"Juden-Sache"

Assange wittert Verschwörung jüdischer Reporter

Ausland
02.03.2011 12:12
WikiLeaks-Gründer Julian Assange sorgt erneut mit einer Tirade über eine angebliche Verschwörung gegen ihn und seine Organisation für Aufsehen. Diesmal redete sich der 39-Jährige in einem Gespräch mit einem britischen Magazin aber in ein ganz neues Fahrwasser. Er beschwerte sich per Telefon über ein Komplott jüdischer Journalisten gegen ihn.

Das britische Magazin "Private Eye" - ein seit 50 Jahren erscheinendes Satiremagazin, das jedoch auch ernsthafte Berichterstattung über aktuelle Themen umfasst - hat in seiner vergangenen Ausgabe über einen umstrittenen WikiLeaks-Mitarbeiter berichtet, nämlich den russisch-israelischen Schriftsteller Israel Schamir, der mit antisemitischen Schriften und als Holocaust-Leugner Schlagzeilen macht. Für Assanges Enthüller-Plattform wertet er Dokumente aus und verbreitet diese. Dabei wurde er von russischen Reportern wiederholt der Fälschung beschuldigt.

"Vergiss die Juden-Sache"
Nach dem kritischen Artikel über Schamirs Aktivitäten für WikiLeaks erhielt "Private Eye"-Herausgeber Ian Hislop einen Anruf von Assange. "Er sagte, Private Eye und ich sollten uns schämen, weil wir an der internationalen Verschwörung für eine Schmierenkampagne gegen WikiLeaks teilnehmen", schreibt Hislop laut dem britischen "Guardian" in der aktuellen Ausgabe des Magazins. Assange habe ihm vorgeworfen, mit dem Artikel jüdische WikiLeaks-Unterstützer und -Spender vergrämen zu wollen.

"Private Eye" sei zudem Teil einer Verschwörung, angeführt vom "Guardian" inklusive dessen Journalisten David Leigh und Chefredakteur Alan Rusbridger sowie dem Anti-Zensur-Aktivisten John Kampfner, "die allesamt Juden sind", so Assange laut Hislop. Als Hislop ihn darauf hinwies, dass Rusbridger nicht jüdischen Glaubens sei, habe Assange gemeint, der "Guardian"-Chefredakteur sei "mehr oder weniger Jude", weil er mit Leigh verschwägert ist. "Als ich ihn dann darauf hinwies, dass seine Theorie einer jüdischen Verschwörung nicht mit den Fakten zusammenpasse, meinte er plötzlich: 'Vergiss die Juden-Sache'", berichtet Hislop weiter.

Assange hat die Vorwürfe Hislops am Mittwoch via Twitter umgehend als "frei erfunden" dementiert. Der Bericht, wonach er von einer "jüdischen Verschwörung" gesprochen habe, sei falsch (laut "Guardian"-Artikel konfrontierte allerdings Hislop Assange mit dem Ausdruck). "Wir schätzen den starken Rückhalt von jüdischen wie auch arabischen Unterstützern", so der WikiLeaks-Gründer.

Zeitungen wendeten sich von Assange ab
Neben dem britischen Guardian berichtete am Mittwoch auch die "New York Times" über Assanges mutmaßlichen verbalen Ausfall. Der WikiLeaks-Gründer hatte ursprünglich mit den beiden renommierten Zeitungen exklusive Arbeitsvereinbarungen getroffen. Die "Afghan Warlogs" und das Irak-Video "Collateral Murder" wurden den Blättern vorab zur Verfügung gestellt. Bereits vor der Veröffentlichtung der "Cablegate"-Dokumente überwarf sich Assange jedoch mit der New York Times, nachdem die Zeitung sich in der Berichterstattung auch WikiLeaks selbst widmete und kritische Kommentare von WikiLeaks-Gegnern abdruckte. Die US-Botschaftsdepeschen bekam die "NYT" nur, weil der "Guardian" sie entgegen Assanges "Befehl" mit ihr teilte.

Als der "Guardian" dann über die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Assange berichtete und dabei auch aus den vertraulichen Vernehmungsprotokollen der schwedischen Polizei zitierte, wurde auch das britische Blatt eine "Zeitung non grata" bei Assange und fortan der Verschwörung bezichtigt. Der vorläufige Höhepunkt im Streit Assanges mit den beiden Blättern markierte Ende Jänner eine Reportage der "New York Times", in der Chefredakteur Bill Keller schonungslos die Hinterzimmertreffen mit Assange offenlegt und den WikiLeaks-Gründer als machtbesessenen Egozentriker porträtiert, dem die weltweite Aufmerksamkeit zu Kopf gestiegen ist.

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