Schrecken ohne Ende

Horror-Bahnfahrt durch Frankreich dauerte 27 Stunden

Ausland
28.12.2010 09:28
600 Bahn-Reisende aus Frankreich haben von Sonntagnacht bis Dienstag früh eine wahre Horrorfahrt erlebt. Der Nachtzug 4295 brauchte für die Strecke von Straßburg nach Nizza statt rund zehn mehr als 27 Stunden. Viele Passagiere standen dem Nervenzusammenbruch nahe, zu allem Überfluss kam es immer wieder zu Stromausfällen, die Heizung streikte und die Toiletten funktionierten in den letzten Stunden auch nicht mehr.

Die Nerven der Bahnfahrer wurden auf eine harte Probe gestellt, denn ihr Zug schaffte in den ersten 18 Stunden gerade 400 Kilometer, bevor er erneut stillstand.

Wie eine Sprecherin der französischen Staatsbahn SNCF mitteilte, war der Nachtzug Sonntagabend um 21.30 Uhr aus Straßburg im Elsass gestartet und sollte eigentlich Montag früh gegen 8.30 Uhr im rund 1.000 Kilometer entfernten Port Bou an der französisch-spanischen Grenze eintreffen. Mehr als die Hälfte der Fahrgäste wäre nach halber Strecke in Lyon, wo der Zug dann aber erst am späten Montagnachmittag hielt, Richtung Nizza umgestiegen.

Eine Panne nach der anderen
Zu einer ersten Verzögerung war es gekommen, als der Lokführer Montagnacht nach nur rund 140 Kilometern Fahrt im ostfranzösischen Belfort den Zug verließ. Er habe sein Stundensoll erschöpft und aus Sicherheitsgründen nicht weiterfahren dürfen, sagte die Sprecherin der Staatsbahn. Da es in Belfort keinen einsatzbereiten Lokführer gegeben habe, sei eigens einer aus Lyon angereist und habe das Kommando in der Früh übernommen. Dazwischen hatte es einen Polizeieinsatz gegeben, weil sich eine Gruppe Fahrgäste betrunken hatte und andere Passagiere belästigte.

Am Montagvormittag mussten die Teilnehmer der Horrorfahrt dann erneut stundenlang warten, weil die Gleise durch einen Regionalzug blockiert waren. Nach diesen Pannen steckten die Waggons samt Passagieren am frühen Nachmittag erneut fest, diesmal bei der Ortschaft Tournus im Burgund, knapp 400 Kilometer südlich von Straßburg. Zur Begründung habe die SNCF gesagt, die Lokomotive müsse ausgetauscht werden, berichtete einer der Passagiere.

Einem anderen Reisenden zufolge fielen bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt zeitweise Heizung und Strom aus. Einige Passagiere seien einem "Nervenzusammenbruch nahe" gewesen. Alle Speisen und Getränke im Zug waren schon Montag früh ausverkauft, die Toiletten verdreckt und nur mehr bedingt funktionsfähig. Etwa die Hälfte der Reisenden bekam laut SNCF immerhin am Nachmittag etwas zu essen. Der Rest wurde am Bahnhof von Lyon verköstigt.

27 Stunden bis nach Nizza
In Lyon änderte der Zug dann am späten Montagnachmittag seine Route. Reisende nach Port Bou mussten in einen anderen Zug umsteigen, der sie aber immerhin mit Hochgeschwindigkeit Richtung Spanien brachte. Aus Mangel an Anschlusszügen wurde der 4295 kurzerhand nach Nizza umgeleitet, das Ziel von 360 der rund 600 Fahrgästen. Sie trafen dann erst kurz nach Mitternacht, rund 27 Stunden nach Fahrtbeginn, an der Côte d'Azur ein.

Eine Rechtsanwältin aus Montpellier, die einen ganzen Tag an Bord des "Horrorzuges" verbracht hatte, drohte den französischen Staatsbahnen am Dienstag mit einer Sammelklage. Die Gewerkschaft SUD-Rail gab der Politik die Schuld an der Misere. Durch die Einsparungen bei der Bahn leide die Fahrzeuginstandhaltung.

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