„Fatale Folgen“

Iran soll Urananreicherung unverzüglich einstellen

Ausland
06.01.2021 16:52

Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben den Iran aufgefordert, unverzüglich die umstrittene Urananreicherung auf 20 Prozent einzustellen und „sich jeder weiteren Eskalation zu enthalten“. Die Anreicherung berge „erhebliche Proliferationsrisiken“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister der drei Staaten am Mittwoch. Als Proliferation wird die Weitergabe von Material, Technologie und Fachwissen zur Entwicklung von Atomwaffen bezeichnet.

Der Iran hatte trotz internationaler Kritik in der unterirdischen Atomanlage Fordo rund 180 Kilometer südlich von Teheran mit der Urananreicherung auf 20 Prozent begonnen. Der Schritt stellt einen klaren Verstoß gegen das Atomabkommen dar, das einen Grenzwert von 3,67 Prozent vorsieht. Der deutsche Außenminister Heiko Maas und seine französischen und britischen Kollegen, Jean-Yves Le Drian und Dominic Raab, bezeichneten Teherans Schritt als „schwerwiegende negative Entwicklung“. Sie berge zudem die Gefahr, „dass die wichtige Gelegenheit für eine Rückkehr zur Diplomatie mit der künftigen US-Regierung infrage gestellt wird“. Der Iran müsse die Anreicherung unverzüglich einstellen und zu den vereinbarten Grenzwerten zurückkehren.

Das internationale Atomabkommen von 2015 soll sicherstellen, dass der Iran nicht die Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe erlangt. US-Präsident Donald Trump hatte die von ihm als unzulänglich betrachtete Vereinbarung jedoch im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und danach neue Sanktionen gegen Teheran in Kraft setzen lassen. Seitdem hat sich auch der Iran schrittweise aus dem Abkommen zurückgezogen.

Maas warnt vor „fatalen Folgen“
„Wir leben in einer Zeit, die sich wieder in eine Aufrüstungsspirale entwickelt hat. Und wenn wir weiterhin nur dasitzen und zugucken, wird das fatale Folgen haben", sagte Maas am Mittwoch im jordanischen Amman anlässlich einer Abrüstungskonferenz mit Vertretern aus 15 anderen Staaten. Gleichzeitig bekannte er sich aber zur Beteiligung Deutschlands an der nuklearen Abschreckung der NATO und damit auch zum Verbleib der US-Atombomben in Deutschland. Als Mitglied der NATO habe Deutschland Sicherheitsgarantien für seine europäischen Nachbarn übernommen und sei Teil der sogenannten nuklearen Teilhabe. „Und (wir) wollen das auch bleiben“, betonte der SPD-Politiker. Die Partei- und Fraktionsspitzen der SPD befürworten dagegen einen Abzug der Atomwaffen.

Als „nukleare Teilhabe“ wird das gemeinsame Abschreckungskonzept der NATO bezeichnet, an dem auch Länder beteiligt sind, die selbst keine Nuklearwaffen besitzen. In Deutschland lagern nach Expertenschätzungen noch etwa 20 Atombomben auf dem rheinland-pfälzischen Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel. Dort sind auch „Tornado“-Kampfjets der Bundeswehr stationiert, die die Bomben im Ernstfall abwerfen sollen.

Atomwaffenverbotsvertrag bislang von keiner Atommacht ratifiziert
Maas lehnte auch den Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen ab, der nach Ratifizierung durch inzwischen 51 Länder am 22. Jänner in Kraft tritt. „Es nützt nichts, Verträge zu schließen, an denen diejenigen nicht beteiligt sind, die über die Atomwaffen verfügen, die man abrüsten will“, sagte er zur Begründung. Dem Vertrag hatten 2017 insgesamt 122 der 193 UN-Mitglieder zugestimmt. Darunter war aber keine der mutmaßlich neun Atommächte und auch kein NATO-Staat. Die NATO hält die bestehenden Verträge für eine wirksamere Grundlage für konkrete Abrüstungsschritte.

Nukleare Bedrohung wieder deutlich gewachsen
Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte die Zahl der Atomwaffen weltweit zwar zunächst drastisch abgenommen, inzwischen ist die nukleare Bedrohung aber wieder deutlich gewachsen. 2019 platzte der Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen zwischen den USA und Russland. Auch die Zukunft eines zweiten zentralen Abrüstungsvertrags zwischen beiden Ländern ist ungewiss: Am 5. Februar läuft das Abkommen über die Reduzierung strategischer Atomwaffen aus, eine Einigung über eine Verlängerung steht noch aus.

Zudem werden bestehende Atomwaffen-Arsenale modernisiert und es wächst die Gefahr, dass neue Atommächte entstehen. Sollte Teheran nach der Atombombe greifen, könnte das einen nuklearen Rüstungswettlauf in der Region auslösen.

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