Debatte um Haft

Arztbrief: Elsners “Mondgesicht” durch Ödeme

Österreich
04.07.2011 14:37
Im Fall des inhaftierten Ex-BAWAG-Direktors Helmut Elsner ist ein Arztbrief aufgetaucht, der ein Schlaglicht auf die medizinische Betreuung des Gefangenen in der Haft wirft. Elsner konnte vergangene Woche nicht zurück in seine Zelle verlegt werden, sondern blieb weiterhin im Spital. Während Helene Pigl, Leiterin der Justizanstalt Wien-Josefstadt, das als "nicht dramatisch" bezeichnet, erachtet der behandelnde Arzt Elsners die Haft als für "nicht mehr zu verantworten".

"Die Behandlung dauert länger als geplant, aber es ist nichts Dramatisches", erklärte Pigl am Montag. Zu einem anderen Schluss kommt allerdings Kurt Huber, der Vorstand der 3. Medizinischen Abteilung im Wilhelminenspital, wo Elsner zum mittlerweile fünften Mal behandelt wird. In einem mit 30. Juni datierten und an die Justizanstalt gerichteten Arztbrief betont der Herz-Spezialist einleitend, eine stationäre Entlassung Elsners sei "wegen der nötigen therapeutischen Maßnahmen derzeit nicht möglich".

"Bizarre Gesichtsschwellung durch Ödembildung"
Bei der Aufnahme zeigte sich laut ärztlichem Befund ein "deutlich übergewichtiger Patient in deutlich reduziertem Allgemeinzustand" (laut Befund wiegt Elsner 105 Kilo bei 173 Zentimetern Körpergröße). Es wurden außerdem "ausgeprägte, teigige chronische Ober- und Unterschenkelödeme" sowie eine "bizarre cushingcoide Gesichtsschwellung bedingt durch eine wachsartige Ödembildung" festgehalten. Ein sogenanntes Morbus Cushing wurde jedoch vom Arzt ausgeschlossen. Möglich sei Akne rosacea ("Knollennase") oder eine Medikamenten-Nebenwirkung.

Elsners "füllige" Erscheinung (zu sehen auf den Privatbildern oben, die im Wilhelminenspital angefertigt wurden) ist aber somit nicht nur auf die Gewichtszunahme zurückzuführen. Zur Gewichtsreduktion und Stabilisierung der temporären kardialen Dekompensation wurde Elsner im Wilhelminenspital allerdings einer Entwässerungstherapie unterzogen. Dabei gelang es den Ärzten, fünf Kilogramm Flüssigkeit auszuschwemmen, heißt es in dem Brief. Die Therapie soll über die nächsten sieben bis zehn Tage fortgesetzt werden.

Wartezeit auf Ärzte "kausal verantwortlich"
Der Gesundheitszustand des mittlerweile 76-Jährigen habe sich seit einer Bypassoperation im Jahr 2007 "nachweislich schrittweise verschlechtert", heißt es im Arztbrief. Huber verweist auf "die permanente Stressbelastung in der Justizanstalt, die den Patienten mit zunehmender Dauer in der Haft belastet und immer wieder Anlass für Angina-Pectoris-Beschwerden und hypertensive Krisen ist". Erschwerend komme hinzu, "dass die medizinische Versorgung in der Haftanstalt [...] weder strukturell noch personell gegeben ist".

Wie Huber in diesem Zusammenhang erwähnt, musste Elsner einmal nachweislich bei akuten Beschwerden ein bis zwei Stunden auf ärztliche Hilfe warten: "Dies ist in Anbetracht der fortschreitenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes inakzeptabel und mit größter Wahrscheinlichkeit auch kausal für die Verschlechterung der Gesamtsituation verantwortlich."

"Infarkt, Schlaganfall, Tod"
Die wiederkehrenden stationären Aufnahmen im Wilhelminenspital bedingt durch intraktable hypertensive Krisen, kardiale Dekompensation und die Angina-Pectoris-Symptomatik beweisen laut Huber "die Unmöglichkeit einer adäquaten medizinischen Betreuung in der Justizanstalt". Bei "Fortbestehen der Inhaftierung unter den gegebenen Bedingungen" rechnet der bekannte Kardiologe "kurz- bis mittelfristig mit schwerwiegenden Komplikationen". Huber zählt taxativ "Dekompensation, Infarkt, Schlaganfall, Tod" auf, zumal die "Verschlechterungen des Gesundheitszustandes [...] trotz aller Bemühungen der betreuenden Ärzte in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht verhindert werden konnten".

Der in der BAWAG-Affäre wegen Untreue rechtskräftig zu zehn Jahren verurteilte Helmut Elsner befindet sich seit Februar 2007 durchgehend in Haft. Am 21. Juni wurde der Ex-BAWAG-Generaldirektor dem Arztbrief des Kardiologen Kurt Huber zufolge wegen "kardialer Dekompensation vor allem rechts, nach rezidivierenden hypertensiven Krisen und ineffektiver Behandlung" -bedingt durch "die eingeschränkten strukturellen und personellen Möglichkeiten" im Wiener Gefängnis - von der Justizanstalt Wien-Josefstadt ins Wilhelminenspital verlegt.

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