Schuldspruch

Buwog-Prozess: 8 Jahre Haft für Karl-Heinz Grasser

Politik
04.12.2020 13:15

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und die weiteren Hauptangeklagten Walter Meischberger, Peter Hochegger und Karl Petrikovics sind im Buwog-Strafprozess verurteilt worden. Die Anklagepunkte lauteten unter anderem auf verbotene Geschenkannahme, Bestechung, Untreue, Unterschlagung, falscher Beweisaussage und Beweismittelfälschung. Grasser wurde wegen verbotener Geschenkannahme, Untreue und Beweismittelfälschung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verdonnert. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Grassers Anwalt Manfred Ainedter kündigte noch während der Urteilsverkündung Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde an.

Nach 168 Verhandlungstagen und knapp drei Jahren Prozessdauer ergingen die lange erwarteten Urteile im größten Korruptionsprozess der Zweiten Republik. Und diese sehen zum Teil lange Haftstrafen vor. Der ehemalige FPÖ-Politiker Meischberger wurde zu sieben, Ex-Lobbyist Hochegger zu sechs und Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics, dessen Unternehmen zum letztlich siegreichen Österreich-Konsortium bei der Buwog-Ausschreibung gehört hatte, zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Telekom-Urteil: Ein Jahr Haft für Ex-Vorstand
In einer mitverhandelten Causa wurde Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer zu einer Haftstrafe von einem Jahr (teilbedingt) verurteilt. Dabei ging es um Parteienfinanzierung und andere Zuwendungen mittels Telekom-Geldern, die über eine Firma Hocheggers ausgezahlt wurden. Die weiteren Urteile: Drei Jahre für Ex-RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer (teilbedingt), zwei Jahre für Anwalt Gerald Toifl (teilbedingt) und 20 Monate bedingt für den Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki.

Fünf Angeklagte im Komplex um den Linzer Terminal Tower sowie Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton wurden freigesprochen. Meischberger wurde vom Betrugsvorwurf rund um seine Villa in Wien-Döbling freigesprochen. Diesen Freispruch bekam der Trauzeuge Grassers allerdings nicht mit, da er vorher schon den Gerichtssaal verlassen hatte. Über den mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech wurde heute gar kein Urteil gesprochen. Er war den Großteil des Prozesses aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig und nahm daher an der Hauptverhandlung nicht teil.

Stille Hauptangeklagte mit gesenkten Blicken
Schon bereits während Richterin Marion Hohenecker die Urteile verlas, begannen die Verteidiger der Verurteilten sich untereinander zu beraten. Die Angeklagten lauschten den Worten der Richterin schweigend, Grasser senkte seinen Blick zu Boden.

Angeklagt war der Ex-Finanzminister wegen Korruption bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004. Grasser soll geheime Informationen über seine „Mittelsmänner“ Meischberger und Hochegger an die Immofinanz weitergegeben und dafür bei einer Provision von 9,6 Millionen Euro mitkassiert haben. Beim Linzer Terminal Tower seien 200.000 Euro Bestechungsgeld geflossen für den Einzug der Finanzbehörden in das Bürohaus, der auch erst durch eine Intervention Grassers zustande gekommen sein soll.

Der Prozess war am 12. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts unter großem Medieninteresse gestartet, das jedoch im langen Lauf des Verfahrens immer geringer wurde. Bei der Urteilsverkündung gab es wieder einen großen Andrang. Coronabedingt gab es eine längere Prozesspause im Frühling 2020. Ursprünglich sollte das Urteil vor dem Sommer verkündet werden, doch das Virus machte diesem Zeitplan einen Strich durch die Rechnung. Nach dem Lockdown wurde der Gerichtssaal mit Plexiglaswänden zwischen den Angeklagten ausgestattet.

Penible Richterin erhielt Lob von Grasser
Die Richterin prägte das Großverfahren mit äußerst genauer und penibler Prozessführung bzw. einer exakten Aktenkenntnis. Die Befragungen der Angeklagten und der Zeugen fielen sehr umfangreich aus. Gleichzeitig konnten die Angeklagten und ihre Anwälte selber ausführlich Stellung nehmen. Am Ende der Hauptverhandlung gab es sogar Lob von Grasser.

Die Zeugenbefragungen begannen am 75. Prozesstag, dem 19. Februar 2019. Unter den Befragten waren sowohl Beamte aus dem Finanzministerium, Mitarbeiter der Bietergesellschaften Immofinanz, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, oder des Bauunternehmens Porr. Aber auch der ehemalige Banker Julius Meinl oder Tilo Berlin, ehemals Vorstandschef der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank, wurden im Zeugenstand befragt. Zahlreiche Zeuginnen und Zeugen wurden auch per Videokonferenz mit der Schweiz oder Liechtenstein einvernommen.

Grasser wies Vorwürfe bis zuletzt zurück
Der Aussage im Prozess entschlagen haben sich Grassers Ehefrau Fiona und seine Schwiegermutter Marina Giori Lhota aus der Swarovski-Unternehmerfamilie. Sie wären zu jenen 500.000 Euro befragt worden, die Grasser als damaliger Finanzminister in bar in die Meinl Bank brachte und dort einzahlte. Grasser gab an, das Geld in der Schweiz bar von seiner Schwiegermutter erhalten zu haben und nach Österreich gebracht zu haben.

Später floss das Geld auf jenes Konto in Liechtenstein, auf das auch ein Teil der Buwog-Provision landete - was für die Anklage zeigt, dass Grasser an der Buwog-Provision mitverdiente. Grasser wies das bis zuletzt zurück, er habe weder mitverdient noch von der Beratungstätigkeit von Hochegger und Meischberger für die Buwog-Bieter gewusst. Er habe auch keine geheimen Informationen weitergegeben.

Richterin: „Schwiegermuttergeld“-Version widerlegt
Doch all dem schenkte der Schöffensenat keinen Glauben. Der Treuhandvertrag sei gefälscht worden, heißt es im Urteilsspruch. Auch das berühmte Konto 400.815, das Grasser nie als sein eigenes bezeichnen wollte, wurde ihm zugerechnet. Grasser habe „diesen Veranlagungsweg bewusst gewählt“, um die Herkunft der Gelder zu verschleiern, begründete die Richterin, warum es sich um kein „Schwiegermuttergeld“ gehandelt habe. Diese Behauptungen seien widerlegt.

„Erdrückende Beweislast“
Das Gericht schenkte den beiden wichtigsten Belastungszeugen Glauben, die behaupteten, es habe einen „gemeinsamen Tatplan“ der Hauptangeklagten zur persönlichen Bereicherung im Zuge der Bundeswohungs-Privatisierungen gegeben, und die von einem „abgekarteten Spiel“ gesprochen hatten. Die Richterin sprach von einer „erdrückenden Beweislast“.

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