„Grober Unfug“

Experte der Uni Innsbruck zweifelt an Massentests

Tirol
03.12.2020 18:00

Florian Deisenhammer, Arbeitsgruppenleiter für Neuroimmunologie an der Universitätsklinik Innsbruck, übt scharfe Kritik an den bundesweiten Corona-Massentests und spricht von „politischem Aktionismus“. Er halte die Massentests für „ungeeignet, um Infektionsketten zu durchbrechen“. 

Die Zuverlässigkeit von Antigentests an Gesunden sei nicht gesichert und das Risiko falscher Ergebnisse - positiv wie auch negativ - zu groß. So sei möglich, dass beinahe die Hälfte der Getesteten fälschlich negative Ergebnisse erhalten wird.

Zu diesem Schluss kommt eine systematische Analyse der Cochrane Gruppe, erklärte Deisenhammer. „Hier wird viel Geld für wenig Informationsgewinn investiert“, kritisierte der Mediziner, der auch zu SARS-CoV-2-Antikörpern und der Immunantwort in Folge einer Corona-Infektion forscht.

Auch falsche positive Tests möglich
Zudem müsse man die Inkubationszeit mitberücksichtigen: „Diese beträgt im Schnitt einige Tage, erst dann ist der Virus nachzuweisen, was heißt, das sehr frisch Infizierte nicht detektiert werden“. Auch mit falsch-positiven Ergebnissen sei zu rechnen.

Er bemängelte ferner, dass die „diagnostische Sensitivität der Studienergebnisse in diesem Setting nicht einschätzbar“ sei - sprich, ein Test verwendet werde, „dessen Zuverlässigkeitsdaten sich auf Untersuchungen bei erkrankten Personen“ beziehe.

Risikogruppen bleiben fern
„Überstürzt“ sei die großangelegte Testaktion daher, denn es wurde verabsäumt, „die Aussagekraft der Ergebnisse in einer Stichprobe im Voraus zu testen“. Zusätzlich müsse man den Selektionsfehler („selection bias“) beachten. Es sei davon auszugehen, dass vor allem Risikogruppen den Massentests fernbleiben.

„Ich denke nicht, dass die geplanten Corona-Massentests in dieser Form dazu geeignet sind, die Infektionsketten zu durchbrechen“, so das Fazit des Experten, „das Setting ist mit bisherigen medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen unvereinbar“. Er habe sich mit einem Schreiben bereits an das Gesundheitsamt gewandt, um seine Bedenken mitzuteilen, aber bis dato keine Reaktion erhalten.

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