Wo es möglich ist

Deutschland will Homeoffice zur „Pflicht“ machen

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20.01.2021 12:02

Der Rückzug vom Arbeitsplatz ins Homeoffice soll in Deutschland ein zentraler Baustein im Kampf gegen die Corona-Pandemie werden. Nach dem Willen von Bund und Ländern müssen Arbeitgeber dies überall dort möglich machen, wo es die Tätigkeiten zulassen. Dadurch sollen Kontakte am Arbeitsort, aber auch auf dem Weg zur Arbeit reduziert werden. Details der geplanten Vorgaben stellte Arbeitsminister Hubertus Heil am Mittwoch vor.

Arbeitgeber hätten Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstünden, heißt es in der entsprechenden Verordnung. Das Ministerium spricht in den Erläuterungen zu dieser von einer „Pflicht“, Homeoffice anzubieten, „soweit dies nach den betrieblichen Gegebenheiten möglich ist“.

Die neue Verordnung für eine Ausweitung des Homeoffice wird nach Angaben des deutschen Arbeitsministers voraussichtlich am Mittwoch nächster Woche in Kraft treten. Dies teilt der SPD-Politiker nach der Kabinettssitzung mit. „Wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Homeoffice anbieten“, bekräftigte Heil. Viele Unternehmen machten das bereits vorbildlich, aber es sei „durchaus viel Luft nach oben“. Ziel sei es, Kontakte zu reduzieren und mögliche Infektionen zu vermeiden.

Heil warnte am Dienstagabend bei „Bild live“ Arbeitgeber davor, die Möglichkeit zum Homeoffice willkürlich zu verneinen und kündigte Kontrollen an. „Sie müssen klar sagen, wo es geht - und auch, wo es nicht geht. Wo es möglich ist, sollen sie es ermöglichen, und das wird im Zweifelsfall auch von Arbeitsschutzbehörden überprüft.“ Für die Beschäftigten besteht laut Ministerium keine Verpflichtung zur Annahme und Umsetzung eines Homeoffice-Angebots.

Wirtschaftsminister will „so wenig staatliche Regulierungen wie möglich“
Kontrollen oder Sanktionen bei der Einhaltung der Homeoffice-Regelungen werden nach Meinung von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aber „nur ganz selten“ gebraucht werden. „Wir wollen kein bürokratisches Gebilde, sondern wir wollen erreichen, dass es flexibel im Interesse der Betriebe und Arbeitnehmer funktioniert“, sagt er im ARD-„Morgenmagazin“ am Mittwoch. Es müssten so wenig Menschen wie möglich im öffentlichen Nahverkehr oder auf den Straßen sein. „Wir müssen soziale Kontakte reduzieren“, so Altmaier. „Wir wollen so wenig staatliche Regulierungen wie möglich.“

Zwang zum Homeoffice umstritten
Ein Zwang zum Arbeiten in den eigenen vier Wänden ist allerdings umstritten. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte im Radiosender WDR 5, das Ziel, den Homeoffice-Anteil an der Belegschaft zu erhöhen, sei zwar richtig, der Weg über eine Verordnung sei aber falsch. Die von Heil vorgelegte Regelung sei ein „Bürokratiemonster“. Pinkwart wies darauf hin, dass Unternehmen seit dem Ausbruch der Pandemie mit Hygienekonzepten und mit geteilten Teams, die wechselnd zu Hause und im Unternehmen im Einsatz waren, „hervorragend gearbeitet“ hätten. Ähnlich hatten Unternehmerverbände in der seit Wochen laufenden Homeoffice-Debatte argumentiert - und sich stets gegen eine Pflicht zur Arbeit zu Hause gesperrt.

„Zu viele Büros offengelassen“
Für Ärztefunktionär Frank Ulrich Montgomery ist eine solche Pflicht aber nun dringend geboten. „Es ist gut, dass die Arbeitgeber jetzt per Verordnung zu mehr Homeoffice-Angeboten gebracht werden sollen“, sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes der „Rheinischen Post“. „In dieser zweiten Welle wurden noch viel zu viele Büros offengelassen. Es gab sogar Unabkömmlichkeitserklärungen, die an Arbeitnehmer verschickt wurden, obwohl dies nicht unbedingt nötig gewesen wäre.“ Aus seiner Sicht haben Arbeitgeber „einen Anteil daran, dass die Infektionszahlen noch einmal so stark steigen konnten“.

Der Hauptgeschäftsführer des deutschen Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander, bezeichnete die beschlossenen Vorgaben für mehr Homeoffice als „inakzeptabel“. Noch im November habe Heil verkündet, von diesem Vorhaben abzusehen. „Dieses nun unter dem Etikett der Pandemiebekämpfung einzubringen, erweckt den Eindruck, als nutze der Minister die Pandemie für parteipolitische Zwecke“, teilte Zander mit.

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