Krieg um WikiLeaks

16-jähriger Hacker verhaftet, Angriffe gehen weiter

Ausland
10.12.2010 15:10
Die niederländische Polizei hat in Zusammenhang mit den Hacker-Angriffen von WikiLeaks-Unterstützern einen 16-jährigen Verdächtigen festgenommen. Der Jugendliche stehe im Verdacht, sich an Angriffen auf mehrere Websites unter anderem von Mastercard und Paypal beteiligt zu haben, erklärte die Staatsanwaltschaft in Amsterdam. Die Hacker-Angriffe der WikiLeaks-Fans weiten sich indes immer weiter aus. Andere drohen den Boykottierern mit Klagen.

Der Teenager stand offenbar in Kontakt mit der mehrere Tausend Mitglieder zählenden Hackergruppe "Anonymous", die seit Anfang der Woche Attacken auf die Websites von Unternehmen, die WikiLeaks blockieren, reitet. Die Internet-Saboteure sollen einen Server in Haarlem unweit von Amsterdam benutzt haben.

Vonseiten der Ermittler hieß es, weitere Festnahmen, auch in anderen Ländern, seien nach der Verhaftung des Burschen denkbar. Der 16-Jährige legte laut niederländischen Berichten ein Geständnis ab. Er soll im Laufe des Freitags einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden, der unter anderem über eine Fortsetzung der Haft entscheiden muss. Bei dem Holländer seien mehrere Computer und USB-Speichersticks beschlagnahmt worden.

Palin gehackt, Großangriff auf Amazon?
Mittlerweile stehen nicht nur die Websites von Mastercard, Visa  und Co unter Beschuss, am Donnerstag wurde z.B. auch die Homepage der US-Politikerin Sarah Palin attackiert. Palin hatte sich negativ über WikiLeaks-Gründer Julian Assange geäußert, ihn als Terroristen bezeichnet und mit Osama bin Laden verglichen.

Am Donnerstagnachmittag riefen die Aktivisten über Twitter (die Hacker trotzen der Sperre durch die Social-Networking-Plattform und richten immer neue Accounts ein) auch zum Angriff auf den Online-Händler Amazon auf. Das Unternehmen hatte bereits in der vergangenen Woche seine Web-Dienste für WikiLeaks gesperrt.

Mit sogenannten DDOS-Angriffen ("Distributed Denial of Service") soll die Amazon-Website mit Unmengen von Daten geflutet und dadurch blockiert werden. Ein erfolgreicher Angriff auf Amazon.com hätte für den Onlinehändler dramatische finanzielle Folgen. Bei den Kreditkarden-Riesen Mastercard und Visa waren bisher nur die Unternehmenswebsites, nicht aber der Zahlungsverkehr betroffen.

PayPal gibt Spendengelder weiter, Konto bleibt aber gesperrt
Unterdessen hat der Online-Zahlungsdienst PayPal, der WikiLeaks ebenfalls boykottiert, nach massiven Protesten der Anhänger beschlossen, die eingefrorene Spenden an die Enthüllungsplattform auszuzahlen. Das Paypal-Konto der Aktivisten soll aber weiterhin gesperrt bleiben. PayPal-Justiziar John Muller erklärte im Firmenblog: "Wir verstehen, dass die Entscheidung von PayPal zum Gegenstand einer größeren Geschichte geworden ist, bei der es rund um die Aktivitäten von Wikileaks auch um politische und juristische Debatten und um die Meinungsfreiheit geht."

Das Spendenkonto sei allein wegen der Verletzung der Geschäftsbedingungen gesperrt worden. Grundlage dafür sei außerdem ein Brief des US-Außenministeriums an WikiLeaks, wonach das Internet-Projekt im Besitz von Dokumenten sein könnte, die unter Verletzung von US-Gesetzen beschafft worden seien. PayPal könnte sich dadurch strafbar machen.

Stiftung und Finanzdienstleister wollen klagen
Die zu den wichtigsten Spendensammlern von WikiLeaks zählende Wau-Holland-Stiftung will nach eigenen Angaben rechtlich gegen die unangekündigte Sperrung ihres Kontos bei PayPal vorgehen. Die Stiftung bezifferte die Höhe der zeitweise eingefrorenen Spenden auf rund 10.000 Euro. Der auch für WikiLeaks tätige isländische Finanzdienstleister "Data Cell" hat indes eine Klage gegen die Kreditkartenunternehmen Visa und Mastercard angekündigt. Der Boykott der beiden Firmen sei rechtlich unzulässig.

Der in Schweden ansässige Online-Zahlungsdienst Flattr teilte am Donnerstag mit, dass er weiter Spenden an WikiLeaks überweisen werde. Solange es kein Gericht gebe, das die Aktivitäten von WikiLeaks für illegal erkläre, werde man die Spenden der Flattr-Nutzer weiterreichen, sagte Vorstandschef Linus Olsson der Zeitung "Sydsvenskan". Mit Flattr können Internet-Nutzer auch kleine Beträge an Web-Projekte spenden.

Ex-Weggefährte kritisiert Assange
Der WikiLeaks-Aussteiger Daniel Domscheit-Berg kritisierte am Donnerstag erneut seinen früheren Weggefährten Assange. Die Art, wie die Enthüllungsplattform derzeit häppchenweise die vertraulichen Dokument des US-Außenministeriums veröffentliche und die Exklusiv-Deals mit Medien wie "Spiegel" und "Guardian", sei "Verrat an dem ursprünglichen WikiLeaks-Prinzip", sagte Domscheit-Berg der deutschen Wochenzeitung "Der Freitag".

Das WikiLeaks-Projekt setzte die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen indes weiter fort. Bisher wurden rund 1.200 der insgesamt mehr als 250.000 Dokumente veröffentlicht.

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