Isar 1 fährt runter

Merkel: Sieben alte AKWs gehen sofort vom Netz

Ausland
15.03.2011 12:53
Als Konsequenz aus der Atomkatastrophe in Japan und des am Montag verkündeten Laufzeit-Moratoriums wird die deutsche Bundesregierung nun tatsächlich alle älteren Atomkraftwerke sofort abschalten lassen. Insgesamt geht es um sieben Meiler, damit wird auch das umstrittene AKW Isar 1 an der Grenze zu Österreich heruntergefahren. Die anderen zehn deutschen Kernkraftwerke sollen während der am Montag angekündigten Sicherheitsüberprüfung in den kommenden Monaten am Netz bleiben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatten am Montag angekündigt, dass die im vorigen Herbst von der schwarz-gelben Koalition in Deutschland durchgesetzte Verlängerung der Laufzeiten für drei Monate ausgesetzt, die Atomkraftwerke auf ihre Sicherheit überprüft würden. Bis zum 15. Juni sollen alle Fragen beantwortet werden. Dann wird entschieden, welche AKWs wie lange am Netz bleiben.

Auf die Frage, ob mit dem Entschluss nun auch Atomkraftwerke vom Netz müssten, die ihre Reststrommengen nach dem alten rot-grünen Ausstiegsbeschluss bereits aufgebraucht hätten, sagte Merkel schon am Montag: "Das wäre die Konsequenz, ja. Sonst wäre es ja kein Moratorium." Für die Inkraftsetzung des Moratoriums müsse  das Gesetz laut Merkel nicht geändert werden. Zum Zeitpunkt der Abschaltung sagte die Kanzlerin am Montag noch: "Ich würde mal sagen, wenn wir mit den Kernkraftwerks-Betreibern gesprochen haben." Das ging offenbar recht schnell. 

Am Dienstag verkündete die deutsche Bundeskanzlerin nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Atomkraftwerken die praktisch sofortige Abschaltung der sieben AKWs, die vor 1980 ans Netz gingen. An dem Treffen nahmen auch die Minister für Umwelt und Wirtschaft, Norbert Röttgen und Rainer Brüderle, teil. Brüderle betonte, es gebe auch ohne die sieben Anlagen eine hinreichende Versorgungssicherheit in Deutschland. Wie lange die AKWs abgeschaltet bleiben, blieb offen. Röttgen sagte, er gehe generell davon aus, dass ein während des Moratoriums abgeschalteter Meiler gar nicht wieder ans Netz gehe.

Umstrittenes AKW Isar 1 so gut wie stillgelegt
Neben den Meilern Biblis A und B, Neckarwestheim, Brunsbüttel, Unterweser und Philippsburg 1 wird die Abschaltung nun definitiv das bayerische AKW Isar 1 treffen, gegen das in Österreich heftigst protestiert wird. Isar 1 hätte nach den ursprünglichen Atomausstiegsplänen der früheren deutschen Bundesregierung in diesem Jahr ohnehin außer Betrieb genommen werden sollen.

Die Landtags-FDP in Bayern verlangte im Schatten der Japan-Störfälle am Montag eine möglichst schnelle Abschaltung des 1977 ans Netz gegangenen Reaktors, Bayerns Umweltminister Markus Söder wollte das umstrittene AKW ebenfalls abschalten. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer betonte in einer Mitteilung: "Maximale Sicherheit hat Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen."

Isar 1 liegt in Niederaichbach im Landkreis Landshut keine 100 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Daher hatte es auch in Österreich zuletzt vehemente Forderungen gegeben, das AKW stillzulegen. "Wir wollen ein sicherheitstechnisches Aufrüsten oder die Abschaltung", sagte beispielsweise Umweltminister Nikolaus Berlakovich. Es handle sich um einen alten Reaktor. Bei einem möglichen Unfall - über Isar 1 verläuft die Einflugschneise zum Flughafen München - könnte Radioaktivität über die Isar zur Donau und damit auch nach Österreich gelangen. Berlakovich ist bei Atomgegner allerdings in der Kritik, weil er eine von deutschen und österreichischen Steuerzahlern finanzierte Studie über Isar 1 auf Druck der Deutschen unter Verschluss halten soll.

100.000 Menschen bei Mahnwachen
Am Montagabend haben nach Veranstalterangaben deutschlandweit mehr als 100.000 Menschen mit Mahnwachen für den Ausstieg aus der Atomenergie demonstriert. Die Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" erklärte in Hamburg, in 450 Städten hätten sich Menschen zusammengefunden, um die Stilllegung der Atomkraftwerke zu fordern. Hunderte Menschen demonstrierten zudem in Berlin vor dem Bundeskanzleramt, darunter auch die gesamte Führung von SPD, Grünen und Linken.

Die Katastrophe in Japan hatte im besonders atomkritischen Deutschland seit dem Wochenende für beträchtliche Unruhe gesorgt. Seit Jahrzehnten gibt es eine starke Anti-Atombewegung. Die jetzigen Oppositionsparteien SPD und Grüne hatten im Jahr 2000 einen Atomausstieg durchgesetzt. Danach sollte jeder Reaktor nur noch eine Strommenge produzieren dürfen, die einer Gesamtlaufzeit von 32 Jahren entspricht. Die ältesten der noch 17 deutschen Kernkraftwerke hätten daher schon abgeschaltet werden müssen, wenn Merkels seit 2009 regierende christlich-liberale Koalition das Atomgesetz nicht wieder geändert hätte.

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