Tod in Bayern

Kaisersohn Otto Habsburg 98-jährig verstorben

Österreich
04.07.2011 15:52
Otto Habsburg-Lothringen ist tot. Der älteste Sohn des 1918 entthronten letzten österreichischen Kaisers und ungarischen Königs Karl I., Ehrenpräsident der Internationalen Paneuropa-Union und ehemaliger Alterspräsident des Europaparlaments, starb am Montag in seinem Haus in Pöcking am Starnberger See in Bayern. Er wurde 98 Jahre alt. Habsburg wird am 16. Juli in der Kapuzinergruft in Wien seine letzte Ruhe finden, sein Herz wird in Ungarn bestattet.

Habsburg, seit dem Tod seiner Gemahlin Regina im Vorjahr verwitwet, ist nach Angaben einer Mitarbeiterin in den frühen Morgenstunden "friedlich eingeschlafen". Der Ehrenpräsident der Paneuropa-Union hinterlässt sieben Kinder, 22 Enkelkinder und zwei Urenkel. Seit einem Treppensturz vor zwei Jahren war der ehemalige Kronprinz der österreichisch-ungarischen Monarchie gesundheitlich angeschlagen.

Sohn Karl: "Überragende Persönlichkeit"
Chef des Hauses Habsburg ist sein ältester Sohn Karl Habsburg-Lothringen, der in Österreich lebt. Er erklärte am Montag zum Tod des ehemaligen Erzherzogs: "Mein Vater war eine überragende Persönlichkeit. Mit ihm verlieren wir einen großen Europäer, der uns in allem, was wir heute tun, über die Maßen geprägt hat."

Vertreter mehrerer politischer Parteien zeigten sich betroffen vom Tod Habsburgs (Reaktionen in der Infobox) und drückten der Familie des Verstorbenen ihre Anteilnahme aus. Auf der persönlichen Website von Otto Habsburg, die jedoch - offenbar wegen der zahlreichen Aufrufe - immer wieder mit Problemen kämpft, wurde ein Kondolenzbuch eingerichtet.

Beisetzung in Wiener Kapuzinergruft am 16. Juli
Kardinal Christoph Schönborn erklärte, dass der Verstorbene nach einem Requiem im Wiener Stephansdom am 16. Juli in der Kapuzinergruft, der Kaisergruft der Habsburger (Details siehe Infobox), beigesetzt werde. Auch die im Februar 2010 verstorbene Gattin Regina soll dann ihre letzte Ruhe in der Kapuzinergruft finden.

Habsburgs Herz wird laut Biograf Stephan Baie im ungarischen Kloster Pannonhalma beerdigt. Dies entspreche der Tradition der Familie, in der es stets eine eigene Herzbestattung gegeben habe. Habsburgs Sprecherin Eva Demmerle sagte, dass diese Zeremonie am 17. Juli stattfinden werde.

Mit Abstand dienstältester EU-Parlamentarier
Otto Habsburg (die wichtigsten Stationen in seinem bewegten Leben findest du in der Infobox), der 20 Jahre - von 1979 bis 1999 - für die bayerische CSU als Abgeordneter dem Europäischen Parlament angehörte, besaß die deutsche, österreichische und ungarische Staatsbürgerschaft. Er war der mit Abstand dienstälteste Europa-Parlamentarier.

Im Außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments setzte sich Otto Habsburg für die Länder jenseits des Eisernen Vorhangs ein und kämpfte für das Selbstbestimmungsrecht der Völker, für Minderheitenrechte und für eine rasche Osterweiterung der EU nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989. Er war Initiator und Schirmherr des "Paneuropäischen Picknicks" an der österreichisch-ungarischen Grenze, bei dem mehr als 600 DDR-Bürger nach Österreich flüchteten.

31 Jahre war er als Nachfolger des Gründers, Graf Richard Coudenhove-Kalergi, Präsident der Internationalen Paneuropa-Union. Die Bewegung setzt sich für ein politisch und wirtschaftlich geeintes, demokratisches und friedliches Europa auf Grundlage des christlich-abendländischen Wertefundaments ein.

Urgroßonkel Kaiser Franz Joseph als Taufpate
Otto Habsburg wurde am 20. November 1912 als Sohn von Erzherzog Karl und Prinzessin Zita von Bourbon-Parma in der Villa Wartholz bei Reichenau an der Rax geboren. Taufpate war sein Urgroßonkel Kaiser Franz Joseph. Bei der Thronbesteigung seiner Eltern 1916 wurde er mit vier Jahren Kronprinz der österreichisch-ungarischen Monarchie, die 1918 auseinanderfiel. Im März 1919 ging die kaiserliche Familie ins Schweizer Exil. Auf zwei misslungene Restaurationsversuche in Ungarn folgte die Verbannung nach Madeira, wo Ex-Kaiser Karl am 1. April 1922 starb. Seine Witwe lebte zunächst mit ihren acht Kindern in Spanien, bevor sie 1929 nach Belgien übersiedelte.

Am 17. Februar 1938 forderte Otto Habsburg Bundeskanzler Kurt Schuschnigg auf, ihm die Kanzlerschaft zu übertragen und eine Versöhnung mit der unterdrückten Sozialdemokratie zu ermöglichen. Dass Hitler kurz darauf den deutschen Einmarsch in Österreich mit dem Code-Namen "Operation Otto" versah, macht deutlich, welche Gefahr der Diktator in einem habsburgischen Restaurationsversuch sah. Nach vollzogenem "Anschluss" erließ das NS-Regime einen Haftbefehl gegen den Chef des Hauses Habsburg. Die ehemalige kaiserliche Familie, nach dem deutschen Überfall auf Belgien nur knapp entkommen, flüchtete über Frankreich, Spanien und Portugal in die USA, wo sich Otto mit großem Engagement für ein unabhängiges Österreich einsetzte.

1972 historischer Handschlag mit Kanzler Kreisky
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Habsburger-Gesetze von 1919 (siehe Infobox) wieder in Kraft gesetzt, durch die alle Mitglieder der früheren Dynastie, die sich nicht als getreue Staatsbürger der Republik bekannten, des Landes verwiesen wurden. Österreichischen Boden betrat Otto 1945 in Tirol nur für wenige Stunden. Am 31. Mai 1961 gab er seine Verzichtserklärung ab, doch der Nationalrat erklärte ihn mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ für unerwünscht. Erst 1966 erhielt Otto Habsburg einen österreichischen Reisepass ohne Einschränkungen. Seine erste Kurzreise nach Tirol am 31. Oktober 1966 führte zu Protesten. Im Mai 1972 schließlich, beim 50. Jubiläum der Paneuropa-Union, erfolgte in Wien der historische Handschlag zwischen dem Chef des Hauses Habsburg und Bundeskanzler Bruno Kreisky.

Zahlreiche Bücher zeugen vom emsigen Schaffen des polyglotten Kaisersohnes. 1951 hatte Habsburg - der als deutscher Staatsbürger das "von" führte - in der französischen Stadt Nancy die deutsche Prinzessin Regina von Sachsen-Meiningen geheiratet. Seit 1954 lebte die Familie in Pöcking am Starnberger See in Bayern, der Ehe entsprossen zwei Söhne und fünf Töchter. Otto Habsburg war Träger zahlreicher hoher Auszeichnungen. Zuletzt hatte ihm der französische Präsident Nicolas Sarkozy das Großkreuz des Ordens der Ehrenlegion verliehen.

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