Pilotprojekt

Zentrales Speichern aller Rezepte: E-Medikation startet

Österreich
29.03.2011 11:17
Das Thema Arzneimittelsicherheit in Österreich macht Fortschritte: In den kommenden Wochen startet in drei Bundesländern das Pilotprojekt zum Thema E-Medikation. In einer zentralen Datenbank sollen alle Medikamente erfasst werden, die Patienten verschrieben bekommen. Aber auch rezeptfreie Arzneien werden vermerkt. Ab nächstem Jahr könnte das System dann österreichweit eingeführt werden.

Durch die E-Medikation soll eine elektronische Prüfung auf mögliche Wechselwirkungen und Mehrfachverschreibungen an allen beteiligten Stellen möglich werden. "Wir haben heute einen ganz entscheidenden Tag", sagte Gesundheitsminister Alois Stöger am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. "Wir machen mit der E-Medikation den Einstieg in die Gesundheitstelematik und in die elektronische Gesundheitsakte. Österreich ist hier in einer Pionierrolle in der EU", so der Minister.

Etwa Mitte April wird es in Wien-Floridsdorf und Wien-Donaustadt, in Wels-Stadt, Wels-Land, Grieskirchen und Eferding sowie in Tirol in den Bezirken Reutte, Imst und Landeck mit rund 500.000 Krankenversicherten losgehen. Als sogenannte Abwickler werden rund 100 niedergelassene Ärzte, etwa 50 Apotheken und sechs Krankenanstalten teilnehmen.

Patient muss Zustimmung geben
Die Patienten können mit einer einfachen schriftlichen Einverständniserklärung beim Arzt oder Apotheker die Zustimmung zur Teilnahme geben. Dadurch wird bei jeder Neuverschreibung von rezeptpflichtigen Arzneimittel - durch welchen Arzt auch immer - eine elektronische Prüfung auf mögliche Wechselwirkungen möglich. Dies kann auch bei Verschreibungen durch den Hausarzt und begleitend durch Fachärzte erfolgen. In den Apotheken können dann zusätzlich gekaufte rezeptfreie Arzneimittel ebenfalls gespeichert und auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen eingenommenen Arzneien getestet werden.

Der Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, ist von den Vorteilen des Systems überzeugt: "Das ist ein historisches Projekt. Die lückenlose Erfassung der durch den Arzt verschriebenen Arzneimittel sowie die Prüfung der rezeptpflichtigen und nicht rezeptpflichtigen Medikamente ist ein Durchbruch. Es geht um das Problem der Wechselwirkungen und der Mehrfachverschreibungen. Es gibt mehr Sicherheit für den Patienten und den behandelnden Arzt."

Landesrat erhofft sich Einsparpotenzial
"Mit der E-Medikation ist es möglich, ein wichtiges Projekt der Arzneimittelsicherheit anzugehen. Wir erwarten uns aber auch ein Kostendämpfungspotenzial", sagt der Chef des Projektleitungssausschusses, der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg. Mehrfachverschreibungen gleichartiger Arzneimittel durch verschiedene Ärzte könnten schon bald der Vergangenheit angehören.

Die Daten werden nicht auf der E-Card gespeichert. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Walter Dorner: "Das Ziel der Erfassung und zentralen Speicherung der individuellen Medikamentendaten ist die Patientensicherheit." Werde eine Medikation wieder abgesetzt, würden die Informationen nach sechs Monaten gelöscht. Vorerst gebe es allerdings noch Probleme mit der Installierung der Software.

Rund 120 Millionen Rezepte pro Jahr
Bei einer österreichweiten Einführung ginge es laut Dorner um ein Riesenprojekt, da pro Jahr von Kassenärzten rund 120 Millionen Rezepte ausgestellt werden. Patienten können ihre Teilnahme übrigens auch individuell einschränken, indem sie nicht alle Arzneimittel in die E-Medikation aufnehmen lassen. Das wiederum könnte - so Dorner - sicherheitsrelevante "Lücken" entstehen lassen. Eine Haftung könnten die Ärzte damit nicht voll übernehmen.

Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Heinrich Burggasser, verwies darauf, dass die Apotheker in Salzburg bereits im Jahr 2006 ihr Vorläuferprojekt "Arzneimittel-Sicherheitsgurt" getestet hätten. Daraus wäre jetzt die E-Medikation entstanden: "Das Problem war bisher, dass der verschreibende Arzt nicht gewusst hat, was ein anderer Arzt bereits verschrieben hat." In den drei Bundesländern wird zumindest eine Beteiligung von zehn Prozent der dort lebenden Krankenversicherten angestrebt.

Das Pilotprojekt soll über neun Monate laufen. Dann erfolgt eine Evaluierung. Laufend soll die entwickelte Software optimiert werden. Die Kosten betragen rund 3,5 Millionen Euro. Wenn alles gut läuft, könnte die E-Medikation dann im dritten Quartal 2012 dann langsam auf ganz Österreich ausgeweitet werden.

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