Knapp und umkämpft

Gerangel um Rohstoffe wird Jahr 2011 prägen

Ausland
29.12.2010 09:59
Baumwolle, Weizen und Kakaobohnen, Scandium, Yttrium und Lanthan - Rohstoffe, aus denen so alltägliche Dinge wie unsere Kleidung, unser Frühstück sowie unsere Handys und Computer bestehen, werden im kommenden Jahr 2011 zu einem der wichtigsten Industrie- und Wirtschaftsthemen. Denn sie haben eines gemeinsam: Sie sind knapp, umkämpft und man kann mit ihnen mehr Geld denn je verdienen.

Banken und Spekulanten haben das Potenzial der Rohstoffe schon längst erkannt, z.B. als sie heuer im Sommer den wegen der russischen Waldbrände emporschießenden Weizenpreis zu ihrem Spielball machten. Hedgefonds, aber auch Pensionskassen und Staatsfonds haben den Rohstoffmarkt als lukratives Terrain für sich entdeckt. Die Hardcore-Spekulanten setzen dabei auf eine weitere Verknappung und noch höher steigende Preise.

Den Vogel schoss heuer ein britischer Hedgefonds ab, der auf einen Schlag sieben Prozent der weltweiten Ernte an Kakaobohnen gekauft und eingelagert hat, um sie mit sattem Gewinn an Schokolade-Produzenten zu verkaufen. "Schokolade bald teurer als Gold", lauteten daraufhin die Schlagzeilen.

Mittlerweile versprechen sich aber auch klassische Banken vom Handel mit Rohstoffen noch bessere Geschäfte. Die US-Großbank JP Morgan kaufte für 1,7 Milliarden Dollar große Teile des Rohstoffhändlers RBS Sempra - und schnappte ihn der Deutschen Bank vor der Nase weg.

Viele Rohstoffpreise auf Rekordhoch
Zum Ende des Jahres 2010 sind die Preise für einige Rohstoffe jedenfalls so hoch wie nie. Besserung ist auch 2011 nicht in Sicht: Der Wirtschaftsboom wird den Kampf nach Einschätzung von Experten eher noch verschärfen. "Solange die Konjunktur so weiter läuft, werden auch die Rohstoffpreise steigen", prophezeit Analyst Eugen Weinberg von der deutschen Commerzbank.

Zum Beispiel die Bekleidungsindustrie sieht sich wegen der Preisentwicklung für ihren wichtigsten Rohstoff Baumwolle vor massiven Problemen. Seit 2008 hat sich der Preis mehr als verdoppelt, die Ernte fiel im heurigen Jahr durch Überschwemmungen in vielen Anbaugebieten weniger ergiebig als erwartet aus. "Ich glaube, dass die Preise in der Branche steigen werden", sagte der Chef der Modekette H&M, Karl-Johan Persson, dem "Handelsblatt".

China und seine "seltenen Erden"
Aber nicht nur Spekulanten und Naturkatastrophen treiben die Rohstoffpreise in die Höhe. Ein nicht unerheblicher Anteil an der Misere geht aufs Konto der Erzeugerländer, die den Druck mit Exportbeschränkungen verstärken. Während der Waldbrände hat Russland ein Exportverbot für Getreide verhängt und damit den Weizenpreis in die Höhe getrieben. Indien schränkte zum Wohle seiner Textilindustrie die Baumwollausfuhr ein.

Der mit Abstand größte Player in Sachen Rohstoff-Geiz ist aber China, das auf wichtigen Spezialrohstoffen sitzt, auf die vor allem die weltweite Elektronikindustrie zwingend angewiesen ist. Das Zauberwort heißt "seltene Erden", metallische Grundstoffe, im Periodensystem sind es 17 Elemente, darunter Scandium, Yttrium und Lanthan. Sie haben außergewöhnliche Eigenschaften und gelten als unentbehrlich etwa für Metalllegierungen und Spezialgläser. Die Bandbreite ihrer Verwendung reicht von Batterien über Mobiltelefone, Laser, Flachbildschirme bis hin zu Luftwaffensystemen. 97 Prozent dieser Spezialrohstoffe auf dem Weltmarkt stammen aus China.

Drastische Exportbeschränkungen
Am Mittwoch hat das Handelsministerium der Volksrepublik angekündigt, die Ausfuhr der begehrten High-Tech-Rohstoffe stark zu drosseln - und damit den Startschuss für das Gerangel um die "seltenen Erden" und das zu befürchtende Preistreiben gegeben. In der ersten Jahreshälfte senkt China die Ausfuhrquoten faktisch um 35 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum 2010.

Ausländische Firmen seien bei der Genehmigung für eine erste Ausfuhrmenge 2011 von knapp 14.500 Tonnen bereits eingeschlossen, erklärte die Pekinger Regierung. Es werde keine weiteren Quoten geben. Im März dieses Jahres hatten die Chinesen dagegen ausländischen Firmen zusätzlich knapp 6.000 Tonnen zugeteilt, nachdem sie heimischen Konzernen bereits gut 16.300 Tonnen zugestanden hatten. Gleichzeitig versucht China aber, die Wogen zu glätten und Sorgen vor drohenden Engpässen zu zerstreuen: Die Gesamtquote könne nicht allein aus der Zuteilung für die erste Jahreshälfte hochgerechnet werden, hieß es.

USA, Japan und EU schäumen, die Börsianer jubeln
China begründet die Ausfuhrbeschränkungen neben der Konsolidierung seiner Rohstoff-Industrie auch mit dem Argument Umweltschutz, was aber international umstritten ist. Die EU, Japan und die USA haben in den vergangenen Wochen schon mit einer Klage bei der Welthandelsorganisation gedroht, als noch von einer Senkung der Exportquote um zehn Prozent die Rede war.

Der Stein wurde jedenfalls bereits ins Rollen gebracht: Die Nachricht der verringerten Quoten ließ den Aktienkurs von "China Rare Earth Holdings", einem Förderer seltener Erden, um 14 Prozent steigen.

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