Mühsamer Prozess

Grazer Lehrer von Vorwurf des Mordes freigesprochen

Steiermark
10.02.2011 07:55
Im Grazer Straflandesgericht ist am Donnerstag ein Lehrer vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden. Der Pädagoge wurde beschuldigt, im November 2003 einen Pensionisten durch Messerstiche getötet zu haben. Für die Tat war bereits 2004 ein Türke verurteilt worden, der allerdings Jahre später den Lehrer beschuldigte. Die Entscheidung der Geschworenen war denkbar knapp: Vier zu vier Stimmen bedeutete einen Freispruch. Der Angeklagte wurde sofort enthaftet. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Nachdem der Türke seinerzeit sein Geständnis widerrufen und den Lehrer beschuldigt hatte, wurde letzterer dann im Mai 2010 von den Geschworenen für schuldig befunden, doch die Richterin nahm damals die Entscheidung nicht an. Die nunmehrige Verhandlung begann im Oktober und wurde immer wieder unterbrochen. Der letzte Verhandlungstag gestaltete sich mühsam, da allein fünf Stunden lang nur die Aussagen des jungen Türken, der im Jahr 2009 Selbstmord begangen hatte, verlesen wurden.

Staatsanwältin: Lehrer ein "religiöser Fanatiker"
Staatsanwältin Barbara Schwarz bezeichnete den Lehrer einmal mehr als "religiösen Fanatiker" der Zeugen Jehovas. Er soll den Türken zu der Tat angestiftet haben, weil der Pensionist seine Religion beleidigt hatte. Der junge Mann hatte in seiner eigenen Verhandlung 2004 die Tat gestanden. Später erklärte er, er habe den Pensionisten nur mit einem Messer verletzt, dann soll der Lehrer zugestochen haben. Anschließend wurde der Leiche der Daumen abgetrennt und in den Mund gesteckt. Dass der Tote auch noch mit einer Türschnalle geschändet wurde, sollte eine falsche Spur zu einer sexuell motivierten Tat legen, so die Staatsanwältin. Die Anklägerin gab auch der Überzeugung Ausdruck, dass für die "Nachtathandlungen", also das Zurichten der Leiche und verwischen der Spuren, eine "gewisse Intelligenz" nötig gewesen wäre, über die zwar der Lehrer, nicht aber der Türke verfügt habe.

Verteidiger: "Keine Grundlage für eine Verurteilung"
Verteidiger Gerald Ruhri meinte zum Motiv für eine falsche Beschuldigung seines Mandanten durch den Türken: "20 Jahre Gefängnis waren der Grund dafür." Seiner Meinung nach hatte der junge Mann die Tat nicht für Geld auf sich genommen. Er habe zwar 55.000 Euro von seinem Bekannten bekommen (laut Anklägerin ein Beweis für die Schuld des Lehrers), doch den Mord sehr wohl selbst begangen. Der Lehrer habe sich nur aus Mitleid um ihn gekümmert, so wie er sich um viele seiner Glaubensbrüder bei den Zeugen Jehovas gekümmert habe. "Die Sachbeweise geben keine Grundlage für eine Verurteilung", so der Anwalt.

Die Staatsanwältin entschuldigte sich am Ende noch dafür, dass "die Eitelkeiten der Prozessbeteiligten oft mehr im Mittelpunkt gestanden sind als der Fall selbst". Sie hatte mit dem Verteidiger und den Richtern mehrmals scharfe Auseinandersetzungen gehabt. Der Anwalt wollte nicht nachstehen, entschuldigte sich ebenfalls und gab der Anklägerin die Hand. "Gerne, ich möchte aber nicht Teil ihrer Show sein, Sie meinen das nicht ernst", zeigte diese sich von dieser Aktion wenig begeistert.

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