Abhör-Protokolle

Wie die Buwog-Figuren am Telefon packelten

Österreich
22.12.2010 08:13
Wie ein Lobbyist, ein Immobilien-Hai und ein ehemaliger Finanzminister telefonisch ihre Aussagen akkordieren und gemütlich über sechsstellige Honorare und die ach so ahnungslose Polizei plaudern, kann sich ganz Österreich seit Dienstagnachmittag im Wortlaut durchlesen. Die Polizeiprotokolle der Telefon-Lauschangriffe auf Walter Meischberger, Ernst Karl Plech und Karl-Heinz Grasser im Zuge der Buwog-Ermittlungen sind dank einer parlamentarischen Anfrage der Grünen frei verfügbar.

Die Wiener Zeitung "Falter" hatte die Protokolle vor Kurzem zugespielt bekommen, aufgrund medienrechtlicher Bestimmungen aber weder daraus zitieren noch sie veröffentlichen können. Über die grüne Nationalratsabgeordnete Gabriela Moser bediente man sich am Dienstagvormittag nun erst recht des Mediengesetzes. Dieses stellt nämlich "wahrheitsgetreue Berichte" über parlamentarische Angelegenheiten gänzlich "von jeder Verantwortung frei".

Moser brachte die Protokolle am Dienstag in zwei parlamentarischen Anfragen an das Justiz- bzw. Wirtschaftsministerium verpackt beim Parlamentspräsidium ein, der "Falter" veröffentlichte auf seiner Website dann vorab seinen Mittwochsaufmacher (Link siehe Infobox), in dem aus den Telefongesprächen zitiert wird.

Telefonate über Provisionen von Porr
Im Zentrum der abgehörten Gespräche stehen Zahlungen des Baukonzerns Porr, die an Meischberger geflossen sind. Der Baukonzern hat bisher alle Schmiergeldvorwürfe - die u.a. mehrfach von Moser kamen - entschieden zurückgewiesen. Ende Jänner/Anfang Februar 2010 befanden es Meischberger und Plech aber offenbar doch für notwendig, sich vor den anstehenden Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft mit dem damals noch nicht vorgeladenen Grasser abzusprechen. Die Polizei hörte bereits die Telefone der Schlüsselfiguren in der Causa Buwog ab.

Porr hat an Meischberger insgesamt rund 800.000 Euro gezahlt, mehr als drei Viertel davon für einen Hotelmietvertrag, der 2005 über Meischbergers Agentur abgewickelt worden sein soll. Bei den restlichen 200.000 Euro sagte Meischberger im Zuge seiner Selbstanzeige über die Zehn-Millionen-Euro-Buwog-Provision, es sei bei diesem Porr-Auftrag um die "Erarbeitung strategischer Konzepte im Zusammenhang mit einem Autobahnprojekt in Osteuropa" gegangen. Laut "Falter" glauben die Fahnder, es handle sich dabei in Wahrheit um Schmiergeld rund um den von Porr errichteten Linzer Terminal Tower. Die Vorwürfe werden von der Baufirma zurückgewiesen.

Plech sagt im abgehörten Gespräch mit Meischberger jedenfalls, "der Pöchhacker hat gewusst davon". Der einstige Porr-Chef Horst Pöchhacker, derzeit ÖBB-Aufsichtsratschef, habe auch "in der Schreibangelegenheit interveniert". Mit Meischberger habe Pöchhacker aber keinen Kontakt gehabt. Definitiv beweisen lässt sich anhand der Auszüge aber nicht wirklich etwas.

Meischberger: "Da bin ich jetzt supernackt"
In den abgehörten Gesprächen ist aber vor allem klar und verständlich nachzulesen, wie sich Meischberger, Plech und Grasser vor ihren Polizeiverhören absprechen und ihre Aussagen abstimmen. Grasser gibt Meischberger dabei am Telefon ausführliche Tipps.

Meischberger selbst sagt laut Protokoll einmal zu Grasser: "Da bin ich jetzt supernackt", weil er offenbar nicht weiß, was er bei der Justiz als Leistung für eine Provision der Porr angeben soll. Grasser rät ihm: "Da würd' ich halt ein bisschen eine Recherche machen." Meischberger solle im Internet über die Projekte des Baukonzerns nachlesen. Meischberger kontert: "Da sag ich lieber nix."

Grasser-Anwalt: "Harmloser Rat eines Freundes"
Grasser, Meischberger und Plech haben im Zusammenhang mit den Buwog-Ermittlungen und anderen bekannt gewordenen Provisionszahlungen stets alle Vorwürfe zurückgewiesen, dass es sich dabei um Korruption und nicht um Honorare für Beratung handeln könnte. Laut Grassers Anwalt Manfred Ainedter ging es bei dem von den Ermittlern aufgezeichneten Gesprächen Grassers mit Meischberger nur um den "harmlosen Rat eines Freundes".

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