13-facher Mordversuch

Gastherme in Wohnung manipuliert: 12 Jahre Haft

Wien
14.12.2020 16:01

Weil er am Abend vor seiner Delogierung die Gastherme in seiner Wohnung manipuliert und in Explosionsabsicht Gas ausströmen hatte lassen, ist ein 62 Jahre alter Mann am Montag am Wiener Landesgericht zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der Angeklagte wurde wegen versuchter Brandstiftung und - bezogen auf die im Tatzeitpunkt im Gebäude befindlichen Menschen - 13-fachen Mordversuchs schuldig erkannt. Er behauptete vor Gericht, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, „dass ich wen anderen verletzen könnte“. Vielmehr wollte er lediglich seinen eigenen Tod herbeiführen, so der 62-Jährige.

Der Mann - ein gebürtiger Pole - hatte 2016 seine Arbeit als Mechaniker verloren und sich in weiterer Folge dem Alkohol ergeben: „Ich bin Alkoholiker geworden. Ich habe sehr viel getrunken. Das hat mir Ruhe gegeben.“ Seit Mai 2019 bezahlte er keine Miete mehr, insgesamt stand der Angeklagte mit Kredit- und Mietrückständen in Höhe von 45.000 Euro in der Kreide. Er sei aufgrund seiner Situation derart depressiv geworden, dass er keine Kraft mehr gehabt habe, Notstandshilfe zu beantragen. Schließlich habe er „die Entscheidung getroffen, das Gas aufzudrehen“.

Läuten an der Tür hätte für Explosion genügt
Am Abend vor seiner Delogierung manipulierte der Angeklagte in seiner Wohnung die Therme, indem er laut Anklage bei geöffneter Zuleitung die Überwurfmutter der Therme abmontierte. Der Staatsanwaltschaft zufolge hätte bereits das Betätigen eines Lichtschalters oder das Läuten an der Tür genügt, um die in der Degengasse in Ottakring gelegene 30 Quadratmeter-Wohnung in die Luft zu jagen. „Das Gas ist von 21.30 bis 8.15 Uhr am nächsten Tag ausgeströmt“, legte der Staatsanwalt eingangs des Verfahrens dar.

Als am nächsten Morgen eine Vertreterin der Hausverwaltung, ein Gerichtsvollzieher und Handwerker erschienen, um die Wohnung zu räumen, die der Angeklagte ein paar Stunden zuvor verlassen hatte, entgingen diese sowie die Mieter des dreistöckigen Wohngebäudes nur knapp einer Katastrophe. Der Schlosser, der die Tür öffnete, bekam diese ohne elektrische Hilfsmittel auf. Ansonsten hätte es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Explosion gegeben.

„Jeder Mensch weiß, dass Gas gefährlich ist“
In der Wohnung nahmen er und der Gerichtsvollzieher dann Gasgeruch wahr. Mit den Worten „Gas! Lauft‘s!“ liefen sie ins Freie, verständigten die Feuerwehr und leiteten die Evakuierung des Gebäudes in die Wege. Der 62-Jährige wurde am 17. Juli festgenommen. Ihm sei es nicht um eine Explosion gegangen, er habe sich vergiften wollen, betonte der Angeklagte: „Ich wusste nicht, dass in Österreich Gas nicht giftig ist.“ Diese Erklärung missfiel dem vorsitzenden Richter: „Jeder Mensch weiß, dass Gas gefährlich ist und explodieren kann.“

„Ich war sehr depressiv. Ich habe nicht logisch gedacht. Mein Hirn hat sich blockiert“, erwiderte der 62-Jährige. Nachdem er das Gas aufgedreht hatte, sei er schlafen gegangen und habe „auf den Tod gewartet“, gab der Mann zu Protokoll. „Ich habe gewartet, gewartet und gewartet. Und der Tod ist nicht gekommen.“ Aus „Verzweiflung, dass ich noch am Leben bin“, habe er schließlich die Wohnung verlassen und sei spazieren gegangen: „Ich hab‘ mich auf die Suche nach Alkohol begeben.“

Urteil noch nicht rechtskräftig
Bei der Strafbemessung wurde die bisherige Unbescholtenheit mildernd berücksichtigt. Erschwerend war die Bereitschaft, „andere mit in den Tod zu nehmen“, wie der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung darlegte. Der 62-Jährige nahm nach Rücksprache mit Verteidiger Andreas Reichenbach die Strafe an. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

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