Ex-Real-Profi Lienhart

Gurkerl für Ronaldo? „Hauptsache ich bekam keines“

Fußball International
28.01.2021 06:01

Mit seinem Debüt für Real Madrid vor fünf Jahren sicherte sich Philipp Lienhart einen Eintrag in die rot-weiß-roten Geschichtsbücher. An ein Gurkerl für Cristiano Ronaldo in der „Hösche“ kann er sich nicht erinnern: „Ich hab eher versucht, dass ich keines bekomme!“ Mittlerweile trägt der 24-Jährige das Trikot des SC Freiburg und heimst in seiner dritten Saison in der deutschen Bundesliga ob seines guten Positionsspiels, seiner kompromisslosen Zweikämpfe und seiner Kreativität im Aufbauspiel sehr viel Lob ein. Wie er seine Zeit in Spanien beurteilt, wie seine Ziele aussehen und ob er sich eine Rückkehr zu Rapid vorstellen kann, über all das plauderte der Innenverteidiger im Gespräch mit sportkrone.at.

Beim SC Lilienfeld begann die Erfolgsgeschichte des fußballverrückten Philipp Lienhart. Nach seinen Anfangsjahren nahm seine Karriere im Nachwuchs von Rapid und dann in der zweiten Mannschaft so richtig Fahrt auf. „Ich versuche, mir immer wieder die Spiele anzuschauen“, verfolgt er nach wie vor das Geschehen bei den Grün-Weißen.

„Königliches“ Debüt mit 19 Jahren
Die Vita des 24-Jährigen kann sich bereits jetzt absolut sehen lassen. Dank seiner Zeit bei Real Madrid weiß er, wie es bei einem Spitzenklub zugeht. Am 2. Dezember 2015 debütierte Lienhart in der vierten Runde des spanischen Cups gegen den FC Cadiz. Rafael Benitez, der damals das „Weiße Ballett“ coachte, brachte den 19-Jährigen (!) in der 77. Minute anstelle von Kolumbien-Superstar James Rodriguez ins Spiel.

Ein Stück rot-weiß-rote Sport-Geschichte! Denn damit war Lienhart der erste Österreicher, der jemals für Real Madrid gespielt hat - und er ist bis heute der einzige. „Ein absoluter Traum ging in Erfüllung“, erinnert sich Lienhart. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich mal für Real Madrid spielen darf - und dann auch noch in einem Pflichtspiel. Ich war sehr stolz und glücklich, dass mir das gelungen ist.“

Bei Real Madrid Castilla, der zweiten Mannschaft des Topklubs, kam es zum Aufeinandertreffen mit niemand Geringeren als Zinedine Zidane. Der französische Ex-Weltklassespieler war als Trainer für die Stars von morgen zuständig. „Eine ganz aufregende Sache, weil man Zidane nur aus dem Fernsehen kennt und weiß, was für ein großartiger Spieler er war. Er hat mir, wie jeder andere Trainer, sehr viel beigebracht. Wenn ein Trainer wie Zidane dir Tipps gibt, dann probiert man, die doppelt so schnell umzusetzen“, spricht Lienhart über die Zeit mit „Zizou“, nach dessen Pfeife nun die Profis von Real Madrid tanzen.

Zweifacher Champions-League-Sieger: „Fühle mich aber nicht so“
In der „Königklasse“ wurde Lienhart zwar nicht eingesetzt, war aber zumindest als blutjunger Spieler in zwei Saisonen (2016, 2017) Teil des erweiterten Kaders. Weil Real Madrid jeweils am Ende den Titel holte, darf er sich als zweifacher Champions-League-Sieger bezeichnen. Eine Ehre, die nicht vielen Spielern zuteil wird. „Ich fühle mich eigentlich nicht als Champions-League-Sieger, weil ich nie im Spieltag-Kader gestanden bin. Ich hab trotzdem des Öfteren mit ihnen trainieren dürfen und habe vielleicht einen klitzekleinen Beitrag dazu geleistet.“

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Ich fühle mich eigentlich nicht als Champions-League-Sieger, weil ich nie im Spieltag-Kader gestanden bin. Ich hab trotzdem des Öfteren mit ihnen trainieren dürfen und habe vielleicht einen klitzekleinen Beitrag dazu geleistet.

Philipp Lienhart

Ausnahmekönner zieren Instagram-Account
Auf dem Instagram-Account des Österreichers kann man die Gesichter von zahlreichen „Fußball-Kalibern“ bestaunen. Sergio Ramos, Cristiano Ronaldo oder Gareth Bale - Lienhart trainierte mit den Allergrößten. Ein Traum, der sich für viele Fußballprofis nie verwirklichen wird. „Ich habe versucht, mir sehr viel abzuschauen. Das war beeindruckend. Auch natürlich von der Qualität, da brauchen wir nicht reden, dass sie zu den besten Spielern der Welt gehören.“ An ein Gurkerl für Ronaldo in der „Hösche“ kann er sich nicht erinnern. „Ich hab eher versucht, dass ich keines bekomme“, schmunzelt Lienhart.

