Zu viele Opfer

Tote in Heimen: Ombudsfrau sieht eklatante Mängel

Steiermark
17.01.2021 08:00

Die Corona-Pandemie forderte gerade in den steirischen Alten- und Pflegeheimen einfach viel zu viele Opfer. Pflegeombudsfrau Michaela Wlattnig kritisiert die teils eklatanten Mängel und hofft, dass daraus nun die richtigen Lehren gezogen werden.

Die Pandemie hat in den Pflegeheimen viele Opfer gefordert. 875 Personen sind insgesamt zwischen 9. November und 20. Dezember 2020 in Heimen verstorben. 2019 waren es 438 - also fast nur halb so viele.

Die Steiermark ist außerdem das Bundesland mit der höchsten Übersterblichkeit auf die gesamte Gesellschaft gerechnet. 2020 sind fast 15 Prozent mehr Menschen gestorben als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. Und hierzulande stehen auch die meisten Pflegeheime: 230 Einrichtungen machen etwa 30 Prozent der österreichischen Heime aus.

Pandemie wirkt wie ein Brennglas“
So viel zu den Zahlenspielen. Aber was steckt dahinter? Nur 20 Prozent der pflegebedürftigen Menschen wohnen in Heimen, die meisten werden also zuhause betreut, weiß Pflegeombudsfrau Michaela Wlattnig. „In den Heimen wohnen sehr alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen“, sagt sie. „Da wirkt die Pandemie wie ein Brennglas auf die Schwachstellen.“

Virus ist nicht durch Besucher gekommen
Wlattnig will keinen Verantwortlichen suchen. Man müsse die Geschehnisse genau analysieren, um daraus zu lernen. „Es gibt bisher keinen Nachweis, dass das Virus durch Besucher hineingetragen wurde. Es wurden schon sehr früh strenge Schutzmaßnahmen getroffen. Beschwerden gab es wegen mangelnden Einsatzes von Schutzausrüstung“, sagt Wlattnig. Hier seien die Betreiber verantwortlich.

Personal war am Limit
Das Personal habe während der Pandemie am Limit gearbeitet. „Die Situation war ganz, ganz schwer. Die Pfleger waren selbst von Infektionen betroffen, viele Kollegen sind ausgefallen. Es gab zusätzliche Arbeit, wie das Organisieren von Tests. Wenn es davor schon wenig Personal gegeben hat, funktioniert das nicht“, sagt die Juristin. Diese Zeit fehle dann für Gespräche, aber auch für die Mobilisation der Bewohner. „Es muss Zeit bleiben für die Menschen! Manche sind seit fast einem Jahr isoliert.“

Impfwilligkeit liegt bei knapp unter der Hälfte
Die Impfwilligkeit beim Personal liegt bei etwa 40 bis 50 Prozent, schätzt Wlattnig. „Es wäre natürlich zu wünschen, dass sie größer ist - aber ich verstehe die Skepsis.“ Das Problem: Die Aufklärung fehlt. Sie fordert deswegen Info-Veranstaltungen, in denen die Betroffenen Fragen stellen können - auch als Ausdruck der Wertschätzung. „Eine Impfpflicht kann man derzeit auf keinen Fall fordern.“

Harsche Kritik übt Wlattnig in Sachen Impf-Verzögerung. „Der Bund hat die Organisation im Sommer verschlafen. Sobald die Dosen da waren, hätte es losgehen müssen. Angelegenheiten wie die Einbindung von Hausärzten hätten früher geklärt sein müssen.“

„Schäden der sozialen Isolation werden bleiben“
Auch wenn die Impfung nun hoffentlich Entspannung bringt: „Die Schäden der sozialen Isolation werden bleiben. Demenz-Erkrankungen haben sich dadurch verschlimmert. Soziale Teilhabe ist ein wesentlicher Faktor, um gesund älter zu werden“, so die Pflegeombudsfrau.

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