AKWs unter der Lupe

EU folgt Forderung von Berlakovich nach “Stresstests”

Ausland
15.03.2011 18:20
Die EU hat die Forderung von Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich nach europaweiten "Stresstests" für Atomkraftwerke aufgegriffen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger kündigte nach einem Sondertreffen mit Ministern und Spitzenbeamten am Dienstag an, es habe eine "einvernehmliche Zustimmung" für Tests europäischer Kernkraftwerke in den Mitgliedstaaten gegeben. Oetttinger sprach von einem "großen Fortschritt".

Man könne von gemeinsamen Standards für die Tests und von gemeinsamen Prüfkriterien für die Risikoüberprüfung im Lichte der Erkenntnisse in Japan ausgehen. Die EU werde die Tests durchführen, sobald sie über die Kriterien und dem Umfang einig sei. Als geplanten Zeitraum für die Stresstests kündigte Oettinger das zweite Halbjahr an. Nach geltendem Recht seien die Tests freiwillig.

"Die Stresstests sind ein echter Schritt hin zu Europäisierung", sagte der deutsche EU-Kommissar. Damit würden erstmals unabhängig von der Verantwortung der Energieunternehmen und nationalen Kontrollbehörden europäische Standards zur Risikoüberprüfung bestehender Atomkraftwerke gesetzt. "Möglicherweise wird dadurch zu einem späteren Zeitpunkt europäisches Recht ableitbar", sagte Oettinger. Die Autorität der Stresstests und Experten sei so hoch, dass jeder im Rahmen seiner rechtlichen Verantwortung auch Konsequenzen ziehe.

Der Energiemix - also der Anteil der Atomkraft und anderer Energieformen - bleibe weiter in der nationalen Zuständigkeit, sagte der EU-Kommissar. Oettinger will auch anderen europäischen Ländern wie der Schweiz und Russland anbieten, sich an den gemeinsamen Stresstests zu beteiligen.

Berlakovich: "Voller Erfolg"
Niki Berlakovich sprach am Dienstagabend von einem "vollen Erfolg". "Ich bin sehr zufrieden. Meine Forderung nach Stresstests hat sich durchgesetzt", so Berlakovich. Sollten die Tests ergeben, dass dann einige der 143 AKWs in der EU dabei durchfallen, dann "müssen sie meiner Meinung nach abgeschaltet werden".

Jedenfalls seien die Stresstests ein "Beweis, dass Österreich Europa bewegen kann". Der Atomlobby "muss auch klar sein, dass das kein Freibrief für Kernkraftwerke ist. Das Ziel für Europa muss lauten, raus aus dem Atom. Das erwarten sich die Menschen, dazu gibt es keine Alternative".

Berlakovich hatte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" einen Stresstest bei Atomkraftwerken gefordert. Mit diesem Test müsse - in Anlehnung an die Bankenstresstests während der Finanzkrise - die Sicherheit der europäischen Kernkraftwerke, auch in Bezug auf mögliche Erdbeben, überprüft werden.

Deutschland legt Laufzeitverlängerung auf Eis
In Deutschland will die Bundesregierung innerhalb der nächsten drei Monate eine umfassende Sicherheitsüberprüfung aller Atomkraftwerke vornehmen. Dafür wurde die im Vorjahr beschlossene AKW-Laufzeitverlängerung auf Eis gelegt. Jedenfalls wird es schon heuer mehrere AKW-Abschaltungen geben. Der bayerische Umweltminister Markus Söder kündigte an, auch das von österreichischen Atomgegnern besonders vehement bekämpfte AKW Isar 1 bei München noch heuer "vom Netz" nehmen zu wollen. Isar 1 befindet sich in Niederaichbach im Landkreis Landshut knapp 100 Kilometer von der österreichischen Grenze.

Atomdebatte in Europa neu entfacht
Die Schweizer Regierung setzte Pläne zum Bau neuer AKWs vorerst aus und ordnete eine Sicherheitsüberprüfung der bestehenden Meiler an. Auch in Ungarn wurden Sicherheitsüberprüfungen angekündigt. In Frankreich, Estland und Finnland begann eine innenpolitische Debatte über den Atomausstieg, während Frankreich, Tschechien und Bulgarien die Sicherheit der bestehenden AKWs betonten. Spanien warnte vor übereilten Reaktionen der EU. "Wir sollten uns bei den Entscheidungen über die Nutzung der Kernenergie nicht von besonderen Vorkommnissen wie in Japan leiten lassen", sagte die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado in Brüssel. International bekräftigten Russland, China und die Türkei ihr Festhalten an ehrgeizigen AKW-Plänen.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele