Reha als Quasi-Exil

Deutsche Politiker: Mubarak soll auf Kur kommen

Ausland
08.02.2011 22:51
Offiziell wird laut Washington und Berlin nicht einmal darüber diskutiert, trotzdem haben am Dienstag mehrere deutsche Politiker dafür geworben, dem ägyptischen Machthaber Hosni Mubarak ein Quasi-Exil in Deutschland, z.B. in Form eines Kuraufenthaltes, zu geben. "Die Bundesregierung sollte Mubarak diskret signalisieren, dass er nach Deutschland kommen kann, wenn er das will", meinte der CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok.

Seit vergangener Woche gibt es Gerüchte über eine derartige "Exit-Strategie" für den unter massiven Druck geratetenen Staatspräsidenten Ägyptens. Dadurch würde er sein Gesicht wahren und vorerst Präsident bleiben, während in Ägypten trotzdem eine Demokratiereform begonnen werden kann. "Wenn das ein Weg ist, den Übergang in Ägypten friedlich zu gestalten, dann sollte man das machen", so Brok gegenüber der "Frankfurter Rundschau"

Brok erinnerte daran, dass der gestürzte georgische Präsident Eduard Schewardnadse im Jahr 2003 ein ähnliches Angebot erhalten habe. Schewardnadse ging darauf aber nicht ein. Der ägyptische Präsident hatte sich zuletzt im vergangenen Jahr für eine Operation an der Gallenblase in der Universitätsklinik Heidelberg (Bild) aufgehalten.

"Längere Reha-Phase" statt Polit-Asyl
Ähnlich wie Brok äußerten sich am Dienstag auch Politiker der schwarz-gelben Koalition. Allerdings schlugen sie nur vor, Mubarak eine medizinische Untersuchung in Deutschland zu gewähren, auf die eine längere Reha-Phase folgen könne. Damit würde verhindert, dass Mubarak sich in offiziellem Exilstatus in Deutschland aufhielte. Der FDP-Außenpolitiker Rainer Stinner befand einen Aufenthalt aus medizinischen Gründen "in Ordnung", ein Exil in Deutschland hingegen "wäre sehr problematisch". Für Mubarak gebe es andere mögliche Aufnahmeländer. "Wir müssen uns da nicht vordrängeln", mahnte Stinner. Zudem müssten zunächst Vorwürfe geklärt werden, wonach Mubarak Milliardenwerte in Deutschland gebunkert haben soll.

Entsprechende Signale gibt es nicht nur aus der Regierungskoalition. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Rolf Mützenich, bezeichnete eine Aufnahme des ägyptischen Präsidenten zu einer medizinischen Behandlung in Deutschland ebenso als "vorstellbar". "Das darf aber nicht bedeuten, dass Mubarak vor einer rechtlichen Verfolgung geschützt ist", fügte er hinzu.

Menschenrechtsaktivisten drohen mit Klagen
Sollte Mubarak nach Deutschland kommen, drohen Menschenrechtsaktivisten aber bereits mit Klagen. Der Generalsekretär des European Center For Constitutional and Human Rights, Wolfgang Kaleck, sagte: "Man muss davon ausgehen, dass in Ägypten in den letzten Jahrzehnten massiv gefoltert wurde und dass das unter Mubaraks rechtlicher Verantwortung geschah."

Gemäß des Völkerstrafgesetzbuches seien die deutschen Behörden verpflichtet, eine Strafverfolgung aufzunehmen, wenn Verdächtige sich in Deutschland aufhielten. Kaleck hatte bereits mit seiner Strafanzeige gegen den früheren US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für Furore gesorgt.

Regierungen dementieren Sondierungsgespräche
Von offizieller Seite – die Pläne über ein Ausstiegsszenario mit Deutschland hatte vergangene Woche erstmals die "New York Times" in einem Bericht lanciert – gab es bisher jedoch nur Dementis. Weder Ägypten oder die USA haben nach Angaben der deutschen Bundesregierung weder offiziell noch inoffiziell eine Aufnahme Mubaraks in Deutschland sondiert. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag in Berlin, das Thema habe auch bei den Gesprächen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Außenministerin Hillary Clinton am Wochenende in München keine Rolle gespielt. Damit gebe es für die Regierung keinen Anlass, sich mit der Frage zu befassen, ob Mubarak zu einer medizinischen Behandlung nach Deutschland kommen könne.

Auch Ägyptens Vizepräsident Omar Suleiman äußerte sich zurückhaltend. Mubarak sei "bei guter Gesundheit", sagte Suleiman am Dienstagabend gegenüber staatlichen ägyptischen Medien. Es gebe "keinerlei Abkommen" mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Mubarak zur medizinischen Behandlung nach Deutschland zu schicken und damit möglicherweise eine Machtübergabe vorzubereiten. Zugleich kritisierte Suleiman die "ausländische Einmischung" in die innere Angelegenheit Ägyptens. Internationaler Druck sei eine "Einladung zu mehr Chaos", sagte der Vizepräsident.

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