Kandidatur aufrecht

Plassnik: “Habe den Schlusspfiff noch nicht gehört”

Österreich
07.06.2011 09:39
Ex-Außenministerin Ursula Plassnik wird ihre Kandidatur als OSZE-Generalsekretärin nach dem türkischen Veto gegen ihre Nominierung nicht zurückziehen. "Ich habe den Schlusspfiff in diesem Verfahren noch nicht gehört", erklärte Plassnik am Montagabend in der "ZiB 2".

Sie sei "milde verblüfft" gewesen, als sie von dem Veto erfuhr, so Plassnik. Es sei eine "überzogene Reaktion" der Türkei gewesen, und man tue sich als Partner hierbei "keinen Gefallen". Die Türkei müsse "selbst darauf bedacht sein, Anerkennung zu finden", so Plassnik.

Es gehe jetzt darum, eine "sachliche Begründung" von der Türkei zu verlangen. Ein Veto sei eine "sehr schwerwiegende Maßnahme", und Partner könnten hierbei erwarten, dass dieses "in der Sache begründet wird", betonte Plassnik weiter. Sie habe immer die österreichische Regierungshaltung vertreten. Zudem sei die Zeit der "Rache in der Diplomatie" vorbei. Es sei jetzt am litauischen Vorsitzenden, in diesem Verfahren die nächsten Schritte zu setzen.

Skeptischen Haltung zum EU-Beitritt der Türkei löste Veto aus
An sich wollte das derzeitige OSZE-Vorsitzland Litauen am Montag Plassnik als Kandidatin für den OSZE-Posten präsentieren. Allerdings hatte die Türkei am Wochenende erklärt, sie könne die Entscheidung nicht mittragen.

Laut Medienberichten hat sich Plassnik in Ankara vor allem wegen ihrer skeptischen Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei während ihrer Zeit als Außenministerin von 2004 bis 2008 unbeliebt gemacht. Beim EU-Außenministerrat in Luxemburg im Oktober 2005 hatte Plassnik den geplanten Beginn der Türkei-Beitrittsverhandlungen um ein Haar platzen lassen, da sie auf Verhandlungen über eine Alternative zur EU-Mitgliedschaft beharrte.

Italiener für OSZE-Posten vorgeschlagen
Litauen hat mittlerweile den Italiener Lamberto Zannier, Chef der UNO-Mission im Kosovo, für den Spitzenposten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vorgeschlagen. Plassnik erklärte hierzu, dass das Verfahren "schon noch einige Zeit lang dauern" werde und Österreich daran arbeiten werde, "ein Veto zu überwinden". Dies mache man auch in der Diplomatie, so die ehemalige Außenministerin. Es sei "keine Frage von Hoffen", sondern von "Realismus". Es müsse "Einstimmigkeit" zwischen den Mitgliedstaaten erzielt werden, so die ÖVP-Nationalratsabgeordnete in der "ZiB 2".

Türkei verortet "unethisches politisches Spiel"
Indes sieht sich die Türkei von Österreich und dem OSZE-Vorsitz Litauen ungerecht behandelt. Wie die regierungsnahe Zeitung "Zaman" unter Berufung auf einen hochrangigen Diplomaten in Ankara schreibt, werde seit Beginn des Auswahlverfahrens "ein unethisches politisches Spiel gespielt (...), um die türkische Kandidatur zu verhindern".

So habe Österreich mit der Kandidatur Plassniks "die Regelung, wonach das Gastland keinen Kandidaten stellen kann, missachtet". Auch der amtierende OSZE-Vorsitz Litauen habe "in diesem Prozess bewusst oder unbewusst grobe Fehler gemacht", kritisierte der Diplomat laut einer Aussendung von "Zaman Österreich". So sei es nicht richtig gewesen, Plassniks Kandidatur zu bestätigen, während noch Gespräche mit Wien und Ankara liefen.

Tatsächlich sei der türkische Diplomat Ersin Ercin in der Liste der Kandidaten an erster Stelle gestanden, doch seien dann die armenischen und griechischen Vetos "als Vorwand genommen" worden, um den Italiener Lamberto Zannier vorzuziehen. Dabei hätten Armenien und Griechenland lediglich erklärt, dass sie Ercin aufgrund politischer Probleme nicht unterstützen können. "Der Begriff Veto wurde zunächst durch Österreich und anschließend durch manch andere EU-Länder absichtlich verbreitet." Damit seien Länder, die Ercin unterstützen wollten, davon abgebracht worden.

Übereinkunft mit Österreich soll es nie gegeben haben
"Zaman" berichtete weiter unter Berufung auf Quellen aus dem türkischen Präsidialamt, dass es nie eine Übereinkunft darüber gegeben habe, dass Österreich und die Türkei ihre jeweiligen Kandidaten nicht mit einem Veto behindern. Die türkische Haltung sei auch nicht gegen Österreich gerichtet, "sondern gegen Plassnik". Diese sei nämlich "weder für die Türkei noch für die OSZE eine geeignete Kandidatin", weil sie "klar gegen den EU-Beitritt der Türkei ist und auch gegen die OSZE-Prinzipien agiert".

Mit Ercin habe die Türkei "einen sehr starken Kandidaten aufgestellt", heißt es in dem "Zaman"-Artikel weiter. Die OSZE verliere derzeit nämlich gerade im eurasischen Raum an Stärke. Nun werde gerade ein Kandidat blockiert, "der eigentlich neuen Schwung, Dynamik und Stärke in das Gebiet gebracht hätte", heißt es mit Blick auf die geostrategische Position Ankaras als Regionalmacht an der Schnittstelle zwischen Europa, dem Kaukasus und Zentralasien.

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