Hilft dicke Geldbörse?

Vorreihungen beim Impfen sorgen für Aufregung

Wien
19.01.2021 09:21

Der Impfplan der Regierung - „je älter, desto früher“, Gesundheitspersonal zuerst - ist gut, hat aber Schlupflöcher. Nach Oberösterreich und Kärnten zeigt der Fall eines privaten Floridsdorfer Pflegeheims: Auch externe jüngere Leute, darunter der Ehegatte der Direktorin, wurden immunisiert - gesetzlich gedeckt. Zudem wurden ähnliche Vorgehensweisen in Tirol und Vorarlberg bekannt.

Im Heim in der Töllergasse wurden am Freitag Covid-Impfungen durchgeführt. 33 Bewohner und Mitarbeiter hatten sich angemeldet. Durch krankheitsbedingte Ausfälle blieben 13 Spritzen übrig. Sie wurden „spontan“ an Externe verabreicht, heißt es. Ein junger Zivildiener, Nonnen aus dem Kloster nebenan sowie Ehepartner von Angestellten wie eben der Pflegeleiterin erhielten die rettende Dosis in den Arm.

Kein Impfstoff soll vergeudet werden
Macht keine gute Optik, ist jedoch legal. „Oberstes Prinzip ist, dass kein Impfstoff vergeudet wird. Dabei zählt die Schnelligkeit“, sagt Andreas Huber vom Medizinischen Krisenstab der Stadt Wien. Ist das Vakzin einmal geöffnet, muss es innerhalb von zwei Stunden verbraucht werden. Ansonsten verdirbt der Impfstoff.

Genau das führt auch das Floridsdorfer Heim an. Wer rasch zur Hand war, bekam das Serum. Egal, wie alt oder jung. Andreas Huber bestätigt: „Überschüssiges“ Serum darf im Prinzip beliebig vergeben werden. Einerlei, an wen. Das öffnet Missbrauch Tür und Tor.

An offizieller Reihung vorbeigeschwindelt
In Eberschwang in Oberösterreich waren es Politiker, die sich an der offiziellen Reihung vorbeigeschwindelt haben. Genauso könnten sich Reiche gegen eine „Spende“ vordrängen. Motto: „Ein Anruf, und ich bin in 20 Minuten da.“ Leute sollen als vermeintliche Hochrisikopatienten eingetragen worden sein, um früher an die erste Teilimpfung zu kommen, auch von Geschenken an Heime ist die Rede. In Kärnten hat das Land in einem Fall eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft angekündigt. Auch in Salzburg waren Vorwürfe laut geworden, ebenso im Burgenland, die man gegenüber der „Krone“ zurückwies.

Impf-Reste an Gemeindemitarbeiter verimpft
Auch in Tirol gibt es Aufregung um die Verabreichung von Impfstoff. So wurden in einem Altenheim in Kirchbichl nicht nur Heimbewohner, sondern auch Gemeindemitarbeiter sowie der Sohn des Bürgermeisters geimpft. Der Ortschef verteidigt das Vorgehen damit, keinen Impfstoff verderben zu lassen. Das Land Tirol appellierte daran, auch bei sehr kurzfristig verfügbaren Impfstoffen, den Plan einzuhalten.

Feldkircher Bürgermeister erhielt Corona-Impfung
Der jüngste Vorwurf: Am Dienstagvormittag wurde bekannt, dass es in Vorarlberg zum zweiten Mal eine fragwürdige Vorreihung bei der Corona-Impfung gab. Der Feldkircher Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP) ließ sich bei einer Impfaktion in einem Seniorenheim in Feldkirch-Gisingen impfen, obwohl er laut offiziellem Impfplan noch nicht an der Reihe war. Er begründete das mit dem ständigen Kontakt zu den Bewohnern des Seniorenheims.

Heim-Ärztin Susanne Furlan sah das jedoch anders und verweigerte Matt die Impfung: „Es sind noch so viele Leute draußen gestanden, die eine Impfung dringender benötigt hätten“, sagte sie gegenüber den „Vorarlberger Nachrichten“.

„Brauchen das Vertrauen, dass in richtiger Reihenfolge geimpft wird“
Die Vorgabe des Ministeriums hier ist klar: Übrig gebliebene Impfdosen sollen an Ersatzpersonen verimpft werden - aber eben der Prioritätenreihung nach. Und da wären etwa Politiker generell noch nicht an der Reihe. So ein Vordrängen ist auch bei der Bioethikkommission nicht gern gesehen: „Wir haben derzeit noch einen Impfstoffmangel, deshalb gibt es auch eine Prioritätenliste. Wir brauchen das Vertrauen, dass in der richtigen Reihenfolge geimpft wird - und das kann man als Einwohner von Österreich ja wohl auch verlangen“, so die Vorsitzende Christiane Druml.

Alexander Schönherr und Maida Dedagic, Kronen Zeitung/krone.at

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