Weihnachtsfreude
Kekse vor der Haustüre, Plausch über den Balkon
Die Weihnachtsfeiertage sind nicht nur für Pflegebedürftige, sondern auch ihre Betreuer bisweilen eine schwierige Zeit. Vergessen wir sie nicht und machen wir ihnen eine Freude!
Viele von uns kämpfen in der Vorweihnachtszeit mit Stress, arbeiten endlose To-do-Listen ab, haben noch nicht alle Geschenke oder sind überfordert damit, was sie zu den Feiertagen kochen sollen. Ältere Menschen, die das Haus selbstständig nicht mehr verlassen können, hätten diese Probleme oft ganz gerne. Besuch kommt ja keiner, und die Heimhilfe ist am Abend auch nicht da. Pflegende Angehörige sind oft zerrissen zwischen ihrer Aufgabe und dem Stückchen ersehnter Normalität am Heiligen Abend. Die ausländische 24-Stunden-Pflegerin wiederum mag sich noch so bemühen - ihre eigene Familie zu Weihnachten nicht zu sehen ist dann doch hart.Vergessen wir sie nicht: Corona-Sicherheit und ein liebevolles Miteinander schließen einander nicht aus.
Eine freundliche Karte mit ein paar Kekserln der Nachbarin vor die Türe legen, ein Plausch über den Balkon, das Angebot an einen lieben Menschen, ihm einen kleinen Weihnachtsbaum zu besorgen oder etwas vom Festtagsessen hinüberzubringen können viel an Freude bewirken. Dass das Christkind eine umfassende Pflegereform unter den Weihnachtsbaum legt, ist nicht zu erwarten, Eile dennoch geboten. Sozialminister Rudolf Anschober bestätigte vor Kurzem, man sei bereits mitten in der Umsetzung der Reform und arbeite an einer bundeseinheitlichen Lösung gemeinsam mit Experten und auch Betroffenen. Im Jänner sollen die Ergebnisse der „Task Force Pflege“ vorliegen.
Personalbedarf wird sich fast verdoppeln
Besonders dringlich ist die Aufstockung des Personals - auch nicht wirklich überraschend. In den kommenden zehn Jahren wird sich der Bedarf an Pflegefachkräften etwa verdoppeln, zu den rund 120.000 Personen, die derzeit in diesem Bereich tätig sind, werden mindestens noch 100.000 zusätzliche nötig sein, wie von Experten errechnet. Im kommenden Jahr soll es endlich eine breit angelegte Attraktivierung des Pflegeberufs geben, und zwar in Richtung bessere finanzielle Rahmenbedingungen, moderne Arbeitsbedingungen (v. a. weniger Zeitdruck) und erweiterte Ausbildung. Zudem setzt Anschober auf Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Berufsumsteiger. Pflegende Angehörige sollen besser über Angebote zur Unterstützung informiert werden.
Fakten-Check: Wer hört rund um die Uhr zu?
- Katholische Telefonseelsorge: 142 (kostenfrei aus ganz Österreich)
- Notfallpsychologischer Dienst Österreich: 0699 188 554 00
- Ö3-Kummernummer: 116 123 (kostenfrei aus ganz Österreich, täglich von 16-24 Uhr)
- Familienberatung
- Psychiatrische Soforthilfe Wien: (01)31330
- Niederösterreichisches Krisentelefon: 0800 202016
- Psychiatrischer Not- und Krisendienst (PNK) Kärnten: 0664 3007007 und 0664 3009003
- Krisenhilfe Oberösterreich: 073221-77
- Pro Mente Salzburg: 0662-433351 (Salzburg), 06412-20033 (St. Johann), 06542-72600 (Zell am See)
- Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck: 050 504 (diensthabende Psychiaterin/diensthabenden Psychiater verlangen)
- Caritas Plaudernetz: 051776 100
Wer hilft bei Pflegenotfall?
- Johanniter-Pflegenotdienst Wien: (01) 470 70 30 5778 (kostenlos)
- Caritas Pflege-Hotline Oberösterreich 051-775 775
- Pflegehotline NÖ: 02742-9005 und -9095 (Montag-Freitag 8.00- 16.00 Uhr)
- Mobile Palliativteams
Ingrid Korosec, Österr. Seniorenbund: „Pflege darf nicht einsam machen!“
Durch die Corona-Krise wird etwas zum Thema, das ältere, betreuungsbedürftige Menschen und ihre Familien nur zu gut kennen: Einsamkeit. Plötzlich merken alle, auch Junge, wie wichtig der ganz alltägliche Kontakt mit anderen Menschen ist. Selbst wenn man nicht allein lebt, fehlen Freunde und Bekannte sehr. Wer einsam ist, ist selber schuld, so hieß es oft. Jetzt sieht wohl jeder, dass auch äußere Umstände einsam machen können. Für ältere Menschen, pflegende Angehörige, aber auch 24-Stunden-Betreuerinnen ist das hingegen leider ganz normal. Nur gesprochen haben sie bisher darüber nicht. Wohl auch, weil es kaum jemanden interessiert. Ältere Menschen leiden oft darunter, dass Körper und Geist das eilige Tempo des modernen Alltags nicht mehr mitmachen können. Die Betreuer, egal ob Partner oder bezahlte Kraft, vereinsamen, weil die schwere Aufgabe ihnen keine Zeit und Kraft für Sozialkontakte mehr lässt. Wer einen kranken oder dementen Menschen versorgt, hat nicht die Ruhe für ein Treffen im Freundeskreis - derzeit sowieso unmöglich.
Deshalb muss Einsamkeit bei der Pflegereform ein wichtiges Thema sein! Und das ist nicht nur eine Frage der Lebensqualität, sondern auch des Geldes. Denn Einsamkeit macht auch krank und dieses Kranksein kostet nicht weniger als 579 Mio. € im Jahr zusätzlich. Ein Bruchteil davon - richtig investiert - würde die hohen Folgekosten verhindern und allen Betroffenen bessere Lebensqualität geben. Die Lösung: Betreuungsbedürftige Menschen so durch den Alltag begleiten, dass sie den Kontakt zu anderen halten können. Den Betreuerinnen Gelegenheit geben durchzuschnaufen. Dafür gibt es Modelle, man muss sie nur umsetzen. Dafür setze ich mich in der Taskforce Pflege rund um Gesundheitsminister Anschober besonders ein.
Kontakt: Ingrid Korosec, Österreichischer Seniorenbund, Lichtenfelsgasse 7, 1010 Wien.
Karin Podolak, Kronen Zeitung
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