Auf Juni verschoben

Prozess gegen Ex-Präsident Jacques Chirac vertagt

Ausland
08.03.2011 14:37
Der Prozess gegen den französischen Altpräsidenten Jacques Chirac ist nach nur einem Tag vertagt worden. Der Vorsitzende Richter Dominique Pauthe sprach sich am Dienstag dafür aus, das Verfahren gegen den 78-Jährigen und neun Mitangeklagte um den 20. Juni fortzusetzen. Chirac ist angeklagt, weil er in den 90er-Jahren als Bürgermeister von Paris Scheinarbeitsstellen eingerichtet und Günstlingen so Geld der Stadt zugeschanzt haben soll.

Der Richter gab am Dienstag einer Verfassungsfrage der Verteidigung statt, die nun geprüft werden soll. Der Anwalt eines der neun Mitangeklagten sieht bestimmte Anklagepunkte als verjährt an und stellt deshalb die Verfassungsmäßigkeit des Prozesses infrage. Inhaltlich geht es um die Verjährung von Straftaten, wenn zwei Verfahren zusammengelegt werden.

Darüber muss nun das Kassationsgericht, die höchste juristische Instanz Frankreichs, entscheiden, das dafür theoretisch drei Monate Zeit hat. Es kann die Frage dann an den Verfassungsrat - in dem auch Chirak einen Sitz hat, den er allerdings während des Prozesses nicht wahrnimmt - weiterreichen, der sich ebenfalls drei Monate lang damit befassen kann. Das Gericht wolle aber nicht so lange warten und peile den 20. Juni für eine Fortsetzung an, sagte Pauthe.

Ex-Präsident erschien nicht vor Gericht
Chirac, der seit Prozessbeginn am Montag nicht persönlich vor Gericht erschienen ist, muss nun auch nicht wie geplant am Mittwoch im Gerichtssaal erscheinen. Im Vorfeld des Verfahrens hatte es Zweifel gegeben, ob Chirac den Prozess gesundheitlich durchstehen könnte. Der Altpräsident wirkte in den vergangenen Monaten müde und kränklich, selbst seine Frau Bernadette gab zu, er sei "nicht mehr ganz der Alte". Alzheimer habe ihr Mann jedoch nicht, betonte die frühere First Lady im Jänner, als das Gerücht aufkam.

Chirac war von 1977 bis zu seiner Wahl zum Staatspräsidenten 1995 Bürgermeister der französischen Hauptstadt. Zum Ende seiner Amtszeit Anfang der 90er-Jahre soll er zusammen mit ehemaligen Mitarbeitern 28 nur auf dem Papier bestehende Stellen über das Rathaus abgerechnet haben. Unter anderem bezahlte die Stadt Paris auch Parteifreunde des Bürgermeisters, die bei seiner konservativen RPR-Partei seinen Wahlkampf vorbereiteten.

Chirac und Partei zahlten Paris Entschädigung
Die Stadt Paris, auf deren Kosten die Scheinstellen gingen, hatte bereits im vergangenen Jahr ihre Klage zurückgenommen. Sie einigte sich mit ihrem früheren Bürgermeister und der konservativen Regierungspartei UMP - in der Chiracs RPR im Jahr 2002 aufgegangen war - auf eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 2,2 Millionen Euro.

Es ist das erste Mal, dass ein Verfahren gegen einen französischen Ex-Präsidenten eröffnet wurde. Die Anti-Korruptionsorganisation Anticor, die als Nebenkläger auftritt, hatte bereits vor der Entscheidung auf die politische Dimension des Prozesses hingewiesen. "Man hat keine Lust, einen ehemaligen Präsidenten der Republik zu verurteilen. Man erkennt gut, um welche politischen Themen es eigentlich geht", sagte der Anwalt Jerome Karsenti.

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