EuGH-Urteil

Versicherungen diskriminieren mit “Frauen-Malus”

Ausland
01.03.2011 16:44
Versicherungen müssen künftig einheitliche Tarife für Frauen und Männer anbieten. Das hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg entschieden. Unterschiedlich hohe Prämien diskriminierten Frauen und seien deswegen ungültig. Die Versicherungsbranche müsse bis spätestens 21. Dezember 2012 Unisex-Tarife anbieten.

Im konkreten Fall hat ein belgisches Gericht die höchsten EU-Richter um Prüfung der Ausnahmebestimmung gebeten. Zwar ist die Gleichbehandlung von Männern und Frauen ein Grundsatz des EU-Rechts, doch bisher gibt es bei Versicherungen Ausnahmeklauseln dafür. Wegen der höheren statistischen Lebenserwartung zahlen Frauen zum Beispiel höhere Beiträge für private Rentenversicherungen. Umgekehrt bezahlen Frauen weniger für die Kfz-Versicherung, weil sie weniger Unfälle verursachen.

Gleichstellungsrichtline verletzt
Die Richter (Rechtssache C-236/09) setzten nun eine Frist für das Auslaufen dieser Regeln. Das Prozedere laufe "der Verwirklichung des Ziels der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuwider und ist daher nach Ablauf einer angemessenen Übergangszeit als ungültig anzusehen", urteilten die Richter. Die EU habe sich das Ziel gesetzt, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern.

Das Gericht verwies auf die EU-Gleichstellungsrichtlinie von 2004, die geschlechtsneutrale Prämien schon von 2007 an verlange und eine Überprüfung nach fünf Jahren - also Ende 2012 - vorsehe. Ausnahmen seien nur erlaubt, wenn das Geschlecht ein "bestimmender Risikofaktor" ist und dies durch mathematische und statistische Daten untermauert werden kann.

Versicherer drohen mit höheren Prämien
Die Versicherungswirtschaft hat bereits vor Tariferhöhungen gewarnt. Im Schnitt würden die Beiträge steigen, weil der Geschlechtermix als neues Risiko in die Kalkulation eingehe. Verbraucherschützer begrüßen dagegen Unisex-Tarife und sehen keinen Anlass für steigende Prämien.

Urteil auch auf Altverträge anwendbar?
Ob auch bestehende Altverträge künftig ungültig sind, ließen die Richter in dem Urteil offen. Klar ist, dass nach dem Stichtag keine Neuverträge mit Ausnahmeklausel mehr erlaubt sind. "Auch in nächster Zeit sollten Versicherte keine Neuverträge mehr mit dieser Klausel abschließen", sagte ein Gerichtssprecher. Auch Verbraucherschützer raten unterdessen, laufende Versicherungen nicht vorzeitig zu kündigen, da für jeden neuen Vertrag Abschlusskosten anfielen und die neuen Tarifstrukturen noch nicht feststünden.

"Alle Verbraucher müssen gleich behandelt werden", kommentierte EU-Justizkommissarin Viviane Reding das Urteil und sprach von einem "historischen Moment". Die EU habe sich das Ziel gesetzt, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Reding kündigte ein Treffen mit Vertretern großer Versicherungen an, um die Auswirkungen des Urteils zu erörtern.

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