Deutschland-Besuch

Wen fordert von der EU respektvollen Umgang mit China

Ausland
28.06.2011 14:29
Chinas Regierungschef Wen Jiabao ist anlässlich seines Besuchs in Deutschland am Dienstag in Berlin zu Regierungskonsultationen mit Kanzlerin Angela Merkel zusammengekommen. Dabei ging es hauptsächlich um Wirtschaftsfragen und milliardenschwere bilaterale Abkommen. Zudem wurden speziell die unruhige Lage in Libyen sowie generell außenpolitische Themen besprochen. Doch auch über die "gesellschaftliche Entwicklung" Chinas diskutierte man - hier forderte Wen von den Europäern einen respektvollen Umgang mit seinem Land ein.

Bei einer Rede vor Wirtschaftsvertretern forderte Wen, der sich derzeit auf einer Europareise befindet, bereits am Dienstagvormittag vor dem Empfang im Berliner Kanzleramt einen respektvollen Umgang der Europäer mit China. "China respektiert das von den EU-Bürgern gewählte politische Modell. Im Gegenzug erwarten wir auch von der EU, Chinas Souveränität und territoriale Integrität sowie selbstständige Wahl des chinesischen Volks zu respektieren", so Wen.

Wen war am Montagabend mit einer 300-köpfigen Delegation in Berlin eingetroffen und hat mit Merkel bei einem gemeinsamen Abendessen über die wirtschaftliche Lage in China, Deutschland und Europa diskutiert. Es habe zudem einen "intensiven Meinungsaustausch über die gesellschaftliche Entwicklung in China" (siehe Video in der Infobox) gegeben, hieß es aus deutschen Regierungskreisen.

Menschenrechte: "Noch ein weiter Weg" zurückzulegen
Merkel hat dann auch am Dienstag die Frage der Menschenrechte angesprochen. Sie forderte insbesondere rechtsstaatliche Gerichtsverfahren. Merkel sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Wen, hier müsse noch viel zusammengearbeitet werden. Es sei "noch eine weite Wegstrecke" zurückzulegen.

Merkel begrüßte die Freilassung des Künstlers Ai Weiwei und des Menschenrechtlers Hu Jia. Für Ai müsse es "jetzt ein transparentes Verfahren" geben. Die Kanzlerin mahnte auch angemessene Arbeitsbedingungen für Journalisten an, damit eine faire Berichterstattung möglich sei.

Der chinesische Ministerpräsident Wen räumte ein: "In manchen Fragen sind wir nicht immer der gleichen Auffassung." Es gebe Unterschiede in der Geschichte, der Kultur und des politischen Systems. Allerdings sei es wichtig, dass sich beide Länder in gegenseitigem Respekt begegneten und nach Gemeinsamkeiten suchten.

Das Thema Menschenrechte hatte Wen bereits während seines vorangegangenen Besuchs in Großbritannien selbst kurz angesprochen: Er sprach sich für mehr Freiheit und Demokratie in seinem Land aus. Zugleich forderte er aber den britischen Premierminister David Cameron dazu auf, Großbritannien solle in Sachen Menschenrechte aufhören, mit dem Finger auf China zu zeigen.

Unterschiedliche Ansätze in der internationalen Politik
In der internationalen Politik räumten Merkel und Wen am Dienstag nach den Regierungskonsultationen unterschiedliche Ansätze ein - etwa bei der militärischen Intervention der westlichen Allianz in Libyen. Während sich Wen erneut für eine friedliche Lösung mit politischen Mitteln aussprach, unterstrich Merkel die Legitimität des Militäreinsatzes angesichts der UN-Resolution 1973.

Wen betonte mit Blick auf die Entwicklung im Nahen Osten und in Nordafrika: "Wir glauben, dass die Zukunft eines jeden Landes abhängt von der unabhängigen Entscheidung der Bevölkerung." Ausländische Interventionen könnten zwar einen Krieg gewinnen, seien "aber nur schlecht in der Lage, Stabilität und Frieden" zu bringen. Beispiele dafür seien der Irak und Afghanistan. Bezüglich der Militärinterventionen in Afghanistan erklärte auch Merkel, dass es hier immer wieder unterschiedliche Meinungen gebe.

Zugleich betonten beide Seiten aber auch ihren Willen, um gemeinsame Lösungen zu ringen. "Wir fühlen auch eine gemeinsame Verantwortung für eine vernünftige Entwicklung in der Welt", sagte Merkel. Je mehr gemeinsame Positionen es etwa im UN-Sicherheitsrat gebe, desto stärker sei dieses internationale Gremium.

Milliardenschwere Handelsverträge mit mehreren EU-Staaten
Auf ihrer Europareise hat die chinesische Delegation sowohl mit Ungarn als auch mit Großbritannien milliardenschwere Handelsverträge abgeschlossen. Auch die deutsche Kanzlerin lud chinesische Unternehmen am Dienstag zu mehr Investitionen in Deutschland ein. Im Zuge der Konsultationen wurden zahlreiche Vereinbarungen zwischen beiden Regierungen und Verträge zwischen Unternehmen aus Deutschland und China im Wert von rund 10,5 Milliarden Euro unterzeichnet.

Merkel sah im bilateralen Handel die Chance, das Volumen in den kommenden Jahren auf 200 Milliarden Euro nach 130 Milliarden Euro im Jahr 2010 zu erhöhen. Wen setzte hier ein noch ehrgeizigeres Ziel: "Es gilt, das Wachstumspotenzial des bilateralen Handels auszuschöpfen, um unser Handelsvolumen in fünf Jahren abermals zu verdoppeln", erklärte er.

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