Hoffnung für Frühjahr

Ärzte sind bereit und warten auf den Impfstoff

Vorarlberg
25.01.2021 06:30

Wäre genügend Impfstoff vorhanden, könnte die Vorarlberger Bevölkerung binnen zwei Wochen geimpft werden, sagt die Ärztin Alexandra Waibel-Rümmele. Damit könnte schon im Frühjahr Normalität einkehren.

Als Impfreferentin der Ärztekammer ist Alexandra Waibel-Rümmele vor allem dafür zuständig, die Kollegen über Impfpläne und Ähnliches zu informieren. Im "Krone"-Interview spricht sie unter anderem über die verschiedenen Impfstoffe gegen den Coronavirus.

„Krone“:Frau Dr. Waibel-Rümmele, die Impfung von Bürgermeistern hat diese Woche für Empörung gesorgt. Wie sehen Sie die Vorfälle?
Alexandra Waibel-Rümmele: Ich bin Ärztin und kann mich nur zu medizinischen Fragen äußern. Die Ärzte wissen, welche Risikogruppe in Phase 1 zu impfen ist. Das Erfreuliche an dieser Debatte ist für mich: Sie zeigt ein deutlich gestiegenes Interesse an der Impfung.

Sollte denjenigen, die sich vordrängeln, die zweite Dosis verweigert werden?
Das ist virologisch betrachtet falsch. Wenn das Impfkonzept - nämlich nach rund drei Wochen die zweite Dosis zu verabreichen - durchbrochen wird, besteht das Risiko einer Virusveränderung. Eine Zweitimpfung sollte, sofern genug Impfstoff vorhanden ist, auf jeden Fall durchgeführt werden.

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Denn eines ist klar: Bei Knappheit darf keine Dosis weggeworfen werden.

Alexandra Waibel-Rümmele

Können Sie den Unmut der Impfwilligen nachvollziehen?
Was für mich schwierig ist, sind der aufkommende Impfneid und die Hetze gegen Menschen, die geimpft worden sind. Fakt ist: Wenn in Pflegeheimen am Schluss noch Impfdosen zur Verfügung stehen, waren alle impfwilligen Bewohner bereits an der Reihe. Ich habe miterlebt, dass ältere Menschen, die auf der Backup-Liste waren, kurzfristig zur Impfung kommen konnten. Denn eines ist klar: Bei Knappheit darf keine Dosis weggeworfen werden.

Wie funktioniert die Sache mit den Backup-Listen?
Jeder Arzt, der impft, sowie das jeweilige Pflegeheim sollten eine Backup-Liste haben, die sich an der vorgegebenen Reihenfolge orientiert. Wenn noch etwas zur Verfügung steht, werden die Personen von der Backup-Liste kurzfristig eingeladen. Das braucht Flexibilität und Verständnis, birgt aber auch die Chance, frühzeitig geimpft zu werden.

Warum gibt es nicht mehr Impfstoff?
Das kann ich nicht beantworten. Wir haben in Vorarlberg ein großes Impfzentrum und es wäre möglich, alle Einwohner innerhalb von zwei Wochen zu impfen.

Bisher sind nur die Impfstoffe von Biontech Pfizer und Moderna zugelassen. Wird Letzterer bereits in Vorarlberg verwendet?
Bisher noch nicht. Wir wissen auch nicht, wann der Moderna-Impfstoff kommt.

Was ist der Unterschied zwischen den beiden zugelassenen und AstraZeneca, das wohl bald auf den Markt kommen wird?
Bei Biontech Pfizer und Moderna handelt es sich um RNA-Impfstoffe. AstraZeneca ist ein Vektorimpfstoff, hat aber das gleiche Ziel wie die beiden anderen - nämlich Antikörper gegen Covid 19 zu bilden.

Es gibt Studien, die AstraZeneca als weniger wirksam einstufen ...
Es gibt eine Studie, bei der eine niedrigere Dosis verabreicht wurde und die Immunitätszahlen deutlich besser waren. Es wurde eine Immunität von 90 Prozent erreicht wie bei Biontech Pfizer und Moderna. Entscheidend ist, dass jeder Impfstoff, der bei uns verwendet wird, eine gleichermaßen hohe Sicherheitsdatenlage hat.

Gibt es Impfstoffe, die für bestimmte Altersgruppen besser geeignet sind?
Am besten ist der Impfstoff, der verfügbar ist. Die ältere Bevölkerung ist bei den RNA-Impfstoffen sicher aufgehoben.

