Großteil aus China

Maskenpflicht: Rare Ware FFP2 aus Österreich?

Österreich
18.01.2021 20:26

Ob alle Über-65-Jährigen ihre versprochene FFP2-Maske nächsten Montag tragen werden, ist ungewiss, wie in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ am Sonntag bekannt wurde: Noch 900.000 der 1,7 Millionen FFP2-Masken werden laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) „bis allerspätestens Ende des Monats“ geliefert - nur 200.000 stammen davon aus Österreich, der Rest aus China. CPA-Masken - die Abkürzung steht für „Corona SARS-CoV-2 Pandemie Atemschutzmaske“ - aus heimischer Produktion sind für Private sogar unverkäuflich, ging indirekt aus einer Anfragebeantwortung des Gesundheitsministeriums hervor.

Ein Anwalt, der bereits im April des Vorjahres für seine Kanzlei derartige „Corona SARS-CoV-2 Pandemie Atemschutzmaske“ - ein der FFP2-Maske ähnliches Produkt aus Österreich - erwerben wollte, scheiterte Ende des Jahres erneut beim Kaufversuch.

Daraufhin schrieb der Mann an das Gesundheitsministerium und wies darauf hin, dass seines Wissens nach ausreichende Produktions- und Lieferkapazitäten des Herstellers vorliegen würden, um „ganz Österreich mit diesen Masken versorgen zu können. Es ist mir daher unbegreiflich, dass ein innovatives österreichisches Unternehmen durch wie auch immer geartete, mir nicht zugängliche und schon gar nicht verständliche öffentlich rechtliche Restriktionen nicht in der Lage sein darf, Schutzausrüstung für die gesamte Bevölkerung (nicht nur medizinisches Personal) herzustellen und zu verkaufen.“

Anschober verweist auf CPA-Erlass
Die Antwort vom Gesundheitsminister rund eine Woche später besagte, dass in Österreich nach wie vor „ein dramatisch erhöhter Bedarf nach persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) v.a. im Gesundheits- und Pflegebereich“ bestehe, verweisen wird auf einen Erlass des Wirtschaftsministeriums vom April. Das geht alles aus einer Anfrage von NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker an Anschober hervor.

Zudem wollte Loacker erfahren, ob es zwischen österreichischen Schutzausrüstungsproduzenten und dem Bund bzw. den Ländern Verträge gibt, die Private vom Kauf dieser Schutzausrüstung ausschließen würde. Anschober antwortete, dass ihm solche Verträge nicht bekannt seien - und verwies erneut auf den CPA-Erlass des Wirtschaftsministeriums. In diesem ist zu lesen, dass CPA-Masken „somit ausschließlich der dringenden Versorgung von medizinischen Fachkräften für die Dauer der derzeitigen Gesundheitsbedrohung“ dienen. Sie „dürfen nicht in normale Vertriebskanäle gelangen oder anderen Verwendern zugänglich gemacht werden“, heißt es in dem der APA vorliegenden Erlass.

Unterschied zwischen FFP2-Maske und CPA-Maske

Eine Schutzmaske darf gemäß ÖNORM EN 149 als FFP2 bezeichnet werden, wenn sie ein umfangreiches und langwieriges Verfahren nach EU-Recht durchlaufen hat. Im Frühjahr 2020 hat das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch einen entsprechenden Erlass ein verkürztes Bewertungsverfahren für „Corona-Virus Pandemie Atemschutzmasken (CPA)“ ermöglicht, bei dem Masken nicht das komplette Prüfverfahren der ÖNORM EN 149 durchlaufen müssen. Die zu erreichenden Prüfwerte orientieren sich dabei an der ÖNORM EN 149, konkret am Standard FFP2.

Loacker kritisiert „leeres Versprechen“ von Schramböck
NEOS-Gesundheitssprecher Loacker kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Ankündigung von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im April, dass die heimische Maskenproduktion angekurbelt werde, ein leeres Versprechen war, „wenn man den produzierenden Unternehmen gleichzeitig untersagt, dass sie die Masken, die sie in großer Zahl produzieren, auch in großer Zahl unters Volk bringen“. Der Gesundheitsminister hätte „bis heute nicht auf die Reihe gebracht, dafür zu sorgen, dass auch ausreichend hochwertige Schutzmasken für alle verfügbar sind“.

Nur Teil der Masken für Menschen über 65 aus Österreich
Schutzmasken aus österreichischer Produktion werden auch die meisten der Menschen über 65-Jahre nicht erwarten können, denn laut Bundesbeschaffungsbehörde stammen nach Angaben in „Im Zentrum“ nur 220.000 aus heimischen Betrieben - der Rest komme aus China. Auf die Frage, ob es angesichts der baldigen Pflicht zur FFP2-Maske nicht genug Masken gebe, oder ob dies eine Preisfrage sei, sagte Anschober: „Selbstverständlich wäre das gut, wenn es heimische Betriebe schnell realisieren können“, beides sei aber nicht der Fall gewesen.

Für Nachschub ist aber gesorgt: So gab der österreichische Maskenhersteller Hygiene Austria LP, ein Joint Venture von Lenzing und Palmers, am Montag bekannt, derzeit die Ausweitung der Produktion von FFP2-Masken zu prüfen. Schon jetzt würden monatlich zehn Millionen FFP2-Masken produziert, die reißenden Absatz finden.

Grazer Medizinprodukte-Firma wurde nicht informiert
Die Grazer Firma Aventrium, eine von zwei großen FFP2-Maskenproduzenten in Österreich, zeigte sich hingegen von der Ankündigung der FFP2-Maskenpflicht durch die Bundesregierung überrascht. „Mit uns hat bisher niemand geredet“, wunderte sich Geschäftsführer Dominik Holzner am Montag im APA-Gespräch. Hätte jemand die Firma einbezogen, hätte sie sich auf die steigende Nachfrage besser einstellen können. „Es wäre ratsam gewesen, das mit uns im Vorfeld abzuklären.“

Die Bestellungen seien „explodiert“, schildert Holzner. Alleine am heutigen Tag habe man Bestellungen für 37 Millionen FFP2-Masken erhalten. Der österreichische Markt brauche circa 2,5 Millionen FFP2-Masken täglich. „Das könnten wir alleine abdecken“, versichert er. Allerdings hätte man da vorher mit Aventrium Health Care sprechen sollen. Derzeit seien viele Kapazitäten durch die Auftragslage gebunden. Die Firma liefere viel nach Deutschland, in die USA und in andere Länder, die an Atemschutzmasken österreichischer Qualität interessiert seien. Und alleine die Vorlaufzeit für die Kartons, in denen die Masken verpackt und versendet werden, betrage vier bis sechs Wochen.

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