Prozessauftakt
Fall Jakob: "Die Angst, dass sie ihn holen, war größer"
"Wir haben uns an der Klinik in Innsbruck nicht ernst genommen gefühlt. Es gab kein gutes Verhältnis und ein fehlendes Vertrauen zu den Ärzten", meinte der 47-jährige Vater bei seiner Vernehmung. Außerdem hätten sie Bilder von kranken Kindern im deutschen Klinikum Ulm so sehr abgeschreckt, dass sie Jakob bis zu seinem Tod am 6. März 2009 nicht der lebensnotwendigen Knochenmarktransplantation unterziehen lassen wollten, erklärte der Mann. Über die medizinischen Folgen seien sie ausreichend aufgeklärt worden, räumten er und seine Frau ein.
Auch die Behandlung von immer wieder auftretenden Infekten mit Antibiotika brachen die Eltern knapp ein Jahr vor Jakobs Tod ab. Zuvor sei ihnen laut Staatsanwaltschaft von der Klinik gesagt worden, dass man dazu verpflichtet sei, das Jugendamt einzuschalten, "wenn es so weitergeht".
Mutter brach mehrmals in Tränen aus
"Die Angst, dass sie ihn uns wegnehmen, war dann einfach immer größer. Das war, im Nachhinein betrachtet, sicher ein Fehler", sagte die immer wieder in Tränen ausbrechende Mutter vor Richterin Gabriele Lukasser. Deshalb hätten sie in den letzten Monaten vor dem Tod des Buben auch keine Behandlung in einem Krankenhaus mehr in Betracht gezogen. "Vielleicht haben wir das auch immer verdrängt", meinte der Vater.
Insgesamt drei Kinder verloren
Im Sommer 2008 sei ihr Sohn durchaus noch "gut beieinander" gewesen, erst ab Ende 2008 sei es "schlechter geworden". Jakob habe vermehrt unter Durchfällen und Infekten gelitten, er habe nicht mehr altersentsprechend zugenommen. Man habe ihm aber sehr wohl ausreichend zu essen und zu trinken gegeben, aber Jakob habe "immer wieder erbrochen", sagte der 47-Jährige. Vor Jakob bekam das Paar bereits zwei Kinder, die noch als Säuglinge innerhalb von zwei bis drei Monaten an dem Immundefekt gestorben waren.
An den Allgemeinmediziner habe man sich dann im Februar 2008 gewandt, da man "jemanden gesucht" habe, der "beides tut", also schulmedizinische und alternativmedizinische Behandlungen durchführt. "Er hat uns als Mensch verstanden", meinte die Mutter. Beide Elternteile sagten zudem aus, dass ihnen der Arzt nie davon abgeraten habe, sich einer herkömmlichen Behandlung zu unterziehen.
Arzt soll "nicht adäquat reagiert" haben
Der Verteidiger der Eltern warf dem Mediziner jedoch in seinem Plädoyer vor, wenige Tage vor dem Tod des Buben "nicht adäquat reagiert" und "eine Zuweisung an eine Klinik unterlassen" zu haben. Auch habe er keinen Ernährungsplan erstellt. Der Verteidiger des Arztes entgegnete dem unter anderem, dass "kein weiterer Krankenhausaufenthalt" die "Vorgabe" der Eltern gewesen sei. Der Arzt habe Jakob außerdem Antibiotika verschrieben und "nur das nicht geschafft, was ein Dutzend andere Ärzte auch nicht geschafft haben", erklärte der Verteidiger.
Den drei Angeklagten drohen wegen des Vorwurfs des Quälens und der Vernachlässigung mit Todesfolge bis zu zehn Jahre Haft. Die Eltern bekannten sich zum Prozessauftakt teilweise schuldig, der Anwalt des Arztes plädierte auf nicht schuldig. Am 21. Juli wird der Prozess mit der Einvernahme des Arztes und weiterer Zeugen fortgesetzt.
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