Razzia an Heiligabend

Polizei verhaftet 12 Terrorverdächtige in Rotterdam

Ausland
26.12.2010 13:37
Die niederländische Polizei hat am Heiligen Abend zwölf mutmaßliche Terroristen aus Somalia festgenommen. Die Männer aus Ostafrika hätten einen Anschlag in den Niederlanden vorbereitet, gab die Staatsanwaltschaft Rotterdam am Samstag bekannt. Fanatiker rufen seit längerem zu Gewalttaten in Holland als Rache für anti-islamische Ausfälle des Rechtspopulisten Geert Wilders auf. Wilders forderte am Samstag ein "knallhartes" Vorgehen des Westens gegen Islamisten.

Die Fahnder veranlassten die zwölf Festnahmen laut Behördenangaben nach "konkreten Drohungen". Die somalischen Männer im Alter zwischen 19 und 48 Jahren seien nach Erkenntnissen des Geheimdienstes AIVD wahrscheinlich an der Vorbereitung eines Terroranschlags beteiligt gewesen, der kurz bevorgestanden sei, erklärte die Staatsanwaltschaft am ersten Weihnachtstag.

Keine Waffen gefunden
Bei der Anti-Terror-Aktion wurden vier Wohnungen sowie zwei Hotelzimmer und ein Callshop durchsucht. Dabei seien aber weder Waffen noch Sprengstoff gefunden worden, räumte ein Behördensprecher ein. Mehrere der Terrorverdächtigen haben den Angaben zufolge die niederländische Staatsbürgerschaft. Sechs von ihnen hätten seit Jahren in Rotterdam gewohnt. Fünf hätten keinen festen Wohnsitz und einer sei aus Dänemark angereist.

Der Geheimdienst AIVD hatte bereits im vergangenen Jahr gewarnt, von extremistischen Gruppen in Somalia sowie im Jemen gingen Gefahren für die Niederlande aus. Im Juli 2009 waren in Kenia drei Somalier mit niederländischen Pässen sowie ein Marokkaner mit einer niederländischen Aufenthaltsgenehmigung festgenommen worden, die sich in Somalia der Islamisten-Miliz "Al-Shabaab" anschließen wollten.

Wilders als Grund für Anschläge oder sogar Terrorziel?
Als mögliches Ziel bzw. Grund für Anschläge machten niederländische Kommentatoren am Samstag den Politiker Geert Wilders aus. Erst im Herbst wurde über Aufrufe eines Hasspredigers berichtet, Wilders zu enthaupten. Der Politiker erklärte am Samstag, die Festnahmen in Rotterdam zeigten "die enorme Verwundbarkeit der Niederlande und des gesamten freien Westens" durch den Terrorismus. "Wir dürfen das nicht bagatellisieren, sondern müssen mit allen verfügbaren Mitteln knallhart dagegen vorgehen."

Im Oktober war ein Prozess gegen Wilders wegen islamkritischer Äußerungen vor einem Gericht in Amsterdam geplatzt, nachdem die Richter auf Antrag der Verteidigung für befangen erklärt worden waren. Die Anklage gegen Wilders lautete auf Anstachelung zum Hass von Muslimen. Er hatte den Islam als "faschistisch" und den Propheten als "Barbaren, Massenmörder und Pädophilen" bezeichnet und den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen.

Aus den Unterhauswahlen im Juni war die PVV mit 24 der 150 Sitze als drittstärkste Kraft hervorgegangen. Die niederländische Minderheitsregierung kann sich nur dank der Duldung durch Wilders halten. Die regierenden Mitte-Rechts-Parteien haben viele PVV-Forderungen übernommen. Auch die Kirchen in den Niederlanden halten sich nach Ansicht von Kritikern auffallend zurück. Unter den Protestanten gibt es viele Wilders-Sympathisanten. Zu seiner Anhängerschaft gehören auch islamfeindliche Juden. Wilders wird vorgeworfen, er versuche ein Bild des Islam zu suggerieren, der nur Gewalt, Fanatismus, Terror und Unterdrückung kennt.

Keine höhere Terror-Warnstufe
Die offizielle Terrorwarnung für die Niederlande, die seit längerem auf "begrenzt" und damit auf der zweiten von vier Stufen steht, wurde am Samstag nicht erhöht. Eine akute Bedrohung sei durch die Festnahmen abgewendet worden, sagte ein Sprecher der Behörde zur Koordinierung der Terrorismusbekämpfung. Daher brauche die Warnstufe nicht angehoben zu werden.

Somalier beteuern Unschuld
Angehörige haben bereits die Unschuld der Männer beteuert. Die Festgenommenen hätten "nichts mit Terrorismus zu tun", sagte der Bruder eines Verdächtigen der Zeitung "De Telegraaf". Die Staatsanwaltschaft will am Montag bekanntgeben, was weiter mit den aus dem ostafrikanischen Bürgerkriegsland Somalia stammenden Männern im Alter zwischen 19 und 48 Jahren geschehen soll.

"Wir sind ganz normale, hart arbeitende Menschen. Das muss ein großes Missverständnis sein", sagte ein Mann namens Nuur Reportern in Rotterdam. Sein Bruder Osman M.F. ist laut "De Telegraaf" unter den zwölf Festgenommenen. Er soll der Besitzer des gestürmten Internetshops sein. Nach Angaben Nuurs, der seit zwölf Jahren legal in den Niederlanden lebt, kam sein Bruder vor sechs Jahren aus Deutschland nach Rotterdam. Er hat angeblich die deutsche Staatsbürgerschaft.

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