Wurde AstraZeneca bei Älteren getestet?
Nicht umfassend und es ist fraglich, ob die Europäische Arzneimittel-Agentur den Impfstoff für die über 60-Jährigen zulässt.

Warum kann sich niemand seinen Impfstoff aussuchen?
Aufgrund der Impfstoffknappheit müssen wir immer mit dem arbeiten, was wir bekommen. Würde Impfstoff in ausreichender Form geliefert, wäre das möglich. Aber wie gesagt: Jeder in Österreich verwendete Impfstoff ist geprüft und kann eine ausgezeichnete Datenlage vorweisen.

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Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit hatte, geimpft zu werden. Ich hätte jeden zugelassenen Impfstoff akzeptiert und genommen.

Alexandra Waibel-Rümmele

Welchen würden Sie persönlich aussuchen?
Ich bin froh, dass ich die Möglichkeit hatte, geimpft zu werden. Ich hätte jeden zugelassenen Impfstoff akzeptiert und genommen.

Wie sieht es mit den Nebenwirkungen auf den bisher verimpften Stoff aus?
Die Reaktionen haben sich in der Regel auf Schmerzen, Rötungen oder Schwellungen an der Einstichstelle beschränkt. Ich selbst hatte nach beiden Impfungen einen Tag lang hohes Fieber. Impfreaktionen sind generell gut beherrschbar, dauern zwischen 24 und 48 Stunden. Sie können unangenehm sein, haben aber in der Regel einen harmlosen Verlauf. Man muss auch wissen, dass Impfreaktionen grundsätzlich ein spürbares Zeichen dafür sind, dass die Impfung wirkt und Antikörper gebildet werden.

Die EU hätte noch Verträge mit drei weiteren Impfstoffherstellern. Wann kommen diese Produkte?
Es sind noch einige in Vorbereitung, mit den Zulassungen dürfte es aber noch dauern. Es wäre wirklich eine Überraschung, wenn vor März noch andere Impfstoffe als die drei bereits genannten auf den Markt kommen würden.

Es gibt Länder, die selbst Impfstoffe kreiert haben. Gibt es da Alternativen?
In Europa gibt es klare Richtlinien für eine Zulassung. Wenn die Datenlage der Studien nicht passt, wird es nicht zu einer Zulassung kommen.

Wie sieht es mit Impfstoffen für Kinder aus?
Pfizer ist ab 16 Jahren zugelassen, Moderna ab 18 Jahren. Bei AstraZeneca wird es ähnlich sein.

Wäre Sie dafür, Kinder gegen Corona zu impfen?
Wenn es eine gute Studienlage gibt, ja. Aber im Moment ist keiner dieser Impfstoffe dahingehend überprüft.

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Um Impfskeptiker zu überzeugen, bedarf es einer guten Aufklärung. Es braucht offene Gespräche und Transparenz.

Alexandra Waibel-Rümmele

Wie überzeugen Sie Impfgegner von der Notwendigkeit einer Impfung?
Es gibt absolute Impfgegner und diese in ihrer Meinung zu ändern, ist fast unmöglich. Um Impfskeptiker zu überzeugen, bedarf es einer guten Aufklärung. Es braucht offene Gespräche und Transparenz. Oft sind es persönliche gesundheitliche Fragen, die zu Skepsis führen. Diese beantworten Ärztinnen und Ärzte gerne.

Wie gewinnen Sie Impfskeptiker für Ihr Anliegen?
Impfen ist eine freie Entscheidung eines jeden Menschen. Wir wollen niemanden überreden, sondern setzen auf umfassende Information. Deshalb erklären wir, wie der Impfstoff aufgebaut ist, was dieser bewirkt. Das überzeugendste Argument für die Impfung ist jedoch die Rückkehr zum normalen Leben, nach der wir uns alle so sehnen. Die Impfung ist der Schlüssel dazu.

Trauen Sie sich eine Prognose zu, ab wann wieder ein normales Leben möglich ist?
Das maße ich mir nicht an. Wir sind noch weit von einer guten Durchimpfungsrate entfernt. Daher muss die oberste Priorität sein, erst einmal genügend Impfstoff zu besorgen. Hätten wir diesen, wäre Normalität bereits im Frühjahr greifbar. Wir Ärztinnen und Ärzte sind jedenfalls bereit zum Impfen.

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