Mit Heckantrieb

Lehrlinge bauen Über-B-Klasse mit V8-Motor

Motor
17.12.2010 15:06
„Keine Chance.“ „Das könnt ihr glatt vergessen.“ „Das wird nie was.“ Wo auch immer Andreas Würz um Rat und Hilfe gebeten hat, hörte der Meister der technischen Berufsausbildung in Mercedes-Werk Rastatt die gleiche Antwort: Eine B-Klasse mit V8-Motor? Das war nicht nur den Entwicklern in Sindelfingen, sondern sogar dem Werkstuner AMG in Affalterbach mehr als suspekt. Doch er und seine Lehrlinge haben die Über-B-Klasse auf die Räder gestellt.
(Bild: kmm)

„Mit unseren Auszubildenden sollten wir eine ganz besondere B-Klasse bauen. Und weil es mit der Brennstoffzelle schon ein ziemlich sparsames Auto gibt, haben wir uns für die sportliche Variante entschieden.“ Dass die Profis dem Projekt keine Chance gaben, hat Würz und die knapp zwei Dutzend Lehrlinge nur umso mehr motiviert: „Geht nicht, gibt’s nicht“, wiederholt der Meister das Motto der Mannschaft und zeigt stolz auf den wahrscheinlich schnellsten Dienstwagen, der je durch das Mercedes-Werk in Rastatt gefahren ist.

5,5 Liter großer Achtzylinder mit 388 PS
Schließlich steckt unter der Haube nun doch ein 5,5 Liter großer Achtzylinder, der die B-Klasse mit 388 PS in eine völlig neue Fahrzeugkategorie katapultiert. Eben noch der Benz für Rentner und Spießer, wurde der kleine Raumkreuzer so ein Bolide für Raser und Sportler, der mit 530 Nm und ohne elektronische Spielverderber beim Kavalierstart dicke schwarze Striche auf die Einfahrbahn zeichnet.

Schon beim Anlassen brüllt das B55 getaufte Lehrstück lauter auf als der SLS, und selbst beim Ampelspurt kann die B-Klasse nun verdächtig lange mit dem Flügeltürer mithalten: Nur noch 5,2 Sekunden braucht der gerade einmal 1.620 Kilo schwere Bolide noch auf Tempo 100, referiert Würz aus dem Datenblatt und stellt ein Spitzentempo von mehr als 270 km/h in Aussicht. Als der B55 noch ein B 200 CDI War, sah das noch ganz anders aus: Da mussten 140 PS gemächliche 9,6 Sekunden lang arbeiten, um den Wagen auf Tempo 100 zu wuchten, und haben gerade mal für 200 km/h gereicht.

Tiefe für das Fahrwerk
Zwar fährt die brachiale B-Klasse nur auf dem Werksgelände und wird wohl nie eine Rennstrecke sehen. Doch wollten die Azubis ihre Arbeit gründlich machen und haben deshalb auch ein Fahrwerk eingebaut, das zu dieser Leistung passt. So gibt es nun verstellbare Federn und Dämpfer von Rennstrecken-Profi K&W und die standfeste Bremsanlage aus einem alten C 32 AMG. Dort haben sich die Nachwuchs-Tuner auch für das Interieur inspirieren lassen: Deshalb greift man in ein Sportlenkrad mit Schaltwippen, sitzt auf belederten Sesseln mit etwas mehr Seitenhalt und wo man hinschaut, fällt der Blick auf vornehm dunkles Alcantara. Das Highlight jedoch ist der neue Tacho, dessen Skala bis 300 km/h reicht.

Antrieb jetzt hinten
Nicht einmal ein Jahr haben die Lehrlinge gebraucht, um neben dem ganz normalen Ausbildungsprogramm den großen V8-Motor aus der S-Klasse unter die kurze Haube des Hochdach-Mercedes zu quetschen, das Siebengang-Getriebe anzuflanschen, durch den Sandwichboden eine Kardanwelle nach hinten zu legen und dort die neue Antriebsachse einzubauen. „Und das alles, ohne Modifikationen an der Karosserie“, schwärmt Würz. So wurde die B-Klasse zwar ein wenig tiefergelegt und steht nun obendrein auf 18-Zöllern. Doch sieht man einmal vom Typenschild „B55“ und den bösen schwarzen Ringen um die Scheinwerfer ab, ginge die unschuldig weiß lackierte B-Klasse auch als ganz normale Familienkutsche durch.

Zwar funktioniert der B55 auf der Einfahrbahn im Werk Rastatt tadellos, und selbst die Prüfer des TÜV würden dem Wagen nach ein paar minimalen Modifikationen ihren Segen geben. Doch bei aller Begeisterung für den B55 schließt Ausbildungsleiter Würz eine Serienproduktion aus: „Der Wagen ist und bleibt ein Einzelstück.“ Trotzdem freuen sich die Auszubildenden und ihr Chef natürlich an der tollen Resonanz auf ihr rasendes Lehrstück und bieten Nachahmern schon mal ihre Hilfe an. Allerdings wird das kein billiges Vergnügen, schätzt Würz: „Wer so etwas selber machen möchte, muss mit mindestens 100 000 Euro kalkulieren.(SP-X)

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(Bild: kmm)



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