"Schock sitzt tief"

Heimatgemeinde Bad Ischl weint um ermordete Paulina

Oberösterreich
07.07.2011 13:36
Nach dem gewaltsamen Tod der 14-jährigen Paulina S. sitzt der Schock im oberösterreichischen Bad Ischl, der Heimatgemeinde des Opfers, tief. Niemand habe jemals etwas Ähnliches erlebt, alles sei unvorstellbar, erklärte Bürgermeister Hannes Heide am Donnerstag stellvertretend für Paulinas Freunde, Bekannte und Mitschüler: "In der Erinnerung der Menschen ist kein vergleichbares Verbrechen passiert." Der letzte Mord in Bad Ischl sei wohl in den 1930er-Jahren geschehen, schätzte der Ortschef.

Der Tod des Mädchens sei "Gesprächsthema Nummer eins" in Bad Ischl. Jeder frage sich nach dem Warum, erzählte Heide. Bereits als die Suchaktion am Dienstag begann, habe es sich rasch herumgesprochen. Die Menschen hätten aufmerksam die Medienberichte verfolgt, bis schließlich am Mittwochabend traurige Gewissheit herrschte (siehe Story in der Infobox).

Todesnachricht während Schulfest
In der momentanen Situation sei es in erster Linie nötig, an die Familie zu denken und an die Mitschüler der 14-Jährigen, betonte der Bürgermeister. Die Todesnachricht war genau in das Schulschlussfest des Bad Ischler Gymnasiums geplatzt, das daraufhin abgebrochen wurde. "Da wird alles andere unwichtig", sagte Heide.

Statt einem lockeren Ausklang des Schuljahres müssen nun die schrecklichen Geschehnisse aufgearbeitet werden - Paulinas Mitschüler werden psychologisch betreut. Am Donnerstag kümmerten sich Teams des Kriseninterventionsdienstes und Mitarbeiter des psychosozialen Netzwerks um die 600 Jugendlichen.

"Zurückhaltendes, lebenslustiges Mädchen"
Bereits am Dienstag habe man gewusst, dass das Mädchen vermisst wurde, tags darauf hätten sich die Hinweise verdichtet, "dass da mehr dahinter ist", erklärte Schuldirektor Günter Mautz. Die Todesnachricht kam dennoch wie ein Schock. Mautz habe die 14-Jährige selbst gut gekannt, weil er in ihrer Klasse unterrichtet habe. Sie sei ein zurückhaltendes, aber sehr lebenslustiges Mädchen gewesen. Dass es in der Familie nicht immer leicht gewesen sei, habe man gewusst.

Die Frau und ihre Kinder seien allerdings nach der Trennung der Mutter vom Lebensgefährten wieder gut auf die Beine gekommen, so der Direktor, bei dem bereits die Schwester der Getöteten ihre Matura abgelegt hatte. Am Donnerstag sei an der Schule ohnehin ein Tag mit den Klassenvorständen, "den emotional nächststehenden Lehrern", geplant gewesen, erklärte Mautz. Das erweise sich nun als dienlich.

Entsetzen unter Einheimischen
Die Kaiserstadt Bad Ischl selbst hatte am Donnerstag trotz des schrecklichen Vorfalls den Anschein einer Tourismusidylle. Gäste aus aller Herren Länder flanierten zwischen den Häusern und besuchten die Sehenswürdigkeiten, die Lokale waren zu Mittag gut besucht.

Doch eines fiel auf: Überall waren Journalisten unterwegs, vor dem Gymnasium, vor dem Wohnhaus des Opfers, vor dem Zuhause der Verdächtigen - alle auf der Suche nach Interviewpartnern. Doch obwohl das Verbrechen in der Stadt Tagesgespräch war, wollten sich viele nicht gegenüber Reportern äußern. Nur einige Menschen waren gesprächsbereit: "Furchtbar", "wild", "krass" lauteten Kommentare. Es gebe schon ab und zu Kriminelles in der Stadt, aber an eine solche Bluttat könne sich niemand erinnern, bestätige man die Aussage des Bürgermeisters.

Diskussionen über möglichen Racheakt
Diskutiert wird in der Bevölkerung vor allem das mögliche Motiv der Tat. Gemutmaßt wird über einen Racheakt - im Zusammenhang mit der Trennung des verdächtigen 48-Jährigen von der Mutter Paulinas. "Das könnte sich immer mehr aufgestaut haben, und wenn sich jemand nicht im Griff hat, dann kommt es zum gewaltsamen Ausbruch. Dafür habe ich zwar kein Verständnis, aber es ist für mich eine Erklärung", sagte ein Ischler. Der Gedanke, dass der Vater den Sohn in das Verbrechen hineingezogen haben könnte, sorgte zusätzlich für Empörung.

Bad Ischl, das Städtchen im Salzkammergut, wo einst der Kaiser und mit ihm viele hohe Persönlichkeiten aus Wien auf Sommerfrische weilten, hat heute fast 14.000 Einwohner. Dennoch kennt nahezu jeder jeden - auch die beiden Tatverdächtigen, den 48-Jährigen und seinen 19-jährigen Sohn. Letzterer wird als sehr wohlerzogen und höflich beschrieben. Er habe erst kürzlich seine Matura abgelegt.

Vater als "schlimmer Bub" verrufen
Von seinem Vater, der aus einer ehrbaren Unternehmerfamilie stammt, wird hingegen erzählt, dass er schon als Bub seinen Mitmenschen diverse Streiche gespielt habe, die über die Grenze des Tolerierbaren gegangen seien. Berichtet wird weiters von einem Zwischenfall, der sich erst kürzlich zugetragen habe: Da soll der 48-Jährige aus Übermut mit seinem Motorrad einen "Wheely" (Fahren nur auf dem Hinterrad) auf einer Straße vor einer Schule, wo sich auch ein Fußgängerübergang befindet, gemacht haben und dabei ausgerechnet in das Auto seiner zufällig daherkommenden damaligen Lebensgefährtin - der Mutter der 14-Jährigen - gekracht sein. Das sorgte damals noch für den Kommentar "blöd gelaufen"...

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