Thema Flüchtlinge

Die Grünen enttäuschen ihre eigenen Kernwähler

Tirol
28.12.2020 15:17

Im Nationalrat wurde vor Weihnachten darüber abgestimmt, ob Österreich Kinder aus den griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen soll. Die Grünen stimmten dagegen - und enttäuschen damit ihre Kernwählerschaft!

Die Bilder aus Kara Tepe sind erschreckend: Ein Lager voller Kinder, welche im Dreck versinken. Zelte, die dem Dauerregen und der Kälte nichts entgegensetzen können. Sie werden von Ratten gebissen, eine Dreijährige wird Medienberichten zufolge vergewaltigt.

Viele Österreicher wollen nicht mehr zuschauen. Fast alle Parteien außer FPÖ und ÖVP sprechen sich dafür aus, Kinder aus den Flüchtlingslagern nach Österreich zu holen. Auch innerhalb der ÖVP regen sich Stimmen, die sich gegen die Linie von Bundeskanzler Kurz stellen. Tirols Bischof Hermann Glettler spricht sich ebenso für die Aufnahme von Kindern aus wie WK-Präsident Christoph Walser und LR Beate Palfrader.

Die SPÖ brachte in der letzten Nationalratssitzung am 21. Dezember einen Antrag ein: Die Bundesregierung möge beschließen, die Aufnahme von Kindern und unbegleiteten Minderjährigen zu ermöglichen. Dagegen stimmen ÖVP und FPÖ. Und die Grünen.

Die Grünen an der kurzen Leine der ÖVP
Die Grünen mussten mit ihrem Koalitionspartner mitstimmen. Dabei wurde extra im türkisgrünen Regierungsabkommen das Prozedere abgemacht, welches einen „Modus zur Lösung von Krisen im Bereich Migration und Asyl“ aufzeigen soll. In dem steht auch, dass Gesetzesvorhaben auch zugestimmt werden können, wenn die Koalitionspartner unterschiedlich abstimmen. Trotzdem stimmen die Grünen gegen ihre Ideale ...

Die Grünen sind alles andere als glücklich
„Ich kann mich nur dem Appell unseres Bundespräsidenten anschließen: Wir haben Platz“, sagt die Tiroler Grünen-Nationalrätin Barbara Neßler, „uns bleibt nur, unentwegt zu versuchen, die ÖVP zu überzeugen, denn ohne sie gibt es keine Mehrheit im Nationalrat“.

Bei 71 türkisen Mandataren ist es tatsächlich schwer, die ÖVP zu überstimmen – und wenn die FPÖ mit der Volkspartei stimmt, dann ist es sogar unmöglich. Man müsste sich hier überlegen, wen man eher von der Sache überzeugen kann, eine ÖVP unter Kurz oder die FPÖ.

BM Willi vertraut auf christlich-soziale Werte
Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi, der schon im Frühjahr betont hatte, dass in Innsbruck Platz für Kinder aus dem Flüchtlingslager ist, sagt auf die Frage, ob er enttäuscht von seiner eigenen Partei ist: „Ich bin nicht von den Grünen enttäuscht, sondern von der ÖVP. Die ÖVP sagt von sich selbst, sie sei eine christlich-soziale Partei. Dieser Eigendefinition entsprechend sollte sie handeln. Noch scheitert die Aufnahme von Flüchtlingen aus den griechischen Lagern an der Haltung der ÖVP. Aber es gibt Bewegung. Auf vielen Seiten, auch in der ÖVP. Darauf vertraue ich. “

Für Grünen-GR Lukovic „fast schon blamabel“
Innsbrucks Gemeinderat Dejan Lukovic, eine der wenigen grünen Stimmen, die sich bekanntlich gegen eine Koalition mit der ÖVP ausgesprochen haben, geht mit der eigenen Partei indes wesentlich härter ins Gericht: „Wenn man sich als Regierungspartner gar nicht durchsetzt – das ist fast schon blamabel. Da hätte man auch in der Opposition bleiben können. Ich wüsste nicht, was Schwarz-Blau noch schlechter machen könnte als Schwarz-Grün. Wobei es hier natürlich die ÖVP ist, die blockiert.“

Während die Grünen also damit beschäftigt sind, „die ÖVP zu überzeugen“ und „sich mehr vom türkisen Koalitionspartner erwarten“, stimmen sie doch mit ihnen. Man darf gespannt sein, ob für die grünen Wähler Worte reichen – oder am Ende nicht doch Taten mehr zählen.

Nadine Isser, Kronen Zeitung

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