Besteuerung geplant

Privilegienkampf um Freifahrten der ÖBBler tobt wieder

Österreich
16.06.2011 15:32
Bei den ÖBB tobt wieder einmal ein Privilegienkampf. Bahnchef Christian Kern will mit einer seit vielen Jahren kritisierten Bevorteilung von Bahnmitarbeitern und deren Familien aufräumen: den Freikarten. Die für ganz Österreich geltenden Gratis-Jahreskarten für ÖBBler sollen nun zwar nicht abgeschafft, aber künftig versteuert werden. Alternativ sollen Mitarbeiter ab 2012 Einzelfahrten versteuern können. ÖBB-Pensionisten und Eisenbahngewerkschaft toben.

Bis zum Vorjahr haben rund 250.000 Mitarbeiter, Angehörige und ÖBB-Pensionisten eine sogenannte Außertarifliche Fahrbegünstigung im Gegenwert einer ÖBB-Österreich-Jahreskarte von 1.790 Euro gratis erhalten. Die umstrittenen Freifahrten werden nun zwar nicht abgestellt, müssen aber künftig bis zu 100 Prozent versteuert werden, verkündete Kern am Donnerstag via "Wirtschaftsblatt".

Grund: Vergangenes Jahr mussten die ÖBB u.a. wegen der Freifahrten 300 Millionen Euro an Steuern nachzahlen. "Ohne die neue Lösung hätten wir wieder zahlen müssen", so Kern.

Spitzenverdiener zahlen bis zu 800 Euro
Die steuerfreien Freifahrten, um die seit 2005 gestritten wird, werden nun in mehreren Schritten abgeschafft: Die rund 42.500 aktiven ÖBB-Mitarbeiter müssen die Gratis-Jahreskarten zu 20 Prozent versteuern, ihre Familienmitglieder hingegen ab dem nächstem Jahr zu 100 Prozent. Das liegt daran, das bei den Aktiven die Jahreskarte ein fixierter Vertragsbestandteil ist und andernfalls die Gehälter erhöht werden müssten.

Auch die mehr als 70.000 ÖBB-Pensionisten müssen die Karte für heuer rückwirkend zu 20 Prozent, ab 1. Juli dann zu 100 Prozent versteuern. Wer eine Rente im Spitzensteuersatz bezieht, muss dann bis zu 800 Euro für die Gratis-Karte zahlen; unterm Strich fahren die ÖBB-Rentner damit aber noch immer um ein Eckhaus billiger als Normalbürger.

Ab 2012 will die Bahn den Mitarbeitern dann eine Alternative zur Pauschalbesteuerung anbieten, bei der sie Einzelfahrten zur Versteuerung einreichen können. Laut derzeitigem Stand der Freikartenbesitzer sollte dem Fiskus dadurch ab 2012 ein Zuverdienst im zweistelligen Millionenbereich blühen.

Gewerkschaft tobt: "Loser-Geschäft"
Gewerkschaft und ÖBB-Senioren sind am Donnerstag auf die Barrikaden gestiegen. Belegschaftsvertreter Wilhelm Haberzettl sprach von einem "Loser-Geschäft", das Kern noch dazu vorzeitig und entgegen der Vereinbarung nicht mit dem Betriebsrat gemeinsam kommuniziert habe: "Da wird niemand Gewinner sein, weder die Finanzministerin noch der Personenverkehr." Haberzettl prophezeit Kern, dass viele ÖBBler ihre Freikarten zurückgeben werden. Schon jetzt würden aus Protest täglich Jahreskarten zurückgeschickt. Dann werde sich der Betrag für den Fiskus reduzieren.

Bei der Gelegenheit stieß der Eisenbahngewerkschafter auch Drohungen in Bezug auf die seit sechs Wochen andauernden Gehaltsverhandlungen aus. Frustig bzw. frostig sei das Klima zwischen Management und Gewerkschaft. Nächste Woche steht bereits die fünfte Runde an. Und laut Haberzettl "steuern wir auf einen Konflikt zu". Denn die Gewerkschaft wolle heuer "sicher nicht" unter der Inflationsrate abschließen und verlange eine Gehaltserhöhung für alle Eisenbahner. Das Problem aus Sicht des Betriebsrats: "Kern glaubt, wir kommen ihm so entgegen wie im Vorjahr." Damals habe man sich auf einen moderaten Lohnabschluss mit teilweiser Nulllohnrunde für Besserverdiener geeinigt.

Haberzettl droht mit Streiks
Noch einmal kommen Nulllohnrunden für Haberzettl aber nicht infrage: Angesichts der "enormen" Kosten für Managerabfertigungen und Beraterverträge sowie hoher Bonuszahlungen sei man "nicht bereit", erneut derartige Abstriche zu machen. Haberzettl jedenfalls stellt Kern die Rute ins Fenster: "Nächste Woche wird sich entscheiden, ob der Konflikt eskaliert oder ob es zu einem Abschluss kommt." Für den Fall, dass man sich nicht einigt, würden jetzt schon Betriebsversammlungen terminisiert.

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