Keine Anlaufstelle

Pflege-Dauerbelastung für eine ganze Familie

Tirol
22.01.2021 15:00

Durch eine Komplikation während der Schwangerschaft ihrer Mutter wurde die dreijährige Rosalie zu einem lebenslangen Pflegefall. Ihre Rundum-Betreuung wird von der Familie erledigt. Weil es für solche Fälle im Land keine Anlaufstelle gibt, die mobile Pflege von Kindern in ihrem Zuhause bietet.

Ein leises, herzzerreißendes Weinen weckt die fünffache Mutter Martina Altendorfer aus Mutters kurz nach Mitternacht bereits zum dritten Mal in dieser Nacht auf. Ihre dreijährige Tochter Rosalie, deren Kinderbettchen im Schlafzimmer steht, hat Hunger und muss gefüttert werden.

Schlaganfälle vor Geburt
Eine schwerwiegende medizinische Komplikation in der 24. Schwangerschaftswoche, welche Mama Martina fast das Leben gekostet hätte, beschert der ungeborenen Rosalie noch im Bauch der Mutter zwei Schlaganfälle. Das Kind erblickte dann in der 27. Schwangerschaftswoche schwer behindert das Licht der Welt. Rosalie leidet unter Cerebralparese. Diese frühkindliche Hirnschädigung führte bei ihr zu einer vollkommenen Aktivitätseinschränkung und epileptischen Anfällen. Dadurch ist es dem herzigen Mädchen auch nicht möglich, „normal“ und zu festen Zeitpunkten zu essen. „Rosalies Nahrung besteht primär aus einer Art Astronautennahrung, festes Essen kann sie nicht kauen und die Nahrungsaufnahme erfolgt somit in kleinen Dosen über 24 Stunden verteilt. Teilweise gebe ich ihr bis zu acht Mal über die Nacht verteilt ihr Essen“, schildert Martina Altendorfer im Gespräch mit der „Tiroler Krone“.

Die Familie übernimmt im Wechsel die Pflege
Martina Altendorfer bemüht sich seit Rosalie geboren wurde um Unterstützung von der öffentlichen Hand und kämpft dabei gegen Windmühlen, da Rosalie Tag und Nacht Pflege-Betreuung benötigt. Martinas Partner Anton und die vier anderen Kinder im Alter von 11 bis 22 Jahren unterstützen die Mutter bei der Pflege von Rosalie – im Wechsel und wenn es abseits der eigenen Verpflichtungen zeitlich möglich ist. Erst mithilfe eines Anwalts wurde Rosalie vor Kurzem die Pflegestufe 7 bewilligt. Für Künstlerin und Juristin Susi Kra, welche das private Hilfsprojekt „Stille Helden“ gründete und leitet, stellt diese Situation ein Ding der puren sozialen Unmenschlichkeit dar.

Rosalie benötigt auch professionelle Hilfe
Juristin Kra dazu: „Ohne professionelle Hilfe ist das auf Dauer nicht zu schaffen, erst recht nicht, wenn noch Geschwisterkinder zu betreuen sind. Geschweige denn mit einer Berufstätigkeit. Und ja, Rosalies Mutter muss neben 24-Stunden Pflege, Homeschooling und Haushalt noch arbeiten gehen, weil in Österreich eine Pflegekarenz nur für drei Monate oder zur Begleitung eines sterbenden Kindes vorgesehen ist. Für den Gesetzgeber und die Behörden existieren offenbar nur gesunde oder sterbende Kinder, alles dazwischen wird geflissentlich ignoriert.“

Keine Pflegekraft zu finden
Es bräuchte also die Unterstützung einer medizinisch ausgebildeten Pflegekraft, die regelmäßig für einige Stunden zu Familie Altendorfer kommt und die Pflege von Rosalie übernimmt. Damit die Betroffenen entlastet werden, sprich sich auch einmal in Ruhe um die anderen Kinder kümmern, selbst einmal zum Arzt gehen oder ein paar Stunden am Stück schlafen können. Doch so eine Pflegekraft ist in ganz Tirol nicht zu finden. Auch bietet das Land Tirol keine Anlaufstellen für derartige Fälle – im Gegensatz zu anderen Bundesländern.

Für die Entlastung von Familien mit dauerhaft pflegebedürftigen Kindern Zuhause besteht in Tirol nur eine Möglichkeit, welche die Behörden solchen Familien, auch Rosalies Mutter, regelmäßig „ans Herz legen“ - nämlich die Unterbringung ihrer schwerkranken, behinderten Kinder im Heim.

SPÖ-Obmann Georg Dornauer sichert Hilfe zu
Hilfe erwarten sich nun alle an dieser tragischen Situation Beteiligten durch den Landespolitiker und SPÖ-Landesparteiobmann Georg Dornauer, welcher auf Anfrage der „Tiroler Krone“ folgendes mitzuteilen hat: „Ich werde in genau einer Woche einen Dringlichkeitsantrag einbringen. Der Tiroler Landtag wird dann über diesen abstimmen. Ich glaube, dass wir in einer so prekären Lage nicht noch länger Zeit vergeuden dürfen, sondern so schnell wie möglich die notwendige Hilfe realisieren sollten.“

Hubert Berger, Kronen Zeitung

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