Letztendlich blieb es bei einem Pflichtspieleinsatz für die „Königlichen“. „Die Konkurrenz ist sehr, sehr stark“, antwortet Lienhart auf die Frage, warum es nicht ganz zum Durchbruch beim Großklub gereicht hat.

Apropos Real: ÖFB-Kollege David Alaba, den Lienhart durch zahlreiche Duelle in der Bundesliga gut kennt, wechselt - laut spanischen Medienberichten - im Sommer zu den Madrilenen. Dass sich der Wiener auch in Spanien einen Namen macht, traut Lienhart seinem Landsmann durchaus zu.

Lobeshymnen für den „Taktgeber“
Mit dem SC Freiburg befindet sich Lienhart derzeit in der oberen Tabellenhälfte der deutschen Bundesliga. Die Umstellung nach den ersten Spielen von einer Vierer- auf eine Dreierabwehr hat dem Team mehr Stabilität verliehen. „Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir wieder unangenehmer auf dem Platz sein müssen. Das ist der Hauptgrund, warum wir wieder erfolgreich sind, weil wir wieder mehr kämpfen und mehr laufen. Das System ist dann nicht so wichtig, es geht schon auch darum, wie es die Spieler interpretieren“, so die Analyse von Lienhart.

In seinem dritten Jahr bei den Breisgauern übernimmt der Abwehrmann immer mehr Verantwortung, gilt schon als „Taktgeber“ und bekam zuletzt gegen Eintracht Frankfurt auch das Vertrauen im defensiven Mittelfeld. Die Lobeshymnen in den Medien und Fußballforen häufen sich. „Wenn es einmal gut läuft, wird die Aufmerksamkeit größer. Ich hab ein tolles Umfeld. Meine Familie, meine Berater und auch hier der Klub - da hebt man eigentlich nicht ab!“

Streichs „Händchen“ und Lienharts Erfolgsquote
Mit Christian Streich hat er den am längsten dienenden Trainer in der Liga als Chef. Dieser lässt mit lustigen und kuriosen Sprüchen immer wieder die Herzen der Fußballfans höherschlagen. „Er kann auch knallhart sein, das hängt vom Ergebnis ab. Da bin ich ganz ehrlich“, beschreibt Lienhart seinen Coach. „Er versucht eben, den Spieler weiterzubringen. Er hat ein sehr gutes Händchen und weiß, wie er die Spieler angreifen muss.“

Beeindruckend: Bereits drei Tore hat Lienhart in der laufenden Saison erzielt. Damit ist der Verteidiger der viertbeste Torschütze bei den Freiburgern. „Ich bin ganz oft eben richtig gestanden und die Eckbälle waren gut. Da hab ich bissl Glück gehabt“, so der bescheiden Profi über seine Erfolsquote.

Europameisterschaft ein großes Thema
Im Kopf von Teamchef Franco Foda spielt auch Lienhart, der ab der U18 alle Jugendnationalteams durchlief, eine große Rolle. Auf zwei Spiele in der Innenverteidigung des ÖFB-Teams kann der 1,88 Meter große Kicker bereits zurückblicken, zweimal stand die Null. Die Europameisterschaft 2021 ist ein Thema: „Es ist zwar noch relativ lange bis dahin, aber es ist natürlich mein Ziel, zum Kader zu gehören.“

Mit Leverkusens Julian Baumgartlinger, der sich am Samstag beim 0:1 gegen Wolfsburg fünf Minuten nach seiner Einwechslung schwer am Knie verletzte und nun um seine Teilnahme bei der Großveranstaltung kämpft, leidet er mit. „Das ist unangenehm. Nicht nur für ihn, sondern für die gesamte Mannschaft, weil er ein sehr wichtiger Bestandteil ist und eine wichtige Funktion hat“, sagt Lienhart über den ÖFB-Kapitän.

Rückkehr nach Hütteldorf?
Corona hat die Sportwelt teilweise noch immer fest im Griff. Zuschauer in der deutschen Bundesliga? Fehlanzeige! „Ein volles Stadion ist dann schon nochmal was ganz Anderes. Das würde natürlich jeden freuen. Aber die Gesundheit geht vor. Ich bin generell froh, dass ich meinen Job ausüben darf. Man muss nur in Cafes und Bars schauen, die dürfen ja alle nicht öffnen. Deshalb bin ich glücklich, dass ich meinem Beruf nachgehen darf“, so der Legionär. Eine gut gefüllte Arena gibt es auch meist im Westen Wiens. Ob sich Lienhart eine Rückkehr zu Rapid vorstellen könnte? „In den nächsten Jahren ist es noch nicht geplant. Aber warum eigentlich nicht.“

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(Bild: KMM)



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