. Deswegen habe er sich mit der Bank auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt.

Herzerweichender TV-Aufruf nach Entführung
Großes Aufsehen hatte der Entführungs- und Mordfall um Maria Bögerl Fall spätestens durch den Auftritt des Vaters mit den beiden gemeinsamen Kindern in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY" erregt (Bild rechts). In dieser richtete die Familie einen herzzerreißenden Appell an den Entführer, der jedoch ohne Erfolg blieb.

Spaziergänger entdeckten die Leiche der Frau etwa drei Wochen nach der Tat in einem Gebiet, das die Polizei bereits an den Tagen nach der Entführung durchkämmt hatte. Die Tote lag an einem Waldrand zwischen den Ortschaften Nietheim und Niesitz und war mit Ästen abgedeckt. In der Nähe der Fundstelle, rund zehn Kilometer vom Wohnhaus der Familie Bögerl entfernt, war die Polizei auch auf das Handy der 54-Jährigen gestoßen.

55-jähriger Verdächtiger in Linz in U-Haft
Derzeit sitzt in Linz ein 55- jähriger Deutscher in Untersuchungshaft, der mit dem Fall in Verbindung stehen soll. Seine Alibi-Angaben werden derzeit noch überprüft. Das gab der Pressesprecher der zuständigen Polizei in Heidenheim in Baden-Württemberg am Dienstag bekannt.

Der 55-Jährige und ein Komplize waren ins Visier der Fahnder geraten, weil sie in einen ähnlichen Fall in Oberösterreich verwickelt sein sollen. Im Mühlviertel hatten sie als vermeintliche Bettler an der Haustür eines Bankiers geläutet. Als dessen 61-Jährige Ehefrau öffnete, versuchte einer der Männer, sie in das Haus zu drängen. Doch die Frau schrie lauthals, und die beiden rannten davon. Der Deutsche war Ende April in Tschechien festgenommen und nach Österreich ausgeliefert worden.

Panne bei Geldübergabe war Maria Bögerls Todesurteil
Maria Bögerl hatte offenbar weniger Glück. Informationen des "Stern" zufolge dürfte der Tod der Frau auf eine tragische Panne bei der Geldübergabe zurückzuführen sein. Anders als sonst üblich war nicht die Polizei mit der Organisation des Geldes betraut worden. Sie habe vielmehr der spontanen Idee des Ehemanns des Opfers zugestimmt, dass die kleine Gemeinde Niederstotzingen die Summe beschaffen solle - unter dem Vorwand, dass für ein kommunales Projekt ein Blitzkredit benötigt werde.

Die erste Adresse dafür war die Kreissparkasse Heidenheim, die Hausbank des Ehemanns Thomas Bögerl. Dort sei jedoch die Summe in der geforderten Stückelung nicht vorrätig gewesen. Daher habe man sich an die Bundesbankfiliale im rund 40 Kilometer entfernten Ulm gewandt, die größere Geldmengen lagert. Dem staatlichen Institut sei vorgespielt worden, die Stadtverwaltung stehe in einer wichtigen Verhandlung und brauche dringend Bargeld.

Boten vor verschlossenen Türen

Die Geldboten standen aufgrund der Mittagspause jedoch vor verschlossenen Türen. Erst gegen 13.45 Uhr konnten sie die Scheine in Empfang nehmen. Für den geplanten Übergabetermin um 14 Uhr war das zu spät: Von Ulm bis zum Übergabeort, einer Betriebseinfahrt der Autobahn A7 nördlich von Heidenheim, sind es rund 40 Kilometer.

Noch dazu hatte die Polizei Thomas Bögerl nicht zur nächsten Autobahn-Auffahrt gebracht, wodurch sich für ihn die Fahrstrecke zum Übergabeort um fast zehn Kilometer verkürzt hätte. Sie ließ ihn vielmehr im Rathaus von Niederstotzingen warten, wo er von Beamten der Landespolizei betreut wurde.

Entführer konnte trotz Großaufgebot der Polizei flüchten
Diese folgenschwere Panne war allerdings bei Weitem nicht die einzige. Wie aus internen Unterlagen der Polizei hervorgeht, waren der Entführer und sein Opfer an diesem Tage offenbar sehr nah am Übergabeort, da die Polizei Maria Bögerls Handy nur 500 Meter nördlich davon geortet hatte.

Sondereinsatzkräfte überprüften alle fünf Minuten diese Übergabestelle an der Autobahn, mehrere Einheiten überwachten nahe gelegene Gemeinden. Zusätzlich fuhren Polizeibeamte, als Fahrradfahrer getarnt, durch das umliegende Waldgebiet. Gefasst werden konnte der Entführer trotz dieses großen Aufwandes allerdings nicht.

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