Zu spät und zu wenig

Das Versagen der EU bei den Impfstoffen

Österreich
27.01.2021 06:00

Weniger Impfstoff, eine fragliche Zulassung, ein neuer Impfplan und keine Transparenz für die Bevölkerung - und die EU schaut wütend zu.

AstraZeneca ist noch nicht zugelassen, mit der Lieferung gibt es aber schon Probleme. So muss Österreichs Impfplan überarbeitet werden. Heißt: Bitte weiter warten auf Informationen, wann wer dran ist. Dabei propagieren Experten wie der steirische Virologe in New York, Florian Krammer, den Piks als „unverzichtbares Mittel“ im Kampf gegen Corona. „Man macht Werbung für die Impfung, hat aber keinen Impfstoff“, ärgern sich „Krone“-Leser.

Und das muss Ironie sein: Die Bereitschaft der Österreicher, sich impfen zu lassen, steigt. Laut aktueller Umfrage unter 1500 Teilnehmern des Vienna Center for Electoral Research, das seit Mai 2020 regelmäßig Leute befragt, wollen sich 47 Prozent „ehemöglichst“ impfen lassen, im Herbst waren es 45 Prozent.

Gerüchte um Wirkung sind „Schwachsinn“
Erfreulich, denn in der EU zugelassene Impfstoffe sind ja grundsätzlich sicher. So wird es auch bei AstraZeneca sein, wenn der britische Impfstoff zugelassen ist - was in dieser Woche passieren soll. Gerüchte um eine vermeintlich kaum vorhandene Wirksamkeit sind nicht zuletzt laut Impf-Experte Herwig Kollaritsch „Schwachsinn“. Die Zulassungsstudien decken auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zufolge alle Altersgruppen ab: „Der älteste Proband ist 99 Jahre alt.“

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Es braucht in Europa eine Krisenproduktion. Andere Unternehmen sollten Produktionsstätten zur Verfügung stellen. Das hätte man längst prüfen können.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner

Wann aber wer bei uns damit geimpft werden kann, ist fraglich: AstraZeneca will anfangs deutlich weniger Vakzine liefern als vereinbart. Was dank Zusatzmengen von Biontech/Pfizer und Moderna für die laufenden Impfungen laut Gesundheitsministerium keine Nachteile bringt. Anders bei den über 80-Jährigen: „Die weiteren Phasen des Impfplans werden gerade überarbeitet“, so das Ministerium. Wann es Resultate gibt, ist unklar: Derzeit verschaffe man sich einen Überblick über die Lieferungen von AstraZeneca.

Lieferengpässe kamen „nicht überraschend“
Und dann ist alles ja wieder abhängig von der Zulassung. Also wartet man weiter auf die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA. Die hielt Dienstagabend zumindest eine Zulassung für bestimmte Altersgruppen „denkbar“.

Hätte das alles schneller gehen können? Nein, sagt das Ministerium: „Es ist eine unabhängige Behörde, die anhand wissenschaftlicher Faktoren entscheidet.“

Was besser hätte laufen können, ist die Impfstoff-Bestellung der EU. Denn dass es Lieferschwierigkeiten gibt, kommt für Kundige nicht überraschend. „Es war ja zu erwarten, dass sich die ganze Welt um die ersten Impfstoffe reißt“, sagt etwa Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres. Die EU hätte von mehreren Herstellern mit guten Chancen auf eine Zulassung ein gesamtes EU-Kontingent sichern sollen. Den Überschuss hätte man später noch immer weitergeben können.

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Lieferengpässe waren zu erwarten. Man hätte als EU entsprechend mehr und früher Impfstoff bei verschiedenen Herstellern bestellen können.

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres

Stattdessen stampft die EU jetzt wütend auf. Ob sie rechtliche Schritte einleitet? „Der Fokus muss jetzt sein, dass geliefert wird“, so Kommissar Johannes Hahn. Derweil fehlen uns Vakzine für die vulnerablen Gruppen. Wer vertröstet schon gern just Ältere auf ein unbekanntes Später?

Konzern soll nun detaillierte Planung über Lieferungen vorlegen
Am Mittwoch wird es jedenfalls eine Krisensitzung der EU-Kommission mit dem britisch-schwedischen Pharmakonzern geben. In dieser wird eine detaillierte Planung für Coronavirus-Impfstofflieferungen sowie die Zeitpunkte, wann die Verteilung an die Mitgliedstaaten stattfinden wird, gefordert. Außerdem ist ein „Transparenzmechanismus für den Export von Impfstoff“ in Länder außerhalb der EU geplant.

EU zahlte AstraZeneca 336 Millionen Euro im Voraus
Denn: In Brüssel gibt es den Verdacht, dass das Unternehmen andere Länder wie Großbritannien mit ungekürzten Mengen beliefert. „Wir sehen, dass Dosen anderswohin geliefert werden“, so der Kommissionssprecher. Da die EU Vorauszahlungen für die Produktion (Anm.: 336 Millionen Euro) geleistet habe, „sollten diese Dosen eigentlich für die Lieferung verfügbar sein“, sobald die EMA grünes Licht gebe. Exportverbote sind allerdings keine geplant.

Silvia Schober, Kronen Zeitung/krone.at

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