Augen zu und tot?

Nervenkitzel auf dem Weg zum Sekundenschlaf

Motor
13.12.2010 14:16
Um 1.23 Uhr werden die Lider schwer. Linkskurve mit kleinen Eisflecken, dann rechts den Hügel hinauf, für einen Augenblick blendet in der Ferne ein Lichtkegel. Dann die lange Gerade. Immer und immer wieder. 1.28 Uhr. Im Auto 27 Grad. Ein Königreich für zwei Zahnstocher. Die vielen Elektroden, deren dünne Kabel wie Rasta-Locken vom Kopf baumeln, sind längst vergessen. Scharf links, dann Kuppe, leichte Schneeverwehung. Das Monster Sekundenschlaf lauert schon…
(Bild: kmm)

Es ist nur ein Test, alles nur ein Test. Und zwar am ÖAMTC-Übungsgelände in Teesdorf. Nächtelang fuhren 60 verdrahtete Damen und Herren von 30 bis 55 Jahren als Teil einer österreichweit einzigartigen und auch weltweit raren ÖAMTC-Studie (mit Asfinag und dem Institut für Schlaf-Wach-Forschung, ISWF, als Partner) über die Teststrecke – auf der Jagd nach dem Monster Sekundenschlaf. 60 Probanden, die vor allem eines gemeinsam haben: Sie sind, als Autofahrer, durch und durch durchschnittlich – 14.000 Kilometer jährlich, seit mindestens sieben Jahren, keine Berufsfahrer noch jobbedingt regelmäßig in der Nacht unterwegs, aber auch nicht nachtblind oder gar „schlafgestört“.

Gegen Morgen in den Tod
„Über das physiologische Tief bei Fahrleistungen in der Nacht wissen wir so gut wie gar nichts“, sagt Marion Seidenberger, Verkehrspsychologin des Autofahrerclubs. Und genau darum geht es. Mag auch die Zahl der Unfalltoten sinken, so steigt die Zahl derer, die gegen den Morgen hin in den Tod rasen – oder andere ins Verderben reißen. Ursache: Sekundenschlaf, auch wenn es keine gesicherten Zahlen darüber gibt, wie oft dies der Fall ist.

Daher die nur auf den ersten Blick so lustig anmutende Maskerade der Probanden, der verkabelte Kopf, das tragbare Gerät zur Messung von Gehirnströmen, Augenbewegung, Elektroden, die anzeigen, ob die Kinnmuskulatur erschlafft (ein unbewusstes Anzeichen für Müdigkeit), dazu im Auto Videokameras, GPS-Sender, Funkgerät etc. – all dies bei kontrollierten Bedingungen unter den Argusaugen einer Armada von Aufpassern auf dem ÖAMTC-Testgelände in Teesdorf.

Bevor es jedoch auf die 2,4 km lange Strecke mit Kuppen und vielen Kurven geht (selbst bei abwechslungsreicher Strecke wird Mensch, ob man es glaubt oder nicht, sehr rasch sehr müde), noch wichtige Tests: Speichelproben zur Cortisolmessung (Stresspegel), Fragebögen en masse zur Befindlichkeit (siehe Daten & Fakten) und reichlich Essen und Trinken, „damit die Herrschaften so richtig träge und müde werden“, so ISWF-Studienleiter Gerhard Klösch.

Alarmzeichen hinter dem Steuer
Was die Tester bei Antritt der Fahrt nicht wissen: Die Hälfte von ihnen darf einmal einen Stopp einlegen und ruhen – das eine (gewollte) Nickerchen, um das andere Nickerchen zu verhindern. Die Frage ist: Hilft „Power-Nap“ gegen Müdigkeit? Also ein Zwischendurch-Schläfchen, wenn erste Alarmzeichen hinterm Steuer auftauchen, die da wären: leichtes Frösteln, trockener Mund, die Lust, die Nasenwurzel zu reiben, plötzliches Aufschrecken, Gähnattacken, schwere Augenlider oder Sing- und Schreianfälle, um wach zu bleiben.

Nickerchen gegen Sekundenschlaf?
Seit wenigen Tagen ist die Studie des ÖAMTC zu Ende. Jetzt geht es ans Auswerten, wochenlanges Analysieren einer Datenflut. Und um die Frage der Fragen zu klären: Was bringt der „Power-Nap“, dieses 20-bis-30-Minuten-Schläfchen am Straßenrand wirklich?

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(Bild: kmm)



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