Machtspielchen in Rom

Regierung gesprengt: Matteo Renzi unter Beschuss

Ausland
14.01.2021 10:45

Nach dem Rückzug der Splitterpartei Italia Viva von Matteo Renzi steht das Mitte-Links-Bündnis in Italien ohne Mehrheit im Parlament da. Die zwei Ministerinnen von Italia Viva waren am Mittwoch zurückgetreten. Die regierenden Sozialdemokraten (PD) und die Fünf-Sterne-Bewegung werfen Renzi „Verrat“ vor. PD-Chef Nicola Zingaretti berief für Donnerstag eine Sitzung des Parteigremiums ein, um über die jüngsten Entwicklungen zu beraten. Er bezeichnete die Regierungskrise als „unbegreiflich“. Schließlich hatte Premier Giuseppe Conte bis zuletzt Bereitschaft signalisiert, mit Renzi über ein neues Regierungsprogramm zu verhandeln.

Scharfe Attacken gab es auch von der Fünf-Sterne-Bewegung. „Italia Viva zieht sich in einer Phase aus der Koalition zurück, in der das Land mit einem beispiellosen epidemiologischen und wirtschaftlichen Notstand konfrontiert ist“, so Justizminister Alfonso Bonafede. „Renzi flüchtet vor der Verantwortung.“ Gesundheitsminister Roberto Speranza von der zur Koalition gehörenden Linkskraft Liberi e Uguali warnte angesichts des Kampfs gegen Corona: „Es wäre ein unverzeihlicher Fehler, den Fokus zu verlieren oder so kurz vor der Ziellinie langsamer zu werden.“

Conte: „Harte Prüfungszeit, gravierender Schaden“
Premier Conte sagte, er habe bis zur letzten Minute versucht, den Dialog offen zu halten, um eine Regierungskrise abzuwenden - vergebens. „Diese Regierungskrise fügt unserem Land inmitten einer Pandemie und einer sehr harten Prüfungszeit einen gravierenden Schaden zu“, so Conte bei einer Ministerratsitzung am Mittwochabend. Jeder Versuch, Renzi zum Verbleib zu bewegen sei, gescheitert.

Die oppositionellen Mitte-Rechts-Parteien blicken unterdessen mit Hohn auf die Scherben der Regierungskoalition. „Die Italiener stehen im Bann des Dauerstreits unter den Regierungsparteien. In Italien gibt es kein Kabinett mehr“, kommentierte Lega-Chef Matteo Salvini, der sich für vorgezogene Parlamentswahlen aussprach. In vielen anderen Ländern, die mit der Pandemie konfrontiert sind, seien 2021 Wahlen geplant. Auch Italien könne daher im Frühjahr wählen. „Italien darf keine weitere Zeit mehr verlieren. Conte soll zurücktreten und den Weg zu Neuwahlen ebnen“, forderte auch Giorgia Meloni, die Chefin der Rechtspartei Fratelli d‘Italia.

Neuwahlen würden die Polit-Landschaft umkrempeln
Sollten die Regierungsparteien keine Lösung für die Krise finden, wären vorgezogene Parlamentswahlen der einzige Ausweg. Dagegen wehren sich unter anderem die Parlamentarier der Fünf-Sterne-Bewegung, die große Stimmenverluste befürchten. Laut Umfragen würden bei Neuwahlen ihre Stimmen halbiert werden.

Die Regierungsparteien scheuen Neuwahlen auch deshalb, weil diese laut Umfragen zu einem Sieg der Mitte-Rechts-Parteien mit Salvinis Lega führen könnten. Das neue Parlament müsste außerdem nach neuen Regeln gewählt werden, die die Italiener per Referendum im September abgesegnet haben. So würde die Zahl der Parlamentsmitglieder von aktuell 945 auf 600 schrumpfen und viele Parlamentarier würden ihre Sitze verlieren.

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